Dieselgipfel, Umweltrat, Sachstandsbericht Mobilität: Die vergangenen
Wochen waren abgaspolitisch turbulent. Damit keine Verwirrung
aufkommt, haben wir die jüngsten Entwicklungen und die wichtigsten
Aspekte kurz und bündig zusammengefasst.
Was wurde beim Dieselgipfel in Deutschland beschlossen?
In zahlreichen deutschen Städten werden die EU-weit geltenden
Luftschadstoffgrenzwerte regelmäßig beziehungsweise dauerhaft
überschritten. Das betrifft insbesondere die Stickoxid-Emissionen (NO
), vereinzelt auch Feinstaubgrenzwerte. Als Hauptverursacher gelten
ältere Dieselfahrzeuge (Abgasklasse: Euro-1 bis Euro-4) ohnemoderne
Abgasreinigung (SCR-Filter beziehungsweise AdBlue Einspritzung).
Deshalb hat das deutsche Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im
Februar entschieden, dass Kommunen Fahrverbote für die betroffenen
Fahrzeuge aussprechen dürfen. Hamburg hat mit Juni 2018 ein
Fahrverbot verhängt; Frankfurt,Stuttgart und Berlin wollen bald
nachziehen. Der kürzlich von der deutschen Bundesregierung
abgehaltene Dieselgipfel sollte dazu dienen, gleichzeitig Lösungen
für Autofahrer zu finden, die Schadstoff-Grenzwerte künftig
einzuhalten und (weitere) Fahrverbote zu vermeiden.
Welche Auswirkungen hat die Dieseldiskussion für Österreich?
Eigentlich keine. Betroffen sind eigentlich nur jeneÖsterreicher,
die in Zukunft mit älteren Dieselfahrzeugen (Abgasklasse Euro-1 bis
Euro-4, in weiterer Folge wohl auch Euro-5) in gesperrte Straßen
beziehungsweise Fahrverbotszonen in deutschen Städten einfahren
möchten. Außerdem könnte die fortlaufende Diskussion den Marktwert
von Diesel-Pkwnegativ beeinflussen.
Wird es inÖsterreich eine Umtauschaktion wie in Deutschland geben?
Die deutschen Automobilhersteller haben dem Bund zugesagt, den
Fahrzeughaltern von Euro-4-und Euro-5-Diesel-Fahrzeugen ein
Tauschprogramm mit attraktiven Umstiegsprämien oder Rabatten
anzubieten. Damit sollen (weitere) Fahrverbotszonen vermieden werden.
Die Umtauschaktionen wird es in Österreich nicht geben, wie
Verkehrsminister Norbert Hofer betont hat, da die Ausgangslage
(weniger Luftverschmutzung) eine andere ist.
Was ist mit einer Umrüstaktion, steht die im Raum?
Die deutsche Regierung fordert, Euro-5-Diesel-Besitzer auch eine
Nachrüstung mittels SCR-Kat-System anzubieten. Die österreichische
Regierung, Arbeiterkammer und Autofahrerklubs sind sich einig, dass
eine solche Nachrüstung besser als Fahrverbote wäre. Außerdem wäre
laut ÖAMTC und ARBÖ eine nach deutschem Vorbild (geförderte)
Hardware-Nachrüstung mit SCR-System bei kommunalen Fahrzeugen (z. B.
Müllwagen oder Straßenreinigung) beziehungsweise Handwerker-und
Lieferfahrzeugen ein wirksamer Schritt zur Schadstoffreduktion.
Wer trägt in Deutschland die Kosten dafür?
Sämtliche Kosten für Umtausch beziehungsweise Umrüstung müssten von
den Autoherstellern übernommen werden. Sollte es in Österreich
ähnliche Aktionen geben, sind sich Autofahrerklubs und AK einig, dass
die österreichischen Autofahrer nicht schlechter gestellt werden
dürfen.
Sind Hardware-Nachrüstungen überhaupt sinnvoll?
Wie Tests -unter anderem vonÖAMTC und ADAC im Mai 2017 - gezeigt
haben, ist der nachträgliche Einbau eines SCR-Katalysatorsystem samt
AdBlue-Einspritzung eine wirksame Möglichkeit zur Reduktion von
Stickoxiden, die den NO -Ausstoß bei minimalem Mehrverbrauch bis zu
90 Prozent verringern kann. Allerdings braucht dieser Einbau viel
Platz und ist technisch nicht bei jedem Fahrzeug durchführbar.
Ebenso gibt es noch keine Erfahrungen aus Dauertests. Die
Gewährleistung für die nachgerüsteten Fahrzeuge ist daher umstritten.
Stehen inÖsterreich Fahrverbote im Raum?
Das Verkehrsministerium hat kommuniziert, dass es "Fahrverbote mit
Sicherheit nicht geben wird." Die Stickoxid-Belastung ist inÖsterreich deutlich geringer. Selbst direkt an österreichischen
Stationen, die teilweise zu hohe Belastungen messen, ist absehbar,
dass die Grenzwerte in naher Zukunft durch den natürlichen Austausch
des Kfz-Bestandes eingehalten werden. Folglich sind Fahrverbote
derzeit in Österreich kein Thema, ebenso wenig stehen
EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen schlechter Luftqualität im Raum
(siehe auch FLOTTE&Wirtschaft 04/2018).
Wer will auch inÖsterreich einen Dieselgipfel abhalten?
Die Arbeiterkammer sowie der VCÖ fordern einen eigenen Dieselgipfel
für Österreich. Auch der ÖAMTC würde einen befürworten, wenn "es
hilft, dass die österreichischen Konsumenten die selben besonderen
Umtauschprämien/Aktionen erhalten wie die deutschen Autobesitzer".
Was genau ist der kürzlich präsentierte "Sachstandsbericht
Mobilität"?
Der Sachstandsbericht Mobilität wurde im Auftrag von bmvit&bmnt vom
Umweltbundesamt (UBA) sowie anderen Instituten erstellt und dient als
Grundlage für die Klima-und Energiestrategie der Bundesregierung. Er
behandelt die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen um 36 Prozent,
wobei der Verkehrssektor 7,2 Millionen Tonnen einsparen sollte. Damit
wären die Pariser Klimaziele zu erreichen. Dafür wurden unter anderem
50 Maßnahmen zur CO2-Reduktionim Verkehrsbereich analysiert. Unter
anderem wird ein generelles Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen
vorgeschlagen sowie eine Pkw-City-Maut für die Hauptstädte. Ausnahmen
davon sollte es nur für "Zero Emission"-Fahrzeuge wie E-Autos geben
(siehe auch FLOTTE&Wirtschaft 06/2018).
Worauf sollten Flotten beim Kauf von neuen Autos achten?
InÖsterreich drohen keine Fahrverbote für Diesel-Pkw, deshalb hängt
die Kaufentscheidung vor allem vom Einsatzzweck des Fahrzeugs, den
TCO sowie der Kilometerleistung ab. Vielfahrer sind aufgrund des
niedrigeren Verbrauchs nach wie vor gut mit einem Diesel bedient,
ebenso beim Kauf eines Nutzfahrzeugs ist der Diesel nach wie vor die
erste Wahl. Logisch: Fahrzeuge mit Euro-6d-Temp-Abgasnorm sind dabei
zu präferieren. Bei kleineren Fahrzeugen, die keine hohen
Kilometerleistungen zu erbringen haben und überwiegend innerstädtisch
eingesetzt werden, sind tendenziell Benzinmotoren zu empfehlen,ebenso lohnt sich ein Blick auf aktuelle Elektromodelle.
Was haben die EU-Minister beim Umweltrat in Luxemburg beschlossen?
Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich auf eine Reduktion des CO2
Ausstoßes für Pkw und Vans bis 2030 um 35 Prozent geeinigt. Basis für
die Berechnung der neuen CO2-Ziele soll das Jahr 2021 sein. Bis dahin
dürfen nach den geltenden Vorschriften Neuwagen im Schnitt nicht mehr
als 95 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen. Derzeit liegt der
Wert bei 118,5 Gramm.
Wie entwickeln sich die (Diesel-)Zulassungen inÖsterreich?
Bei Benzin-,Erdgas-,Elektro-und Hybrid-Pkw gab es zwischen Jänner und
September 2018 deutliche Zuwächse: So wurden um 20,9 Prozent mehr
benzinbetriebene Pkw, um 40,3 Prozent mehr Erdgas-Pkw, um 9,9 Prozent
mehr E-Autos sowie um 15,9 Prozent mehr Hybrid-Fahrzeuge neu zum
Verkehr zugelassen. Der Anteil der benzinbetriebenen Neuwagen stieg
auf 54,2 Prozent. Diesel-Pkw kommen auf einen Gesamtanteil von 41,3
Prozent, mussten also in den ersten neun Monaten einen starken
Rückgang von 16,1 Prozent hinnehmen. Im September sind die
Zulassungen gegenüber dem Vormonat um 41,8 Prozent eingebrochen; der
Anteil neuer Benziner lag bei 54,3 Prozent, jener neuer Diesel bei
39,2 Prozent. Insgesamt wurden von Jänner bis September bisher
275.758 Pkw neu zum Verkehr zugelassen, was einer Steigerung von 2,2
Prozent gegenüber dem Vorjahrszeitraum entspricht.