Dr. Werner Gruber ist Experimentalphysiker an der Universität Wien
und Direktor der Wiener Sternwarten und des Planetariums. Durch
Bücher und Bühnenauftritte ist er als "Physiklehrer der Nation"
bekannt.
Wenn in Actionfilmen die Autos driften, die Reifen nicht nur
quietschen und rauchen, sondern auch die Heckteile nach hinten
ausbrechen, dann hüpft das Herz des Automobilista in einem besonderen
Rhythmus. Worum geht"s, wenn die Reifen auf der Fahrbahn in der Kurve
ihre Kräfte spielen lassen?
Seitenführung, Brems-und reibungskraft
Die Fläche zwischen dem Reifen und der Fahrbahn entspricht einer
handtellergroßen Fläche pro Reifen. Es gibt einen Zusammenhang
zwischen der Seitenführungskraft in Querrichtung, der Bremskraft und
der maximalen Reibungskraft. Die Seitenführungskraft ist die Kraft,
welche das Rad in der Kurve erfährtund im rechten Winkel zur
Bewegungsrichtung steht. Vereinfacht gesagt handelt es sich um die
Fliehkraft.
Der Kammsche Kreis
Den Zusammenhang zwischen diesen drei Kräften findet man im Kammschen
Kreis. Der in der Schweiz geborene Wunibald Kamm war ein deutscher
Wissenschafter. Er beschäftigte sich mit dem Gebiet der
Kraftfahrzeug-und Motorentechnik und war einer der führenden
Kraftfahrzeug-Aerodynamiker. Der nach ihm benannte Kreis ist eine
grafische Darstellung zur Aufteilung der möglichen Gesamtkraft am Rad
in die Seitenführungskraft in Querrichtung und die Bremskraft
beziehungsweise Antriebskraft in Längsrichtung des Rades bis zum
Erreichen der maximalen Reibungskraft.
Entgegengesetzte Kräfte
Ziehen wir also einen Kreis und starten vom Mittelpunkt nach unten,
dann erfährt das Auto beziehungsweise der Reifen eine Beschleunigung.
Geht man senkrecht nach oben, kann man die Verzögerung
beziehungsweise das Bremsen einzeichnen. Es macht Sinn, dass diese
beiden Kräfte entgegengesetzt sind: Beschleunigung und Verzögerung.
Trägt man vom Mittelpunkt aus die Seitenführungskraft auf, senkrecht
zur Verzögerung/Beschleunigung, dann kann man ein schönes Rechteck
aufspannen zwischen der maximalen Verzögerung beziehungsweise
Beschleunigung und der Seitenführungskraft. Die Diagonale in diesem
Kreis entspricht dann der maximalen vom Reifen auf die Fahrbahn
übertragbaren Kraft. Das heißt, bremse oder beschleunige ich stärker
oder ist die Fliehkraft einfach zu groß, dann beginnt das Fahrzeug zu
driften.
Mitten in der Kurve beschleunigen oder bremsen
Kennt man diesen Zusammenhang, dann kann man erstens nur auf einer
geraden Strecke maximal beschleunigen. Versuchen Sie dies in der
Kurve, kommt es zuerst zum Schlupf, dann zum Durchdrehen und zu guter
Letzt zum Ausbrechen des Fahrzeuges. Will man nun das Fahrzeug zum
Driften bringen, dann braucht man nur mitten in der Kurve zu
beschleunigen oder auch zu bremsen -egal, das Fahrzeug wird
unberechenbar.
Auto kennt Kammschen Kreis
Will man driften, dann muss man das ASR -Antischlupfregelungssystem
-und das ESP -Elektronisches Stabilitätsprogramm - ausschalten. Diese
beiden Helferleins "kennen" nämlich diesen Kammschen Kreis und sobald
der Reifen mit der Reibung Probleme hat, dann wird die Beschleunigung
oder das Bremsen automatisch gesteuert. Damit bleibt das Auto auf der
Spur, allerdings hat man dann auch nicht mehr das beimDriften
ersehnte Feeling
Straßenzustand als wichtiger Faktor
Leider ist es nicht ganz so einfach, denn auch der Zustand der Straße
hat einen wichtigen Einfluss. Ist die Straße trocken oder feucht,
befindet sich auf der Straße Schnee oder Eis oder Sand, dann hat dies
alles einen Einfluss auf die Kraftübertragung, möglicherweise einen
negativen. Ich bin mir sicher, dass in diesem Fall die meisten
Autofahrer damit überfordert sind und mit einem nicht kontrollierten
Drift nichts anfangen können. Also Sicherheitsabstand einhalten