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Künstliche Verzögerung?

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(c): AdobeStock

Die Automobilhersteller stehen bei der Implementierung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf der Bremse. Zu dem Schluss kommt zumindest eine aktuelle Studie. Doch ohne KI verzögert sich unter anderem auch der Fortschritt bei autonom fahrenden Autos.

Arnold Schwarzenegger ist als "The Terminator" mit dem Satz "Ich komme wieder" (im Original: I'll be back) berühmt geworden. Dabei stellt er im zweiten Teil der Filmreihe als T-800 - einem von dem KI-System "Skynet" entwickelten, vollkommen autonom agierenden Killer-Roboter mit Coltan-Skelett und menschlichem Äußerlichem - die viel spannendere Frage. Schwarzenegger fragt den weinenden John-Connor-Jungspund, der als Erwachsener die Rebellion der Menschheit zum Sieg führen soll, nämlich ziemlich naiv: "Was ist mit deinen Augen?" und offenbart dabei: Die menschliche Gefühlswelt ist selbst für künstlich intelligente Super-Roboter in Kinofilmen alles andere als ein offenes Buch. Freilich, der Film ist 28 Jahre alt, und so sehr man heute über den Ansatz "Künstliche Intelligenz will mit Killer-Robotern die Weltherrschaft an sich reißen" schmunzeln mag, in der Realität der breiten Masse sind super intelligente Roboter noch nicht angekommen. Sie mähen zwar in besseren Gegenden den Rasen odersaugen die Wohnung, analysieren teilweise Sprache und Bilder, erstellen medizinische Diagnosen und gewinnen Brettspiele, bei denen Menschen bislang überlegen waren - dann wird die Suppe aber ziemlich schnell ziemlich dünn.

Mensch als Backup

Autonome Fahrzeuge, an denen derzeit über den ganzen Erdball verteilt geforscht wird, gelten in puncto Massenverbreitung als "the next big thing". Zwar können die Tesla-Modelle mit der "Autopilot"-Funktion bereits heute auf Landstraßen und Autobahnen selbstständig fahren und sollen bis zum Ende des Jahres, wie aus dem Konfiguratorhervorgeht, mit "Ampel-Stopp-Schilder-Erkennung mit Anhalte-Anfahr-Automatik" auch "automatisches Fahren innerorts" ermöglichen. Ebenso testet Uber schon autonome Taxis in Nordamerika. Beide Beispiele haben zwei Dinge gemeinsam: Noch immer muss ein Mensch im Notfall das Steuer übernehmen können, mit Zeitunglesen, Online-Shopping oder Steuererklärung abschicken ist also nix. Zweitens ist der Mensch, der im Notfall eingreifen sollte, abgelenkt, kann es schnell gefährlich werden. Bei beiden genannten Level-3-Systemen auf der fünfstufigen Autonomieskala kamen zumindest schon Personen ums Leben.

Die Krux an der Sache: Unter optimalen Bedingungen funktionieren die Systeme - wie auch die kombinierte Stau-, Spurhalte-, Park- und Beschleunigungs- oder Abbremssysteme (Level 2) vieler anderer Hersteller - meistens tadellos. Bei schlechten Straßenmarkierungen, Regenschauern, Schneefall oder starker Sonneneinstrahlung kommen sie jedoch in aktuellen Fahrzeugmodellen ebenso schnell an ihre Leistungsgrenze und verweigern den Dienst. Böse Zungen behaupten deshalb gerne, dem ist so, weil die Systeme einfach noch nicht weiter sind.

KI ist die Basis, die Nutzenpotenziale zu heben

Das Problem dabei: Autonome Systeme, die wirklich selbstständig ein ihnen vorgegebenes Ziel erreichen können, sind nur auf der Basis von Methoden und Werkzeugen der Künstlichen Intelligenz realisierbar. Wenn wir also in Zukunft tatsächlich in einem der kürzlich präsentierten vollkommen autonomen Konzept-Cars auf einem Lounge Chair mit einem Bier in der Hand zwischen Wien und Linz chillen wollen, muss neben der Infrastruktur (Stichwort: 5G-Netz) auch die Leistungsfähigkeit der On-Board-Technik und -Software verfeinert werden. Nur: Wie eine Studie des Capgemini Research Institute nun festgestellt hat, kommt die Automobilbranche bei der Umsetzung von Künstlicher Intelligenz nur langsam voran. "Der anfängliche Hype um das Thema Künstliche Intelligenz und die damit verbundenen hohen Erwartungen sind bei vielen Unternehmen einer pragmatischeren Sichtweise gewichen, da sie nun mit der konkreten Umsetzung konfrontiert sind", fasst Ingo Finck,Vice President Insights Driven Enterprise bei Capgemini Invent, die Ergebnisse zusammen. Viele Unternehmen würden "damit beachtliche Nutzenpotenziale im Bereich Kosten, Qualität sowie Produktivität verschenken" und "die Chance, ihr Betriebsergebnis bis zu 16 Prozent zu steigern" verpassen. Die größten Hindernisse, die es laut den 500 befragten Führungskräften der Automobilindustrie zu überwinden gilt, lägen vor allem in der Komplexität bestehender IT-Landschaften, der fehlenden Genauigkeit und Verfügbarkeit von Daten sowie an unzureichenden digitalen Fähigkeiten, die den technologischen Wandel und eine unternehmensweite Umsetzung (Skalierung) von KI verzögern würden. Aus technologischer Sicht sehen die befragten Unternehmen bei der Integration bestehender Systeme und Tools (38 Prozent), im mangelnden Wissen und Bewusstsein für Next-Generation-KI-Tools (36 Prozent) sowie fehlenden Trainingsdaten (35 Prozent) weitere Hürden.

Nur kleine Fortschritte bei der Implementierung

Das hat Konsequenzen: Die unternehmensweite Implementierung von KI ist in den letzten beiden Jahren nur langsam vorangekommen. Die Zahl der Automobilunternehmen weltweit, die KI umfassend und erfolgreich implementiert haben, ist lediglich von sieben auf zehn Prozent gestiegen. Auch die Anzahl der Unternehmen, die einzelne KI-Maßnahmen umsetzen, hat sich nicht wesentlich verändert und liegt heute bei 24 Prozent gegenüber 27 Prozent im Jahr 2017. Deutlicher fällt der Anstieg der Unternehmen aus, die keine KI einsetzen - hier hat sich der Anteil weltweit von 26 Prozent auf 39 Prozent erhöht. Der Studie zufolge bringen zudem nur noch 26 Prozent der Unternehmen KI-Projekte in die Pilotphase - gegenüber 41 Prozent im Jahr 2017. Auch in Deutschland ist der Anteil der Automobilunternehmen, die keine KI implementieren von zwölf auf 32 Prozent gestiegen, im Gegenzug sank der Anteil der Unternehmen , die KI-Piloten aufgesetzt haben, von 52 auf 30 Prozent. Für Unternehmen sei es vor allem schwieriger geworden, den Nutzen und den gewünschten Return on Investment in der Pilotphase nachzuweisen (45 Prozent) und die richtige Auswahl der skalierbaren Anwendungsfälle zu treffen (43 Prozent).

USA Marktführer - doch China holt auf

Die USA sind laut Studie bei der Umsetzung von KI führend - 25 Prozent der Automobilunternehmen implementieren KI unternehmensweit, 25 Prozent selektiv. Großbritannien (14 und 39 Prozent) und Deutschland (zwölf und 25 Prozent) folgen auf Platz zwei und drei. Das größte Wachstum innerhalb der untersuchten Länder verzeichne China, das seinen Anteil an unternehmensweiten KI-Implementierungen im Automobilbereich von fünf auf neun Prozent fast verdoppelt habe. Von den deutschen Herstellern tun sich immerhin Volkswagen und Mercedes-Benz hervor: So modelliert VW den Fahrzeugabsatz von 250 Automodellen in 120 Ländern mit Hilfe von maschinellem Lernen. Und Mercedes-Benz testet ein KI-Erkennungssystem für die Paketzustellung, das die Fahrzeugladezeit um 15 Prozent reduzieren soll. All das lässt eine Schlussfolgerung zu: Wenn die Hersteller KI schon nicht im eigenen Haus implementieren, dann werden sie solche Systeme wohl auch noch länger nicht auf die Straße schicken.

So kam die Studie zustande

Das Capgemini Research Institute hat aufbauend auf einer sektorübergreifenden Studie von 2017 eine Befragung unter 500 Führungskräften großer Automobilfimen durchgeführt. Folgende acht länder wurden berücksichtigt: China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Schweden und die USA. Ergänzend wurden ausführliche Interviews mit Branchenexperten und Unternehmern durchgeführt.

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