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Nur Worte statt Taten

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200.000 Elektrofahrzeuge wollte dieösterreichische Bundesregierung bis zum Jahr 2020 auf die Straßen bringen. Für Erdgas und weitere alternative Antriebe wurden ebenfalls vollmundige Prognosen abgegeben. Doch die Realität auf unseren Straßen sieht anders aus.

Beim Eurovision Song Contest wurde manchmal besser, manchmal schlechter, jedoch immer betont umweltfreundlich gesungen: sechs Elektro-und 120 Hybridtaxis standen zur Verfügung, um die Musiker und ihre Teams durch Wien zu bringen. Umweltminister Andrä Rupprechter nutzte den Anlass, um medienwirksam ein neues Förderprogramm für alternativ angetriebene Taxis und Mietwagen zu präsentieren. Dessen Eckpunkte: Für reine Elektro-Pkws gibt es ab sofort 3.000 Euro beziehungsweise (bei ausschließlicher Verwendung von Ökostrom) 6.000 Euro. Elektrische Kleinbusse und Transporter werden mit maximal 30.000 Euro gefördert. Abgestufte Förderungen gibt es für Autos mit Elektroantrieb und zusätzlichem Verbrennungsmotor ("Range Extender"), für Hybridfahrzeuge sowie für die Verwendung von Pflanzenöl oder Biodiesel. Wer sich für ein Erdgasauto entscheidet, erhält 1.500 Euro oder - bei Verwendung von mindestens 50 Prozent Biogas - 3.000 Euro. Subventioniert werden pro Antragsteller maximal zehn Pkws oder zwei Kleintransporter.

Förderanträge können freilich erst eingereicht werden, nachdem die Autos erworben beziehungsweise umgerüstet wurden. Dieses kleine Detail ist nicht der einzige Haken an den Ökoauto-Subventionen in Österreich.

Ratlos im Förderdschungel

So attraktiv die aktuelle Taxikampagne auch klingen mag, sie erfasst nur einen kleinen Teil des Fahrzeugmarktes. Für Privatkunden gibt es hierzulande (von wenigen Modellregionen abgesehen) überhaupt keine Förderungen, Firmenkunden müssen sich durch ein regelrechtes Dickicht an bundesländerweise unterschiedlichen Anreizsystemen kämpfen. In FLOTTE&Wirtschaft 5/2015 haben wir einen diesbezüglichen Wegweiser veröffentlicht (Seiten 48/49).

In anderen europäischen Ländern ist die Situation übersichtlicher: Entweder gibt es keine Förderungen (beispielsweise in vielen osteuropäischen Ländern) oder aber sehr ambitionierte Programme mit hohen Zuschüssen und klar verständlichen Kriterien. Frankreich, Holland und allen voran Norwegen haben es vor diesem Hintergrund auf beachtliche Marktanteile alternativ angetriebener Fahrzeuge gebracht.

Unter der Wahrnehmungsgrenze

InÖsterreich kann davon keine Rede sein. 2014 wurden gerade einmal 1.281 elektrisch angetriebene Pkws neu zugelassen -und das bei einem Gesamtmarkt von beinahe 305.000 Stück. Durch die angedachten Änderungen bei Sachbezug und Vorsteuerabzug (siehe Seite 10) könnte sich der Marktanteil aber spürbar erhöhen. Bei den Hybridfahrzeugen gab es ein leichtes Minus von 2.573 auf 2.360 Stück, bei den Erdgasautos einen geringen Anstieg von 628 auf 788 Pkws. Auch heuer bewegen sich die Verkäufe unter der Wahrnehmungsgrenze. Im ersten Quartal erzielten die reinen "Stromer" zwar ein Plus von 295 auf 398 Neuzulassungen, doch stagnierten die Erdgasautos bei 194 Einheiten. Lediglich die Anbieter von Hybridfahrzeugen durften sich über eine satte Steigerung von 433 auf 871 Einheiten freuen.

Viele Fragezeichen

Die mangelnde Marktakzeptanz hat viele Gründe. So wirkt bei Elektroautos der nach wie vor hohe Mehrpreis ebenso abschreckend wie die Durchschnittsreichweite von lediglich 150 Kilometern. "Wir sind uns dessen bewusst, dass Elektroautos eine limitierte Marktdurchdringung haben werden, solange die Reichweite nicht höher ist", sagt Alain Favey, Chef der Porsche Holding. Der mit Abstand größte heimische Fahrzeugimporteur hat derzeit den VW Golf und den VW up! als reine Elektroautos im Angebot. Auch in der unzureichenden Ladeinfrastruktur sieht Favey einen Hemmschuh: "Daher gehen wir nicht davon aus, dass reine Elektroautos in absehbarer Zeit einen Marktanteil von mehr als 0,5 Prozent erreichen werden." Alles andere als absatzfördernd ist zudem, dass die Frage nach dem Restwert von Elektroautos kaum beantwortet werden kann. "Derzeit ist die Anzahl der am österreichischen Gebrauchtwagenmarkt gehandelten Fahrzeuge noch zu gering,um ein Verhalten beobachten zu können und damit Prognosen erstellen zu können", sagt Mark Ruhsam, Marketingleiter des Marktbeobachters Eurotax.

Erdgas: gute Infrastruktur, dennoch kaum Käufer

Derartige Faktoren spielen bei Erdgasfahrzeugen eine vernachlässigbare Rolle. In der Regel sind diese Autos "bivalent", können also mit Benzin oder Gas betrieben werden, und entsprechend gut wiederverkäuflich. Außerdem stehen zwischen Neusiedlersee und Bodensee über 170 Erdgastankstellen zur Verfügung. "Wir haben in Österreich das dichteste Tankstellennetz Europas", unterstreicht Mag. Michael Mock, Geschäftsführer des Fachverbands der Gas-und Wärmeversorgungsunternehmungen. Dennoch gibt es kaum Käufer. "Es ist unverständlich, dass eine reife und sichere Technologie keine größere Marktakzeptanz findet", meint Porsche-Holding-Chef Favey. Sein Unternehmen intensiviert daher die Bemühungen, das eigene (immerhin neun Modelle umfassende) Erdgasauto-Programm zu vermarkten. Gelingt dies, könnte dadurch der ganze Markt belebt und der aktuell bei lediglich 0,3 Prozent liegende Marktanteil der Technologie gehoben werden. "Ich würde mich freuen, wenn der Markt für Erdgasfahrzeuge in absehbarer Zeit dreimal so groß wäre wie heute", so Favey.

Politik in der Pflicht

Die Industrie allein wird den alternativen Antrieben freilich nicht zum Durchbruch verhelfen. Es ist schließlich auch nicht ihre Aufgabe, eine bestimmte Technologie zu forcieren. Das müsste schon die Politik machen, zumal sie vor einigen Jahren höchst ambitionierte Ziele ausgegeben hat: 2020 sollten eine Million teilweise elektrifizierter Fahrzeuge und 200.000 reine "Stromer" auf den österreichischenStraßen unterwegs sein, hieß es zu Beginn des Jahrzehnts. Mit derartigen Aussagen sind die Regierungsmitglieder mittlerweile sehr zurückhaltend. Auch an tatsächlich marktwirksamen Maßnahmen mangelt es: Bei den E-Autos fehlt neben übersichtlichen Förderungen ein bundesweites Ausbauprogramm für Stromtankstellen. In der selbst ernannten Umweltmusterstadt Wien gibt es beispielsweise keine einzige Ladestation auf einem öffentlichen Parkplatz, mehrere Vorschläge der Autoindustrie zu einem innovativen "E-Car- Sharing" wurden abgelehnt. Bei den Erdgasfahrzeugen hält sich die politische Investitionsbereitschaft in so engen Grenzen, dass sogar der bisherige NoVA-Bonus von 600 Euro zum Jahresende auslaufen soll.

Wirksame Maßnahmen nötig

Im Wesentlichen beschränkt sich die Politik auf punktuelle Maßnahmen wie den neuen "Taxi-Bonus". Diese werden jedoch nicht ausreichen, die selbst ernannten Ziele zu erreichen - und könnten in der Öffentlichkeit ebenso schnell in Vergessenheit geraten wie mancher Sieger des Song Contests.

Anteil alternativer Antriebe

Norwegen 30,82 %

Italien 14,22 %

Niederlande 7,71 %

Schweiz 3,97 %

Frankreich 3,66 %

Polen 3,47 %

Großbritannien 2,83 %

Tschechien 2,58 %

Belgien 2,34 %

ÖSTERREICH 1,95 %

Slowakei 1,92 %

Spanien 1,87 %

Deutschland 1,66 %

Ungarn 0,99 %

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