Ein Rundgang auf der 67. IAA Nutzfahrzeuge zeigt, dass die
Automatisierung, Digitalisierung und Elektrifizierung auch den
Transporter-Markt stark verändern werden.
Die Automatisierung der Fahrvorgänge, die Digitalisierung von
Fahrzeugschnittstellen und Managementprozessen sowie die
Elektrifizierung der Antriebssysteme beschäftigen die Pkw-Branche
seit ein paar Jahren. Mit der Eröffnung der 67. IAA Nutzfahrzeuge
(20.-27. September 2018) in Hannover wurde offensichtlich, dass sich
auch dieTransportbranche verstärkt diesen Megatrends der Mobilität
widmet. Es gab kaum einen Stand eines großen Herstellers oder
Zulieferers, der sich nicht zumindest einem dieser Aspekte gewidmet
hat. Während dabei die einen die nächsten Jahre mit
Brennstoffzellen-und Plug-in- Hybrid-Nutzfahrzeugen (beispielsweise
VW und Ford) gestalten wollen, werfen Hersteller wie Renault und
Mercedes-Benz mit futuristischen Konzepten einen Blick in die weiter
entfernte Zukunft und zeigen, wie der Zustelleralltag in zehn bis 15
Jahren aussehen könnte.
Comeback des Lastenrads
Ein Punkt, der auf der heurigen IAA augenscheinlich war: Die
Zustellung auf der letzten Meile ist der Treiber vieler Ideen.
Während VW, Renault und Mercedes die Zukunft vor allem in
(fahrerlosen) Roboterautos sehen, die elektrifiziert, quasi lautund
völlig emissionslos durch die Städte fahren sollen, lassen parallel
dazu viele Aussteller das Lastenrad wieder auferstehen. Unterstützt
von einem Elektromotor können Installateure, Techniker und
Paketdienstleister so zu ihrem Zielort gelangen. Das ProCargo CT1 von
Sortimo (und im weitesten Sinne auch der kleine
Elektrolastentransporter ProCargo CQ1) und das "Cargo-E-Bike" von
Volkswagen sind nur zwei exemplarische Beispiele dafür, dass die
Branche die Pedelec-Bikesals probates Mittel für regional
beziehungsweise in urbanen Räumen tätige Lieferdienste und Handwerker
sieht. Wie bei den Pkw dürfte auch bei den leichten Nutzfahrzeugen
ein Grund für die steigende Elektrifizierung in den sich weiter
verbreitenden Zufahrtsbeschränkungen für Innenstädte, derstrengeren
Luftreinhaltegesetze sowie in den um sich greifenden
Dieselfahrverboten liegen, die Handwerkern das Arbeitsleben schwerer
machen. Weiterer Vorteil: Die Bikes sind sofort verfügbar und die
Anschaffungskosten sowie die TCO der Elektroräder liegen weit unter
jedem anderen gewöhnlichen Nutzfahrzeug, was den Anbietern und
Händlern wiederum Geschäfte mit neuen, umweltbewussteren Kundentypen
eröffnen beziehungsweise weitere Verkaufsmöglichkeiten bei ihren
Stammkunden ermöglichen soll. Und weil sie in Österreich noch in
homöopathischen Dosen im Straßenverkehr anzutreffen sind, ist ihnen
die Aufmerksamkeit sicher. Das adelt sie wiederum zu stylischen
Werbeträgern für Early Adopter.
Der Mensch als Kostenfaktor
Am Diesel führt bei den leichten Nutzfahrzeugen dennoch kein Weg
vorbei, auch dabei sind sich die großen Hersteller einig. Dennoch
wird der Antriebsstrauß der leichten Nutzfahrzeuge in Zukunft
deutlich bunter: Zu den klassischen BEV-Transportern wie dem
e-Crafter, eSprinter, Master Z.E. oder den E-Transportern von
Streetscooter, gesellen sich Plug-in-Hybrid-LCV wie der Ford Transit
Custom PHEV oder der Brennstoffzellentransporter VW Crafter HyMotion.
Glaubt man den Visionen der Branche, dann sind sie jedoch auch nur
ein Zwischenschritt, sollen doch in zehn bis 15 Jahren der Großteil
der urbanen Lieferdienste mit vollkommen autonom fahrenden
Transportern erledigt werden. Dabei tun sich drei Konzepte besonders
hervor, der VW I.D. Buzz Cargo, der Mercedes Vision Urbanetic
(Bericht in FLOTTE 09/2018) mit Cargomodul sowie der Renault
E.Z.-Pro. Alle drei Studien wollen den Lieferverkehr auf der letzten
Meile revolutionieren, unterscheiden sich aber in einem wesentlichen
Punkt voneinander. Während das Mercedes-Konzept komplett ohne Fahrer
auskommt, wird am Faktor Mensch bei den beiden anderen Fahrzeugen aus
Gründen der Sicherheit, der Vertrauensfrage und der sozialen
Gerechtigkeit festgehalten. Und das ist immerhin für die tausenden
Angestellten und Fahrer eine gute Nachricht, stellte doch erst
kürzlich eine Studie der Wirtschaftsprüfungs-und
Beratungsgesellschaft PWC fest, dass die Logistikkosten aufgrund der
selbstfahrenden Fahrzeuge und Automatisierungs-und
Digitalisierungsprozessen um fast 50 Prozent sinken sollen. Vier
Fünftel davon sollen demnach bei Personalkosten anfallen.