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Richtig auflasten mit Steuervorteilen

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Mag. Christian Rötzer und Ing. Andreas Pfiel von TÜV Austria Automotive erklären, wie man die bestehende Flotte mit der Erhöhung der Nutzlast effektiver macht, das Potenzial von E-Nutzfahrzeugen ausnutzt und nebenbei in den Genuss von Förderungen kommen kann.

Das ist so eineösterreichische Lösung", kommentiert Ing. Andreas Pfiel, Teamleiter Fahrzeugtechnik&Typgenehmigung bei TÜV Austria Automotive, eine gesetzliche Randnotiz, die durchaus erwähnenswert ist. So können Nutzfahrzeuge mit E-Antrieb 4.250 Kilogramm maximales Gesamtgewicht haben, weiterhin aber noch mit B-Führerschein bewegt werden -vorausgesetzt, es handelt sich um gewerbliche Fahrten. Privat darf derselbe Fahrer mit demselben Fahrzeug also nicht legal zum Baumarkt düsen. Aber erstens ist man als gelernter Österreicher diese "Ja, aber!"-Lösungen gewohnt und zweitens ermöglicht das durchaus interessante Ansätze: "750 Kilogramm mehr Zuladung in der N1-Klasse können im täglichen Geschäft einenriesigen Unterschied machen. Aber viele E-Nutzfahrzeuge haben ab Werk nur 3,5 Tonnen", ergänzt Pfiel. Doch hierfür gibt es eine Lösung. "Das ist eine Spezialität von uns", sagt TÜV-Austria-Automotive-Geschäftsführer Mag. Christian Rötzer. "Alles, was individueller ist, also wo der Kunde einNutzfahrzeug, einen Pkw oder Anhänger auf seine Bedürfnisse aktualisieren möchte. Dazu sind wir der einzige TÜV, der das im großen Stil betreibt."

Stress nach Plan
Doch was wird genau betrieben? Pfiel: "Es gibt ein Merkblatt vom TÜV Verband, das genau vorschreibt, wie die Auflastung ermittelt werden muss. Es werden insgesamt von uns 16 Dehnmessstreifen an unterschiedlichen Punkten am Fahrzeug angebracht. Also am Rahmen, den Achsen und so weiter. Ausgehend vom Serienwert dürfen sich die Spannungen in den Bauteilen um 20 Prozent erhöhen. Und da spielen wir uns mit den Gewichten so lang hin, bis wir innerhalb dieser Toleranz liegen." Auf gut Deutsch: Man nutzt nur die Sicherheitsreserven aus, damit das Fahrzeug an sich nicht zu sehr belastet wird, "zudem nutzt man die maximale Last ja auch nicht immer aus", fügt Pfiel hinzu auf die Frage, ob das Fahrzeug dann nicht überbelastet werden könnte. "Und oft haben wir es auch schon erlebt, dass die Versionen mit 2,8 und 3,5 Tonnen höchst zulässigem Gesamtgewicht technisch identisch sind. Da gibt es dann meist gar kein Problem."

Ist ein Fahrzeugtyp einmal geprüft, wird die Sache einfacher. Pfiel: "Die Idee dazu ist, wenn ich ein Auto einmal mit Radstand, Motor und so weiter geprüft habe, kann man mit Folgegutachten relativ einfach weitere Exemplare genehmigen. Einzig die Fahrt zur Landesregierung zur eigentlichen Typisierung muss man dann noch jeweilserledigen." Eine Idee mit großem Potenzial, denn für Rötzer steht nicht nur fest, dass die Industrie immer mehr Lücken offen lässt. Auch können dank dieser Methode gebrauchte, bereits im Fuhrpark befindliche Nutzfahrzeuge erweitert werden, was in Zeiten der Lieferproblematiken natürlich ein spannendes Argument ist.

Antriebsart und Fahrzeugtyp sind hierbeiübrigens irrelevant, ergänzt Pfiel: "Nachdem wir vergleichende und nicht absolute Werte ermitteln, gibt es da keinen Unterschied. Grundsätzlich eignen sich Modelle mit Leiterrahmen besser, weil der Rahmen an sich in sich schon arbeitet. Aber es ist leicht möglich, dass E-Autos aufgrund der steifen Batteriekassette im Unterboden sogar mehr Gewicht vertragen." Sollte es dennoch zu Problemen technischer Natur kommen, gibt es im eigenen Haus entwickelte clevere Hilfsmittel, um hier nachzuhelfen. Etwa mit Zusatzluftfedern, falls die Achslast angepasst werden muss. "Das sind Gummibälge, die indie Schraubenfedern gesteckt und aufgepumpt werden. Ein preiswertes Mittel, bei dem es vor allem darum geht, Lastspitzen abzudecken."

Lange Ziele
Nicht außer Acht zu lassen sind natürlich die juristischen Limitierungen. Etwa wenn man aufgrund der Auflastung von N1 auf N2 wechselt. "Dann müssen ein Spurhalte- und ein Bremsassistent verpflichtend an Bord sein. Wichtig ist es auch, dass das Fahrzeug bereits angemeldet ist, da sich durch die Erhöhungder Nutzlast auch der WLTP-Wert ändert, der für die Erstanmeldung herangezogen wird. Allerdings nicht bei der Umtypisierung auf N2, weil in dieser Klasse WLTP wiederum nicht herangezogen wird." Ein nicht zu vernachlässigendes Detail übrigens auch bei E-Autos, auch hier gibt es WLTP-Einstufungen. Da ist es halt nicht der Diesel-,sondern der Stromverbrauch, der sich nach dem TÜV-Prozedere ändern kann. Ebenso ein probates Mittel, die bestehende Flotte nutzbarer zu machen, ist die Erhöhung der Anhängelast. Die Rahmenbedingungen sind ähnlich gesteckt wie bei der Nutzlast, der Testablauf ist aber ein genau definiertes 96 Stunden langes Prozedere auf einem speziellen Prüfstand. Pfiel: "Dafür gibt es einen ECE-Zyklus, den sogenannten Carlos-Test. Dabei wird der Wagen auf einen Prüfstand gespannt und direkt auf die Anhängerkupplung 96 Stunden lang eine Pulsung mit drei verschieden starken Intensitäten ausgeübt."

Natürlich sind diese Services mit Kosten verbunden, die aber – richtig angewendet – eher als Investition gesehen werden können, die sich sprichwörtlich bezahlt machen: "Das erste Mal haben wir das vor fünf Jahren gemacht, beim ersten echten elektrischen Nutzfahrzeug, das am Markt war", erzählt Rötzer, "und das hat gleich wie eine Bombe eingeschlagen." Serienmäßig lag die höchst zulässige Nutzlast nur bei 2,5 Tonnen. "Dafür hätte es damals eine Kaufförderung von 4.000 Euro gegeben. Bei mehr als 2,8 Tonnen hingegen lag die Unterstützung bei 20.0000 Euro." Entsprechend setzte man sich intensiv mit dem Fahrzeug auseinander. "Wir haben dann noch Räder auf unseren Prüfmaschinen getestet, da wir hier andere Felgen für die höhere Traglast benötigt haben. Aber im Endeffekt konnten wir mit diesen Änderungen auf 2,8 Tonnen aufsatteln. Und der Kunde hat dann 350 Autos umrüsten lassen."

Rechtzeitig handeln
Einen noch extremeren Fall stellt etwa Finnland dar. Pfiel: "In skandinavischen Ländern ist es sehr beliebt, von N1 auf N2 umzutypisieren. In Finnland spart man sich dadurch die Luxussteuer in Höhe von 100 Prozent." Von Land zu Land sind die Regelungen also unterschiedlich, ergänzt Rötzer: "Das VD TÜV-Blatt wird in Österreich akzeptiert, anderen Ländern ist es egal, viele lehnen ihre Regelungen daran an, einige wollen gar nichts davon wissen. Das ist ein ewiger Lernprozess, auch was das Schreiben der Gutachten angeht. Jeder will es ein wenig anders." Dass auch immer mehr Großkunden nach Auslaufen der Kaufförderung für E-Nutzfahrzeug auf diesen Zug aufspringen, hat abseits der reinen Vorzüge im Alltag ganz andere Gründe. "Es wollen tatsächlich immer mehr Speditionen auf E-Autos umsteigen", berichtet Rötzer von ersten Kundengesprächen, "vor allem, weil sie befürchten, in Ballungsräume mit Dieselfahrzeugen bald gar nicht mehr reinfahren zu dürfen odernur unter Limitierungen." Zwar sind diese Themen bei uns noch nicht auf der Agenda der Regierung, doch gilt es hier, rechtzeitig zu handeln. "Und weil ein Fuhrparktausch viele Jahre dauert, ist es wichtig, sich frühzeitig darauf einzustellen."

Das ist ENIN
Dieses Förderprogramm der EU bedient aus einem Fördertopf in Höhe von 365 Millionen Euro in drei Tranchen Projekte rund um elektrische nutzfahrzeuge und die dazu passende Infrastruktur. Der name "Elektrische nutzfahrzeuge&Infrastruktur" ist also Programm, wobei hierbei 80 Prozent der Kosten abgedeckt werden, die ein batterieelektrisches Fahrzeug mehr kostet als ein vergleichbar bestücktes Diesel-Derivat. Es geht also darum, die Kosten des Umstiegs so weit wie möglich abzufedern, wobei man sich nicht nur auf das reine Auto beschränkt. Wallboxen sind dabei genauso inbegriffen wie eben auch die Erhöhung der nutzlast, um das höhere Leergewicht aufgrund der großen Akkus auszugleichen. Sprich: die Kosten, die der TÜV für eine Umtypisierung veranschlagen muss.

Garantiefragen
Ob und in welcher Form ein Auflasten auf die Garantiebedingungen Einfluss hat, kann nicht generell beantwortet werden. Grundsätzlich kann jegliche Änderung am Fahrzeug die Garantie aufheben, ganz egal, ob es sich dabei um eine legale oder nachtypisierte Lösung handelt. Das muss aber nicht immer so sein. Oft gibt es zum Beispiel den Passus in den Garantiebedingungen bei den Ausschlusskriterien "wenn ein eventueller Schaden kausal auf die Veränderung des Serienzustands zurückzuführen ist."

Auch keine Probleme kann es geben, wenn es seitens des Herstellers Freigaben gibt, ob und in welchem Rahmen derartige Auflastungen durchgeführt werden dürfen. Dies gilt es im Einzelfall aber immer zu überprüfen. Zudem gibt es oft Fälle, bei denen der Importeur selbst diese Prüfungen durchführen lässt, womit die Werksgarantie bei diesen Marken natürlich in vollem Umfang erhalten bleibt.
 

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