Automatisiertes Fahren wird inÖsterreich seit Längerem verstärkt
erforscht und demnächst auch auf den Straßen getestet. Für
Fuhrparkmanager, die auf die Kosten achten müssen, ein spannendes
Feld, geht es doch auch um die Senkung des Verbrauchs.
Die Fahrzeugindustrie wird sich in den nächsten zehn Jahren mehr
ändern als in den vergangenen 30 Jahren." Haben wir diesen Satz nicht
schon oft gehört? Im Zusammenhang mit der Brennstoffzelle? Oder mit
Elektroautos? Dr. Jost Bernasch, Geschäftsführer des Grazer
Forschungszentrums "Virtual Vehicle", gibt sich im Gespräch mit
FLOTTE&Wirtschaftüberzeugt davon, dass es beim automatisierten
Fahren dennoch rasant ginge. Der Grund ist naheliegend: Mit den
Systemen, die uns in Richtung des selbstfahrenden, selbst
reagierenden und irgendwann auch selbst denkenden Autos bringen, mit
diesen verdiene die Autoindustrie jetzt schon Geld. Und laut
Prognosen werden die Erträge daraus in den kommenden zehn Jahren um
ein Vielfaches steigen. Im Unterschied etwa zur Elektromobilität: In
diesen Bereich müssen die Autobauer vorerst investieren und noch
einmal investieren, der finanzielle Return ist noch überschaubar.
Europaweite Projekte
Europaweit wurden bereits Testregionen für autonom fahrende Fahrzeuge
genehmigt, in Frankreich, in Schweden und in Deutschland sind die
Versuchsfahrzeuge bereits unterwegs. In Paris startet der
Pilotbetrieb mit selbstfahrenden Minibussen entlang der Seine
zwischen dem Gare de Lyon und dem Austerlitz-Bahnhof. Im Schweizer
Kanton Wallis ist ein Bus ohne Chauffeur seit Mitte des Jahres in der
Stadt Sitten im Einsatz. In Singapur laufen Projekte, ebenso an
Universitäts-Campi weltweit. Man hört außerdem, dass die expansiven
Vermittlungsdienste wie Uber große Ohren bekommen, wenn es um das
Thema automatisierte Taxis geht.
Chance für Österreich
Die Sache wird zunehmend zum Businessmodell. Gerade für Flotten und
Dienstwägen scheinen sich hier ungekannte Möglichkeiten aufzutun. Es
ist Zeit, dass das Autoland Österreich hier handelt, um als
Test-,Entwicklungs-und auch Produktionsstandort an der Wertschöpfung
teilhaben zu können. Der jetzige Verkehrsminister Mag. Jörg
Leichtfried lässt,im Unterschied zu den Vorgängern, durchaus
Initiative erkennen. Auf Anfrage per E-Mail teilt der Steirer mit:
"Österreich hat eine innovative Auto-und Zulieferindustrie, die beim
automatisierten Fahren bereits wertvolles Know-how aufgebaut hat. Wir
wollen bei dieser Schlüsseltechnologie ganz vornmit dabei sein.
Deshalb fördern wir mit dem Aktionsplan Automatisiertes Fahren die
intensive Forschung in Österreich. Davon profitiert unser
Wirtschaftsstandort massiv und es entstehen zahlreiche
hochqualifizierte Arbeitsplätze im Land."
Test für Autoland
Das Ministerium startet jetzt den Ausschreibungsprozess für
Testregionen. Virtual Vehicle wird sich gemeinsam mit der Technischen
Universität Graz und dem Joanneum Research sowie mit
Industriepartnern wie AVL List und Magna Steyr bewerben, bestätigt
Geschäftsführer Bernasch. Auch Oberösterreich wird initiativ: Im Büro
von Wirtschaftslandesrat Dr. Michael Strugl heißt es dazu, man wolle
"Oberösterreich zu einer digitalen Vorzeigeregion" machen. Die
Bewerbung um eine Teststrecke für das autonome Fahren sei Teil der
"Leitinitiative Digitalisierung". Einreichen würde der
Automobil-Cluster Oberösterreich. Minister Leichtfried sagt: "Wir
habenin Österreich bereits die rechtlichen Voraussetzungen für Tests
von automatisierten Fahrzeuge im Straßenverkehr geschaffen. Bei den
Teststrecken geht es aber in erster Linie darum, welche Möglichkeiten
unsere Industriebetriebe und Forschungsinstitutionen brauchen. Die
ersten Anträge für Straßentests sind bereits in meinem Ressort
eingelangt und werden geprüft." Ein Start der Tests ab Mitte 2017 sei
jedenfalls das Ziel.
Führerscheinprüfung für den virtuellen Chauffeur
Die Fragen für die Praktiker sind: Was können Nutzer und Betreiber
von Firmenfahrzeugen davon erwarten? Und wann wird es soweit sein,
dass diese Funktionen verlässlich sind? Zur ersten Frage: Virtual
Vehicle in Graz hat unlängst ein neues Forschungsfahrzeug
vorgestellt. Im Zuge dessen haben die Techniker auch spezifiziert, in
welchen Schritten sie in diesem Spezial-Pkw welches Niveau des
automatisierten Fahrens erreichen wollen. Ein Forschungsprojekt, das
hierbei vor allem für Flottenbetreiber interessant sein könnte, ist
jenes des "virtuellen Chauffeurs". Es handelt sich dabei um eines der
umfangreichsten Forschungsprojekte der Grazer. Projektpartner sind
AVL List, Magna sowie das Institut für Regelungs-und
Automatisierungstechnik der TU Graz. Worum geht es? Eigentlich um
eine Art Führerscheinprüfung für den elektronischen Chauffeur gleich
vorab in der Entwicklung. "Wie können automatisierte Fahrfunktionen
validiert und sicher bewertet werden?", formulieren das die Forscher.
Eine komplexe Aufgabe, weil so viele Einzelsysteme, Hardware und
Software miteinander abgestimmt werden müssen. Sicherheit und das
Erfüllen der gesetzlichen Normen sind die Prämissen.
Intelligenter Tempomat
Ein anderes Projekt, das die Grazer gemeinsam mit AVL, Siemens, der
Johannes Kepler Universität Linz und dem Austrian Institute of
Technology bearbeitet, ist ein intelligenter und adaptiver Tempomat.
Der soll helfen, Sprit und Nerven zu sparen. Durch eine automatische
Regelung von Geschwindigkeit und Abstand soll eine möglichst
verbrauchsoptimale und komfortable Fahrt ermöglicht werden,so das
Ziel. "Darüber hinaus wird an einem Ampel-Assistenten gearbeitet, der
dem Fahrer anzeigt, was er tun muss, um stets auf einer "Grünen
Welle" zu segeln", heißt es seitens Virtual Vehicle dazu. Auch hier
gehe es vor allem darum, die Einzelkomponenten effizient
zusammenzuführen.
Ein verbessertes Energiemanagement im Fahrzeug wird im EU-Projekt
"iCOMPOSE" erforscht. Ziel sei, die Energieflüsse innerhalb des
Fahrzeugs so zu koordinieren, dass in Summe der Verbrauch minimiert
wird. Auch das ist klarerweise ein Thema für Fuhrparkmanager.
Bleibt die Frage: bis wann?
Recht bald, ist anzunehmen. Man sieht jetzt schon, mit welcher
Vielfalt an elektronischen Assistenzsystemen die Autohersteller
bereits schon auf dem Markt sind. Hier wird Geld verdient und hier
wird durchaus auch echten Bedürfnissen der modernen Mobilität
entsprochen. Der automatisierte Chauffeur lernt bereits intensiv für
seine Führerscheinprüfung. Laut den Prognosen der Hersteller (siehe
Grafik) wird er wohl schon in einigen Jahren emsig unterwegs sein.