Prof. Dipl.-Ing. Dr. Bernhard Geringer ist Dekan der Fakultät für
Maschinenwesen und Betriebswissenschaften an der TU Wien. Er gilt
international als einer der renommiertesten Experten für Fahrzeug-und
Motorentechnik.
Alternative Antriebstechnik -und hier insbesondere jene mit rein
elektrischem Antrieb, gespeist von leistungsfähigen Batterien -ist
nach wie vor im Brennpunkt der Öffentlichkeit. Aber diese
Antriebstechnik ist keinesfalls neu oder "die" Innovation: Bereits
vor über 100 Jahren war eine Drittelteilung der Antriebe im Fahrzeug
(ein Drittel Elektro-,ein Drittel Benzinund ein Drittel Dampfantrieb)
die Realität. Elektrofahrzeuge wurden aufgrund der einfachen
Handhabung als Luxusautos mit großer Zukunft eingeschätzt -jedoch
erst nach Lösung des Speicherproblems. Diese Hoffnung hat sich bis
heute nicht erfüllt.
In weiterer Folge hat der Elektromotor in Funktion des Starters dem
Verbrennungsmotor zum Durchbruch verholfen: Starten wurde für
jedermann und jederfrau einfach und ohne dem lästigen Ankurbeln
möglich. Durch die stetig steigenden Anforderungen zur
Effizienzsteigerung, gepaart mit ökologischen Aspekten ("reiner
Antrieb"), wird heutzutage wieder verstärkt nach Synergien der beiden
Antriebssysteme nachgedacht. Der Hybridscheint hier eine mögliche
Lösung zu sein.
Kein freiwilliger Rückschritt
Aber auch reine E-Fahrzeuge haben in den letzten Jahren einen sehr
starken Aufwind bekommen. Sie werden oder wurden von vielen Experten
als langfristige Hauptform der individuellen Mobilität angesehen.
Wenn es darum geht, einen Zeithorizont zu definieren, scheiden sich
allerdings die Geister. Das Problem dabei ist, dass man einer
Technologie auch schadet, wenn sie zu früh und zu wenig vorbereitet
eingeführt wird. Daraus resultieren überzogene Erwartungen, die bei
Nichterfüllungin einer Ablehnung münden. Der Nutzer erwartet im
Neuen etwas Besseres, Billigeres, Komfortableres oder zumindest
Ebenbürtiges und akzeptiert keinesfalls einen freiwilligen
Rückschritt. Wenn eine neue Lösung aber unausgereift zum Kunden
kommt, lehnt er diese kategorisch ab, und es dauert sehr lange, bis
sich diese Lösung - auch bei Verbesserungen - durchsetzen kann. Ein
gutes Beispiel ist hierfür der Audi Duo Hybrid aus den 90er Jahren
des vorigen Jahrtausends: Er war seiner Zeit voraus und wurde nicht
angenommen. Erst Jahre später gelang es Toyota mit viel Einsatz und
Investment, den Prius erfolgreich zu etablieren.
Vermieste Begeisterung
Wie sieht die aktuelle Situation im Bereich Elektrofahrzeuge aus?
Aufgrund massiver politischer Unterstützung und begleitender
Medienpräsenz wurde in der Bevölkerung die Einschätzung manifest,
dass in Kürze die Elektromobilität den Individualverkehr prägen wird.
Nach den ersten Erfahrungen werden aber nun die Elektrofahrzeuge
verteufelt -bezeichnenderweise durch die Medien: Mangelnde
Reichweite, Heizungsmanko und ungebührliche Ladedauer vermiesen die
Begeisterung der "First Follower". Auch die (späte) Erkenntnis in der
Öffentlichkeit, dass Elektromobilität nur bei regenerativ
hergestelltem Strom Sinn macht, senkt die Erwartungshaltung. Damit
folgt der anfangs großen, überzogenen Erwartung nun die breite
Ablehnung.
Damit besteht die große Gefahr, dass, ähnlich wie bei früheren Hypes
für die Elektrofahrzeuge (etwa in den 70er und insbesondere den 90er
Jahren), das Thema wieder in der Versenkung verschwindet. Unsummen
von Förderungen und Investitionen wären wieder einmal vergeudet.
Seriosität nötig
So weit darf es nicht kommen, sind mein Kollege Dr. Peter Hofmann und
ichüberzeugt: Ziel muss ein ganzheitlicher systemorientierter Ansatz
sein. Von der Stromerzeugung über die Infrastruktur bis zum
Endprodukt Fahrzeug muss der Entwicklung Zeit für die erfolgreiche
Einführung gegeben werden, damit diese gelingen kann. Dies betrifft
neben den Medien auch die Hersteller, die seriöse Einschätzungen
kommunizieren und nicht aus Wettbewerbs- und Öko-Imagegründen
übereilt handeln sollten.