Für Autofeinde steht fest: In Österreich werden Firmenfahrzeuge
ungerechtfertigt bevorzugt. Doch würden höhere Steuern tatsächlich
der Umwelt und der Allgemeinheit zugute kommen? Ein genauerer Blick
auf die Materie zeigt, dass exakt der gegenteilige Effekt eintreten
könnte.
Für den Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist die Sache eindeutig: Die
derzeitige steuerliche Behandlung von Firmenautos sei "ökologisch
bedenklich" und "sozial ungerecht, weil Personen mit hohem Einkommen
davon profitieren". Die für Verkehrspolitik zuständige Expertin Ulla
Rasmussen bläst zum automobilen Klassenkampf: "Es ist unverständlich,
dass Autofahren für einen Manager billiger ist als für einen
Arbeiter."
Klare Rahmenbedingungen
Wenn inÖsterreich ein Arbeitnehmer ein firmeneigenes Fahrzeug für
Privatfahrten benützt, sind als Sachbezug monatlich 1,5 Prozent der
Anschaffungskosten (inklusive Umsatzsteuer), maximal aber 600 Euro
anzusetzen. Liegt die Privatnutzung im Jahresdurchschnitt unter 500
Kilometer pro Monat, reduziert sichder Sachbezug auf 0,75 Prozent
der Anschaffungskosten beziehungsweise maximal 300 Euro.
Für den Arbeitgeber gilt, dass Kfz-Anschaffungskosten nur bis zu
einer Obergrenze von 40.000 Euro als betrieblich veranlasst anerkannt
werden: Das ist die "Luxustangente", die auch für Gebrauchtwägen bis
zu einem Alter von 5 Jahren gilt. Ebenso wie die mindestens
achtjährige Abschreibungsdauer gilt die Luxustangente nicht für Lkws,
Busse und bestimmte Fahrzeuge mit kastenwagenförmigen Aufbauten -bei
letzteren handelt es sich um eine recht willkürlich
zusammengestellte, vom Finanzministerium laufend aktualisierte
Fahrzeugliste.
"Sozial ungerecht"
Innerhalb der EU ist der steuerliche Umgang mit Firmenfahrzeugen von
Land zu Land unterschiedlich. Mitte 2010 wollte sich die Europäische
Steuer-und Zollkommission Klarheit verschaffen und beauftragte das
dänische Institut "Copenhagen Economics" mit einer Studie. Deren
Hauptaussage: Da Firmenautos überall steuerlich besser gestellt seien
als rein privat genutzte Pkws, gingen jährlich unmittelbare
Steuereinnahmen in der Höhe von bis zu 54 Milliarden Euro verloren.
Hinzu kämen Folgekosten von 12 bis 37 Milliarden Euro pro Jahr, weil
die meisten bestehenden Systeme zu wenig auf Umweltaspekte Rücksicht
nehmen würden. Der österreichischen Regierung entgehen laut Studie
pro Jahr rund 1,6 Milliarden Euro.
Auf Basis dieser Ergebnisse startete Mag. Dr. Gabriele Moser,
Verkehrssprecherin der Grünen, eine parlamentarische Anfrage. "Die
Förderung von Firmenwagen kommt überwiegend gut oder sehr gut
verdienenden Haushalten zugute und ist daher sozial und
verteilungspolitisch ungerecht", so die Argumentation der
Politikerin. Da Firmenautos sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer
günstigerkämen als eine Gehaltserhöhung, um ein vergleichbares
Fahrzeug privat zu erwerben, begünstige dies "die Anschaffung um
mehrere tausend Euro teurerer Fahrzeuge". Im Gleichklang wollen Grüne
und VCÖ daher dem Firmenwagen zu Leibe rücken. Die konkreten
Forderungen des Verkehrsclubs: Die steuerliche Bewertung des
Kfz-Sachbezugs soll von maximal 1,5 auf 2,4 Prozent steigen, die
Luxustangente soll von 40.000 auf 30.000 Euro gesenkt werden.
"Keine Rede von Privileg"
Für die Autofahrervertreter ist all das sachlich nicht
nachvollziehbar. Schon die Studie sei fragwürdig gewesen, sagt Martin
Grasslober, Verkehrswirtschaftsexperte des ÖAMTC: Schließlich könne
man nicht davon ausgehen, dass Mitarbeiter auf eigene Kosten ein
exakt gleiches Auto anschaffen und diegleichen Fahrtleistungen
zurücklegen würden. Auch die implizite Vermutung, dass Privatpersonen
sparsamere Fahrzeuge bevorzugen würden, ist für Grasslober nicht
nachvollziehbar: "Gerade in der heutigen Zeit schaut jeder
Fuhrparkmanager von sich aus sehr genau auf die Effizienz seiner
Fahrzeuge."
"Von einem Privileg kann keine Rede sein", erwidert Mag. Lydia Ninz,
Generalsekretärin des ARBÖ, den Firmenauto-Gegnern: Sie verweist
darauf, dass die Luxustangente von 40.000 Euro angesichts der
aktuellen Fahrzeugpreise keineswegs nur von tatsächlich luxuriösen
Fahrzeugen erreicht werde. Unternehmen wiederum hätten damit zu
kämpfen, dass das Finanzministerium seine Liste der
vorsteuerabzugsberechtigten Fahrzeugtypen "sehr, sehr eng" handhabe.
Auf noch etwas weist Ninz hin: "Nicht nur die Spritpreise sowie
Steuern und Abgaben waren 2011 so teuer wie noch nie, auch die
gesamten Autokosten waren so hoch wie die letzten zehn Jahre nicht."
Allein durch Mineralölsteuer, Normverbrauchsabgabe und motorbezogene
Versicherungssteuer hätten die Autofahrer 2011 rund 6 Milliarden Euro
zum Staatshaushalt beigetragen. Einschließlich Mauten und weiteren
Steuern geht man beim ARBÖ von insgesamt 12,4 Milliarden Euro an
Kfz-Steuerbelastung aus.
"Aktuellste Standards"
Der Autofahrer, ob gewerblich oder privat, als Melkkuh? Diesen
Eindruck hat auch Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des
Fahrzeughandels. "Den Regierungsparteien ist es aber immerhin
anzurechnen, dass sie die Autonutzer im Zuge des jüngsten Sparpakets
nicht noch stärker zur Kassa gebeten haben", sagt der
Kammerfunktionär. Die aktuellen Forderungen von VCÖ und Grünen weist
er als "ideologisch motiviert" zurück. Das angebliche Ziel von mehr
sozialer Gerechtigkeit und mehr Umweltschutz würde damit keineswegs
erreicht werden-im Gegenteil: "Gerade Firmenautos, die ja häufig
geleast und nach drei oder vier Jahren wieder ersetzt werden,
erfüllen die aktuellsten Abgasnormen und die neuesten Standards der
Verkehrssicherheit", meint Ernst. Eine steuerlich erzwungene
Verlagerung zu mehr Privatfahrten würde also höhere statt geringere
Emissionen bedeuten -und womöglich signifikante Folgekosten im
Gesundheitswesen, wenn Häufigkeit und Schwere von Kfz-Unfällen
zunehmen.
Nachhaltiger Anreiz
Ernst verfolgt stattdessen einen anderen Ansatz: "Wir führen derzeit
sehr konstruktive Gespräche mit dem Finanzministerium, um die Liste
der vorsteuerabzugsfähigen Fahrzeuge auszuweiten." Ein genereller
Vorsteuerabzug für alle betrieblich genutzten Fahrzeuge, wie etwa in
Deutschland, ist zwar kein Thema: Doch wenn beispielsweise ein
Zahntechniker nicht mehr einen siebensitzigen Kleinbus kaufen muss,
um in den Genuss des Vorsteuerabzugs zu kommen, sondern seine
Dienstfahrten mit einem neuen Kompaktmodell erledigen kann, wäre der
Umwelt tatsächlich geholfen.