Das Hochdruckwetter im vergangenen Herbst und die damit einhergehende
Dauer-Dunstglockeüber weiten Teilen des Landes, insbesondere über
den Ballungszentren, hat es ans trübe Tageslicht gebracht: Der
Feinstaub ist schuld. An allem, was derzeit die Wirtschaft hemmt -
Krankenstände, Müdigkeit, Asthma, mangelnde Produktivität und
Umweltbelastung.
Für Ylmaz K., Kleinunternehmer aus Stuttgart mit einem Fuhrpark von
drei Transportern, ist jedenfalls seit 1.1.2012 Schluss mit lustig.
Theoretisch dürfte er seine Waren nicht länger in der Stadt
ausliefern, da seine Diesel-Laster nicht den deutschen Umweltauflagen
entsprechen- sie haben keine grüne Feinstaubplakette. Eine Umrüstung
mittels Partikelfilter ist unmöglich, da es keinen Anbieter für seine
Marke gibt. Und an einen neuen Fuhrpark ist nicht zu denken, denn
Ylmaz kommt gerade soüber die Runden. Geschieht kein Wunder, gilt
für ihn Fahrverbot. Ylmaz K. versteht seine Unternehmerwelt nicht
mehr. Er will doch nur arbeiten, und jetzt soll er schuld an der viel
beschworenen Feinstaubbelastung sein? Nun, angesichts der deutschen
Umweltvorschriften, die zu den schärfsten Europas zählen, ist er es.
Nagelkunde
Der Straßenverkehr ist vor allem in Großstädten FeinstaubquelleNummer
eins. Dabei gelangt Feinstaub nicht nur aus (vorrangigDiesel-)Motoren
in die Luft, sondern auch durch Bremsen- undReifenabrieb sowie durch
die Staubaufwirbelung auf der Stra-ßenoberfläche. Außerhalb der
Stadtgrenzen stellt die Landwirt-schaft eine große Belastung dar: Vor
allem die Emissionen gas-förmiger Vorläuferstoffe aus der Tierhaltung
(sprich Flatulenzen)tragen zur Sekundärstaubbelastung bei. Natürliche
Quellen fürFeinstaub sind Emissionen aus Vulkanen und Meeren,
Boden-erosion, Wald- und Buschfeuer sowie biogene Aerosole –
alsoViren, Bakterien- und Pilzsporen, Algen und so weiter. Da
Busch-feuer und Algen in Österreichs Großstädten eher selten
vorkom-men, schließt sich der Kreis wiederum beim Kraftfahrzeug.
Österreich als Diesel-Land mit einem Anteil von über 55 Prozent
anSelbstzündern ist Feinstaubproduzent erster Güte. Jedoch besitztdie
Mehrzahl der ab 2005 zugelassenen Pkw und Klein-Lkw bereits einen
Dieselpartikelfilter, Kraftfahrzeuge ohne Dieselkat sindkaum noch zu
finden.
Stopp-Motion
Und dennoch -Umweltzonen müssen her, meinen die grünen
PolitikerInnen. Plus Fahrverbote, plus ausgeweitete Parkpickerlzonen,
plus höhere Parkgebühren. Nur so geht"s dem Staub an
den Kragen, meinen die "ExpertInnen". Eine Milchmädchenrechnung,
besagen die Statistiken aus unserem Nachbarland Deutschland. Dort
gelten seit 2007 Umweltzonen. Diese wurden noch vor Abwägung aller
Machbarkeitsstudien rigoros eingeführt. Das Fazit -ernüchternd. Keine
einzige seriöse Untersuchung attestiert eine tatsächliche
Verringerung derBelastung in signifikanten Zeiträumen. Wurden 2009
in Berlin je nach Station an 14 bis 20 Tagen Werte über der
Grenzmarke registriert, waren es im ersten Umweltzonenjahr 2010
zwischen 31 und 39, heuer hält man bei 31 bis 34.
Und es kommt noch dicker. Hauptverursacher sind die Industrie mit 15
Prozent, gefolgt von Heizkraftwerken mit 10 Prozent und
Wohnungsheizungen mit 8 Prozent. Der lokale Straßenverkehr hingegen
verursacht gerade mal winzige 4 Prozent. Über 60 Prozent hingegen
sind natürlichen Ursprungs, herangetrieben vom Staub der Böden und
sogar vom Sand aus den Wüsten Afrikas. Dr. Matthias Klinger vom
Fraunhofer Institut fand heraus, "dass auch das Wetter seinen Teil
dazu beiträgt". So sorgt die Sonne morgens und abends für erhöhte
Messwerte, mittags hingegen führen aufsteigende Winde den Feinstaub
ab: die Werte sinken. Die Nebelschwade trügt also. Eine ähnliche
Abhängigkeit zeigt sich beim Vergleich von Sommerund Winterwerten.
Doch inÖsterreich fleht man abseits jeder Erfahrungswerte die
Umweltzoneneinführung förmlich herbei. Und der Ton wird rauer. Zu
zögerlich sei die Haltung von Umweltminister Nikolaus Berlakovich.
"Politik ist eben nichts für Lulus", meinte jüngst Grünen-Politikerin
Maria Vassilakou zu dessen verhaltener Positionierung. (Stichwort
"Lulu" - Mercedes kämpft mit der BlueTec-Technologie seit 2006 mit
Harnstoffbeimengung gegen die Diesel-Abgase.)
Mogel-Steuer?
Ist das die ideologische Richtung, in die der Hase läuft? Verbunden
mit einer Geldbeschaffungsmaßnahme, denn die Kennzeichnung der Pkw
und Lkw wird zwar verpflichtend, aber nicht gratis sein? Höhere
Pickerlpreise, die Kosten für die Kennzeichnung selbst, und schon
werden weitere Millionen ins schwächelnde Budget gespült. Jahr für
Jahr, Anmeldung für Anmeldung. Das Grundprinzip einer Umweltzone in
Deutschland ist, dass die Kraftfahrzeuge in drei verschiedene Klassen
eingeteilt werden. Diese sind durch Plaketten an der
Windschutzscheibe erkennbar. An den Rändern der innerstädtischen
Umweltzonen finden sich dann Hinweisschilder, wer reindarf und wer
nicht. Nicht ganz günstig und ein paar Teile mehr im Schilderwald.
Den Verantwortlichen kann es nur recht sein, sollen sich die Grünen
doch unbeliebt machen -wir kassieren die "Maut" und die Grünen fühlen
sich gut. In Deutschland kostet die Einführung der Umweltzonen die
deutschen Autofahrer bislang knapp zwölf Milliarden Euro. Für Ylmaz
K. gab es übrigens am Ende doch ein kleines Wunder: Er kann
weiterarbeiten - aber nur mehr mit einem Kleinlaster, denn für einen
von dreien bekam er eine Sondergenehmigung.