Wenn Thomas Schwebach seinen smart mit dem Wunschkennzeichen "W-ALZER
1" sanft zum Zebrastreifen rollen lässt und elegant den Passanten
zuwinkt, löst das oft ein freundliches Lächeln bei den solcherart
Wahrgenommenen aus.
Der Chef von Wiens größter Tanzschule kann gar nicht anders, bietet
er doch wie viele andere Institute auch sogenannte "Kurse mit
Gesellschaftszertifikat" an, bei denen junge Leute den Umgang mit der
mehr oder weniger weiten Welt erlernen, wie es weiland Freiherr von
Knigge unterrichtete. Fraglos ist für Schwebach, dass auch die
Firmenflotte "rollende Visitenkarte des Unternehmens" ist. "Das etwas
frühere Stehenbleiben vor einem Zebrastreifen hat ähnlich gute
Effekte wie das Türaufhalten in öffentlichen Gebäuden", sagt
Schwebach. "Ähnlich positiv wirkt es, jemandem aus einer Seitengasse
die Vorfahrt zu lassen."
Steuerlich absetzbarer Werbeträger
Für den Meister des Parketts sind „kleine Gesten im Straßenver-kehr
unbezahlbares Marketing“. Vor allem dann, wenn zum Beispiel durch ein
Wunschkennzeichen erkennbar ist, wer dieseGesten setzt. Dass sogar
der Fiskus Wunschkennzeichen als Betriebsausgaben anerkennt, sollte
jedem Skeptiker zu denkengeben. „Ein Wunschkennzeichen ist
abzugsfähig, wenn der Werbezweck eindeutig im Vordergrund steht, zum
Beispiel bei Ausstattung des gesamten Fuhrparks mit einer für einen
Dritten ver-ständlichen Kennzeichnung, nicht jedoch, wenn
dasKennzeichen nur am Fahrzeug des Firmeninhabers selbst angebracht
wird“, zitiert man beim Österreichischen Steuervereindas gnädige
Erkenntnis.
Hingucker mit erzieherischem Effekt
Auffällig gekennzeichnete Flotten erregen Aufmerksamkeit, bestätigt
der Wiener Autohändler Wolfgang Strohmeier, dessen Fuhrpark 10 bis 12
Fahrzeuge umfasst. "Der erste Blick geht aufs Modell, der zweite
schon auf die Firma und dann auf das Kennzeichen." Mit "W-SKODA 1"
und dessen Geschwister löse man außerdem einen erzieherischen Effekt
aus, freut sich Strohmeier; denn ist man rollender Werbeträger, hat
man sich punkto Fahrverhalten gefälligst am Riemen zu reißen.
Das bestätigt voll und ganz eine Expertin, die sich seit Jahrzehnten
in Theorie und Praxis mit Markt-und Wirkungsforschung beschäftigt.
"Rücksichtsloses, unkorrektes Verhalten ist ganz besonders mit
Firmenautos ein absolutes No-go", weiß Roswitha Hasslinger,
Geschäftsführerin des 1949 gegründeten Österreichischen Gallup
Institutes.
"No-go" für manche Firmenchefs
Manchmal kann rollende Publicity auch unerwünscht sein. So erinnert
sich Hasslinger an die 9/11-Katastrophe und ihre Folgen: "Damals
haben alle US-Konzerne schlagartig ihre Wunschkennzeichen
zurückgegeben, weil sie Angst hatten, als Amerikaner Ziel von
Folgeattacken zu werden."
Gar nicht gehen Wunschkennzeichen für Mitglieder der Chefetage.
Hasslinger erinnert sich amüsiert an den Big Boss eines
Pharmakonzerns, dem man per Wunschkennzeichen "W-FIR-MENNAME 1" eine
Freude machen wollte. Dieser habe sich leidenschaftlich dagegen
gewehrt, überall und jederzeit solcherart "stigmatisiert" erkannt zu
werden.
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe von FLOTTE&Wirtschaft, wie große
Flotten mit ihren rollenden Visitenkarten umgehen und wie sie ihre
Fahrer ausbilden!