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Chance oder Schikane?

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Aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes wird in regelmäßigen Abständen eine emotionale Diskussion über niedrigere Tempo-Limits geführt. Die Wahrheit ist, es sprechen viele Gründe dafür - aber auch dagegen.

Bei Diskussionenüber strengere Tempolimits drehen viele Autofahrer sofort in den hochroten Bereich, sprechen von Überregulation, Schikane und grünem Umweltschwachsinn. Dabei geht der Trend international ganz klar in Richtung Entschleunigung: Selbst im Hochgeschwindigkeitsparadies Deutschland sind de facto nur mehr knapp zwei Prozent aller Autobahnabschnitte wirklich limitfrei, alle anderen wurden auf eine Höchstgeschwindigkeit zwischen 80 und 130 km/h eingespurt. Eine generelle Abschaffung der "Freie Fahrt für freie Bürger"-Politik, die eine Einführung eines Tempo-130-Zwangs mit sich bringen würde, lässt im Nachbarland dennoch alle paar Jahre die Emotionen hochkochen. So wie derzeit auch in Frankreich, wo gerade heiß diskutiert wird, weil auf Landstraßen ab dem 1. Juli das Tempolimit von 90 auf 80 km/h reduziert werden soll. Die Automobilclubs laufen Sturm und für eine Petition dagegen wurdenbereits knapp 500.000 Unterschriften gesammelt. Kurz: Tempolimits sind eine höchst emotionale Sache, schon ein paar km/h auf oder ab haben massives Aufregerpotenzial.



Die Räder drehen langsamer

In Skandinavien drehen sich die Räder hingegen schon seit vielen Jahren langsamer: Während in Norwegen auf Autobahnen ein Maximaltempo von 90 km/h erlaubt ist, dürfen die Finnen und Schweden - wie im Übrigen auch die Schweizer, Spanier, Iren und Portugiesen - mit höchstens 120 km/h das hochrangige Straßennetz benutzen. In Österreich gilt, wie im übrigen Europa auch, eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Hierzulande will Verkehrsminister Norbert Hofer jedoch ab Juli auf ausgesuchten Autobahnabschnitten, vorerst wohl nur auf der A1, Teststrecken für legale 140 km/h freigeben. Eine Anhebung auf Tempo 160, wie es einst Hubert Gorbach plante, schloss der Burgenländer, der laut Eigenaussage ein "Freund des zügigen Verkehrs, nicht der Raserei" ist, in der ORF-Pressestunde Ende April jedoch kategorisch aus. Gleichsam sei er gegenüber dem "Luft-Hunderter" oder "Luft-Achtziger", die aus Gründen der Luftqualitätetwa auf der dreispurigen A1 bei Salzburg, der Tauernautobahn A10 oder gar auf dem 90 Kilometer langen A10-Abschnitt zwischen Kufstein und Zirl eingerichtet wurden, skeptisch eingestellt. Hofer betont zwar, dass er "rechtlich keine Möglichkeit" habe, den "Luft-Hunderter" zu verhindern, aber er versprach, sich gemeinsam mit den Verantwortlichen der Länder die Maßnahmen anzuschauen und gegebenenfalls zu prüfen.



Fällt IG-L für E-Autos?

Ein erstes Resultat dieser Maßnahmenkontrolle könnte der Vorstoß von ÖVP-Umweltministerin Elisabeth Köstinger sein, die Mitte Mai in einem Boulevardblatt bekanntgab, die "IG-L"-Tempolimits für Elektroautos abschaffen zu wollen. Davon, dass ein Höchstgerichtsurteil vor etwa einem Jahr diese Besserstellung von E-Autos nochabgelehnt hatte, ließ sie sich nicht beeindrucken, man wolle damit die E-Autos schließlich endgültig auf die "Überholspur" bringen. Fraglich ist hingegen, in wie weit dies die "Beschenkten", sprich die Fahrer von Model S, i3 und Co, nützen werden. Vor allem weil diese, wie häufig zu beobachten ist, auf Autobahnen offensichtlich wegen besserem Wissen um den reichweitenfressenden Speed gerade langsamer fahren und im effizienten Tempobereich zwischen 100 und 120 km/h unterwegs sind.



Tempo 80 besonders effizient

Verkehrsexperten wie etwa Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt schalten sogar noch einen Gang zurück und empfehlen als besonders effizientes Reisetempo 80 km/h. Hintergrund dafür sei im Besonderen der Luftwiderstand eines Autos, der mit zunehmender Geschwindigkeit und besonders stark ab 80 km/h überproportional steigt, so Lichtblau. Denn je höher der Widerstand, desto mehr muss der Motor leisten -und damit steigen Verbrauch und Emissionen: Bei 80 km/h sinkt im Vergleich zu Tempo 100 der Ausstoß von Stickoxiden um 15 und der Kraftstoffverbrauch um fünf Prozent. Darüber hinaus sei die Lärmbelastung um zwei Dezibel niedriger, was gefühlt einer Reduktion des Pkw-Aufkommens von rund einem Drittel entspräche. Die Grundvoraussetzung für möglichst spritsparendes Fahren ist jedoch ein gleichmäßiger und störungsfreier Verkehrsfluss. Laut Lichtblau würde auch das in letzter Konsequenz den Weg in Richtung niedrigere Tempolimits weisen, da bei 80 km/h der Autodurchsatz einer Straße, sprich wie viele Autos in einer bestimmten Zeit einen Abschnitt passieren können, am größten sei. Wenn die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern zu groß sind, müssen schnellere Fahrerhingegen zuerst abbremsen und dann wieder beschleunigen, um auf die erlaubte Geschwindigkeit zu kommen. Beschleunigung verbraucht aber wiederum Sprit und verursacht Lärm - ganz abgesehen davon, dass durch die Geschwindigkeitsunterschiede auch gefährliche Situationen entstehen können, die das Durchsatzpotenzial im Extremfall auf null drücken können, wenn etwa wegen eines Unfalls ein Stau entsteht.



Zeitverlust verschmerzbar?

Das mag ja alles stimmen, mögen viele nun denken, aber wenn ich auf Autobahnen nur noch 80 km/h fahren darf, dann schaffe ich meine Termine nicht mehr. Gleichsam berichten viele Vielfahrer davon, dass bei langen Slow-Speed-Passagen auf perfekt ausgebauten Autobahnen das Gehirn spazieren geht, sprich die Konzentration nachlässt. Seriöse Studien dazu gibt es allerdings nicht.


Die Arbeitgeber mögen ob der drohenden Schneckenfahrt jedoch stöhnen, weil Fahrzeit schließlich Arbeitszeit ist und der Mitarbeiter künftig auf der Straße fleißig Überstunden sammelt, aber de facto nicht produktiv ist. In der Tat ist es laut Milchmädchenrechnung so, dass man auf der 634 Kilometer langen Strecke Wien -Lustenau, wenn man statt 130 nur mehr 80 km/h fahren dürfte, etwa drei Stunden (Dauer bei 130 km/h: 4 Stunden, 53 Minuten; Dauer bei 80 km/h: 7 Stunden, 56 Minuten) zusätzlich einplanen müsste. Das stimmt jedoch in der Praxis nicht, weil eben nicht sämtliche Kilometer auf Autobahnen zurückgelegt werden und Tankstopps, Pausen, Baustellenabschnitte oder Staus gar nicht eingerechnet sind. Dazu kommt der Umstand, dass auch auf der Autobahn nie ein Durchschnittstempo von 130 km/h erreicht wird. Laut Zahlen des ÖAMTC liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit auf österreichischen Autobahnen nämlich nur knapp über Tempo 100.


Kritiker bringen bei strengeren Tempolimits auch gerne die Verkehrssicherheit als Argument in Diskussionen ein. Doch gerade auf Autobahnen lässt sich dies relativ einfach entkräften, weil dort im Vergleich mit Stadt-und Landstraßen ohnehin verhältnismäßig wenig Unfälle passieren: 2017 wurden von den 17.017 registrierten Verkehrsunfällen mit Personenschäden laut Statistik Austria 927 auf dem hochrangigen Straßennetz verursacht.Von den insgesamt 170 tödlich verunglückten Personen kamen 14 auf Autobahnen ums Leben.



Österreicher gegen Verschärfung

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und das geltende 130-km/h- Tempolimit, das seit 1. Mai 1974 dieÖsterreicher auf der Autobahn daran hindert, ungehemmt Gas zu geben, hat sich bewährt. Das zeigt auch eine aktuelle Studie des ÖAMTC, der 1.997 Mitglieder nach ihrer Meinung zu den derzeit in Österreich geltenden Tempolimits befragt hat. Das Ergebnis: 64 Prozent halten 130 km/h auf Autobahnen für angemessen, 33 Prozent würden gerne schneller fahren, nur drei Prozent empfinden Tempo 130 als zu hoch. Noch deutlicher ist die Meinung der Befragten zum Hunderter auf Freilandstraßen: 87 Prozent halten diese Geschwindigkeit für angemessen, nur sieben Prozent wollen ein niedrigeres Limit durchgesetzt wissen.

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