Das Jahr 2017 war für die Autowelt wegweisend. Das ist klar. Nur
wohin der Weg führt, das nicht. Wir wagen Prognosen für das Jahr
2018.
Der Automobilbranche stehen in den nächsten fünf bis zehn Jahren
größere Umwälzungen bevor, als sie in den letzten fünfzig Jahren
erfahren hat." Zum ersten Mal hat man diesen Satz von
General-Motors-Chefin Mary Barra vor drei Jahren bei ihrem
Amtsantritt gehört. Seither hat sie ihn x-mal bei allen Gelegenheiten
wiederholt. 2017sollte das Jahr werden, in dem allen klar geworden
ist, wie Recht die erste Frau an der Spitze des größten
US-Autoherstellers mit ihrer Prognose hatte.
2017 im Schnelldurchlauf
Ein paar Streiflichterüber ein gar nicht normales Jahr: Die
Geldverbrennungs-und Marketingmaschine Tesla Motors ist für eine
kurze Zeit an der Börse mehr wert als GM und Ford. Razzien bei VW,
Porsche und Audi fast im Monatsrhythmus, trotzdem verkauft der
Konzern mehr Autos als je zuvor. Massive Kartellvorwürfe gegendie
deutsche Autoindustrie, nach der Bundestagswahl kräht kein Hahn mehr
danach. Volvo will vollelektrisch werden. GM verkauft nach 88 Jahren
Eigentümerschaft und 18 Jahren mit Verlusten Opel an die Groupe PSA.
Deutsche Metropolen müssen vielleicht Dieselautos aussperren, weil
sich eine kleine Umwelt-Lobbying-Organisation das einbildet und vor
Gericht geht. Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und
Norwegen, ebenso acht US-Bundesstaaten sowie die kanadische Provinz
Quebec nennen fixe Jahreszahlen für das Ende des Verbrennungsmotors.
Autohersteller kaufen die Start-up-Szene leer (Mobilitätsdienste,
Komponenten für Roboterautos, Software). Wie immer braucht auch laut
den Aussagen auf der IAA 2017 es drei Jahre, bis die nächste
Revolution kommt (autonomes Fahren, Elektrifizierung,
Mobilitätsdienste). In Umfragen wollen alle Autos online kaufen, fast
niemand traut sich. Deutschland bleibt auf der E-Autoprämie sitzen.
Österreich bekam eine neue rechte Regierung, Verkehrspolitik oder die
Mobilität der Zukunft spielen Nebenrollen. Der Wandel passiert. Wir
wagen hier eine Prognose. Folgende Ereignisse könnten 2018 prägen:
No Dollars, no Sense
Die Automobilwirtschaft sei, heißt es in Amerika, eine
Dollarsand-Sense-Industrie. Es gibt den -grammatikalisch etwas kruden
- Spruch "If it don"t make dollars, it don"t make sense". Soll
heißen: Ein Geschäft ist nur dann ein solches, wenn es Gewinne
abwirft. Keine Marie, kein Sinn. Irgendwann wird sich auch der
derzeit meistgehypte Autohersteller der Welt, Tesla Motors aus dem
Silicon Valley, diesen Sachzwängen wohl nicht entziehen können. Im
Jahr 2018 werden Lieferfähigkeit und Qualität vor allem beim Model 3
entscheidend für das Überleben werden. Alternative könnte sein, dass
sich Tesla einen Produktionspartneraus der "alten" Riege der
Autohersteller sucht und sich nur mehr auf das konzentriert, was es
kann: visionäre Produkte entwerfen, anpreisen und die halbe Welt
närrisch machen deswegen.
Raucher vs. Nichtraucher
Die Grünen hat es in Österreich zerlegt. In Wien und in anderen
Städten, wo sie noch in Stadtparlamenten sitzen, könnten sie deswegen
noch stärker "ihre" Themen fahren. Eins davon ist das Rausdrängen von
Autos aus den Städten. Auch wenn viele Pendler und
Wirtschaftstreibende auf das Auto angewiesensind und etwa ein
Handelsvertreter nicht einfach so auf Öffis ausweichen kann: Stau,
Staub und Abgase werden die Stadtbewohner zunehmend gegen den
Individualverkehr einnehmen, vor allem gegen den Diesel, der medial
nach wie vor in der Schusslinie bleiben wird. Das gilt für alle
größeren Städtein Österreich. Sogar in Eisenstadt, technisch gesehen
ein größeres Dorf, bricht mittlerweile zweimal pro Tag der Verkehr
zusammen. In Deutschland hat die Lobbying-Organisation Deutsche
Umwelthilfe mehrere Klagen laufen, um Fahrverbote in einer Reihe von
Städten, allen voran in Stuttgart, durchzusetzen. Wegweisende Urteile
kommen in den nächsten Wochen.
Wrack-Effekt
Eine Partei in der neuen Bundesregierung versteht sich alsÖsterreichs Autofahrerpartei, die andere will vor allem der
Wirtschaft Gutes tun. Im Zuge einer Steuerreform dürfen sich auch
Autofahrer Entlastungen erwarten. Leider, so die Befürchtung, wird es
über das Verstärken von Mitnahmeeffekten nach wie vor nicht
hinausgehen. Die wird das innovativsteInstrument, das ihr dazu
einfällt, einsetzen: Sie wird eine staatlich Abwrackprämie für ältere
Autos in Österreich einführen. Ein Neuzulassungsboom 2018 steht also
bevor. Wenn es so kommt. Langfristig wirksame verkehrspolitische
Weichenstellungen werden hingegen nicht erfolgen. In Deutschlandauch
nicht, übrigens.
Jahr der fortgeschrittenen Verwirrung
Auch 2018 wirdüberwältigend: "Die Autoindustrie ist verirrt in der
Übersetzung der neuesten evolutionären, revolutionären und
disruptiven Trends", schreibt die Unternehmensberatung KPMG in einer
neuen Studie. "Zu viele Ideen sind der Feind von Innovation. Sie
halten Organisationen davon ab, das zu machen, was am wichtigsten für
Innovation ist: aus Ideen etwas Nützliches schaffen", sagt Frank
Piller, Professor an der Technischen Hochschule Aachen.
"Fahrerassistenzsysteme, E-Mobilität, Big Data und der Kampf um
Patente", seien die vier Megatrends laut Unternehmensberatung Oliver
Wyman. Der MitbewerberArthur D. Little definierte sieben Typen an
mobilen Menschen in den westlichen Demokratien: Vom "Greenovator"
über die "Silver Driver" bis "Sensation Seeker" und zum "Low End
User". Die Firmenwagennutzer finden sich am ehesten im Typus "High
Frequency Commuter" wieder, dies seien: "Hochgradig mobile Menschen,
deren Mobilitätsnachfrage sich mehrheitlich auf den Regionalbereich
bezieht. Agglomerationspendler, die in erster Linie in Ballungsräumen
flexibel und mobil sein müssen." Wir lernen: Prognosen sind
schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.
Mobilität per Flatrate
Wie kommen die Produkte nun an die Nutzer? Zunehmendüber neue
Kanäle. Die Herstellerwerke werden den "Middle Man", den Händler,
zunehmend ausbremsen und sich direkt an Kunden wenden -und zwar mit
Modellen wie Auto-Abonnements, mit Angeboten über Mobilität und nicht
über Blech. 2018 wird hier neue Anläufe bringen; auch in Europa, auch
in Österreich. Derzeit bieten nur Porsche und Cadillac in New York
Zugang zu mehreren Konzernmodellen mittels Flatrate an. Auch die neue
Volvo-Luxusmarke Polestar denkt in diese Richtung. Aber so wie bei
allen tatsächlich relevanten Innovationen wird auch dieses System
langsam, aber sicher in die billigeren Fahrzeugklassen einsickern.