Test: Mercedes eSprinter
Der Mercedes eSprinter hat kürzlich ein Update erfahren und kommt nun mit drei Batteriegrößen, um möglichst viele Bedü...
Wasserstoff galt lange Zeit als vielversprechendste Alternative zu bereits etablierten alternativen Kraftstoffen. Gleichwohl fehlt es seit Jahren am entscheidenden Durchbruch. Wir klären den Stand der Dinge. Und zeigen die derzeitigen Probleme.
Es gibt da einen alten Spruch in der Geschäftswelt: Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es wahrscheinlich nicht wahr. Was derlei Erkenntnisse mit der Autowelt gemeinsam haben: Erdgas sagte man auch riesiges Potenzial voraus und obwohl die Industrie locker 20 Jahre mit immer neuen Modellen und blumigen Versprechungen versuchte, CNG zu etablieren, so endete dieser alternative Sprit im goldenen Buch der Erinnerungen. Und weil sich Geschichte wiederholt, sei die Frage erlaubt, ob Wasserstoff das gleiche Schicksal droht? Es ist nämlich so, dass sich an den grundsätzlichen Ideen und Ankündigungen in den letzten Jahre nichts in reale Konzepte gewandelt hat. Einzig, dass die OMV im April 2025 beschlossen hat, ihre fünf – und damit alle – H2-Tankstellen in Österreich nach wenigen Jahren wieder zu schließen und damit eine komplette Technologie an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds zu stellen, wirft ein neues Licht auf eine Technologie, deren Vorzüge wohl schwerer in die Tat umzusetzen sind, als es sich manch Politiker vorstellen könnte.
Versiegter Strom
Wir blicken zurück: Es ist schon mehr als ein Jahrzehnt her, dass das Rennen um den Antrieb der Zukunft noch nicht so klar war wie heute. Elektro war in der Anfangsphase. Wasserstoff eine Idee, die typischen Stromer-Schwachpunkte einfach zu umgehen. H2 lässt sich leicht speichern, ein entsprechendes Auto ruckzuck betanken und die Reichweiten sind mit denen eines Benziners zu vergleichen. Es gab Ideen zu einem Tankstellennetz quer durch Europa entlang der Hauptrouten, sodass eine Durchquerung des Kontinents problemlos möglich sein soll. Vereinzelt setzten Hersteller konsequent auf diese Antriebsart und entwickelten sogar Serienautos, die allesamt tiefgekühlten, gasförmigen Wasserstoff in einem unter Hochdruck stehenden Tank mit einer Brennstoffzelle kombinierten, die H2 und Umgebungsluft in Wasser und elektrische Energie umwandelt, mit der ein kleiner Akku gespeist und in weiterer Folge ein Elektromotor angetrieben wird. Die andere Form des Vortriebs, Wasserstoff in einem Verbrennungsmotor anstelle von Benzin zu zünden, lebt vorerst nur in den Entwicklungsabteilungen. Als dann auch noch in Österreich reguläre H2-Zapfsäulen in Betrieb gingen, schien das Match mit den BEV noch ziemlich offen.
Realitäts-Check
Es lag wohl auch am Henne-Ei-Prinzip, dass H2-Mobile einfach nicht in Schwung kommen wollten. Anders als bei BEV, bei denen man sich im Notfall mit einem Starkstromkabel behelfen konnte, benötigen Wasserstofffahrzeuge spezielle Tankstellen mit speziellen Tanks, in denen Wasserstoff lagert. Der muss erst einmal mit speziellen Tank-Lkw dorthin gebracht werden und dann benötigt es eine spezielle Mehrkolbenpumpe, um ein H2-Auto zu betanken, was an sich schon einmal eine Menge Energie verschlingt. Dazu kommt der relativ schlechte Wirkungsgrad der Brennstoffzelle von rund 70 Prozent, sodass das Kaufverhalten der angepeilten Klientel noch verhaltener war als angenommen. Dazu war die Auswahl an Modellen eher überschaubar. Toyota und Hyundai boten vereinzelt Fahrzeuge an, die an sich tadellos funktionier(t)en, aber aktuell schlicht öffentlich nicht mehr betankt werden können. In Wien gibt es immerhin die Möglichkeit, solch ein Fahrzeug direkt bei der Wien Energie mit Wasserstoff zu versorgen.
Grün und blau
Um die grundsätzliche Problematik vollständig zu erfassen, muss man noch einen Schritt zurück in der Produktion gehen. Wo Wasserstoff eigentlich herkommt. Damit das Konzept aufgeht, muss H2 natürlich „grün“ hergestellt werden. Für diese Elektrolyse benötigt es große Mengen an Energie, die mit Windrädern oder Wasserkraft bei uns aber nicht produziert werden können. Für Thiebault Paquet,
Toyotas Wasserstoff-Chef in Europa, müsse grünes H2 also immer importiert werden, was natürlich erst wieder riesige spezielle Hochseetanker benötigt. Der sogenannte blaue Wasserstoff, der in der alten Welt hergestellt werden kann, ist technisch gesehen zwar genauso gut, er wird indes mittels Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen, was von der Gesamtenergiebilanz also keine Chance hat. So gesehen ist es mehr als verständlich, dass sich kaum jemand auf dieses Thema einlassen wollte. Und strenggenommen dürfte es gar keinen großen Aufschrei geben, denn auch EU-intern war die geplante Vorgehensweise umstritten.
Nüchtern betrachtet
So legte der EU-Rechnungshof im Sommer 2024 einen Bericht vor, wonach die Europäische Union bei der Produktion grünen Wasserstoffs bislang „nur bescheidene Erfolge“ erzielt habe. Die vorgesehenen Werte für Import und Produktion bis 2030 (jeweils zehn Millionen Tonnen) seien zu ehrgeizig gewesen, wobei kritisiert werde, dass es entlang der Wertschöpfungskette noch Probleme gebe. Das könnte zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit in Schlüsselindustrien führen, stand in dem Bericht, genauso wie die Aufforderung an die Kommission, die Wasserstoffstrategie dringendst zu aktualisieren. Pikant: Der Rechnungshof meint, die angegebenen Ziele hätten auf politischem Willen und nicht auf soliden Analysen beruht. Zudem wird davon ausgegangen, dass bis 2030 generell nicht einmal zehn Millionen Tonnen H2 überhaupt von der Industrie gefordert werden.
Sonderfall Chile
Natürlich gibt es Leuchtturmprojekte wie zum Beispiel das Engagement von Porsche in den Hochebenen von Chile, wo wirklich genug Wind vorhanden ist, um zahlreiche Windräder nur für den Zweck zu betreiben, Wasser in H2 und O zu spalten. Erst im April 2025 gab es ein Abkommen zwischen der EU und Chile, das die Finanzierung gleich mehrerer solcher Anlagen mit 216,5 Millionen Euro fördern soll. Ziel der Aktion: Dekarbonisierung der chilenischen Wirtschaft und Geschäftsmöglichkeiten für heimische und europäische Unternehmen. Klingt super. Unumstritten ist dieses Vorgehen aber nicht. Umweltschützer kritisieren etwa, dass allein in der Region Magallanes, dem südlichsten Teil des Landes, 13 Prozent des weltweiten Bedarfs an grünem Wasserstoff produziert werden sollen. Das entspräche rund 126 Gigawatt an benötigter Windkraft, was gut die doppelte Menge an Energie ist, die derzeit in ganz Deutschland aus Windkraft gewonnen wird. Kritisiert wird, dass durch die Vielzahl an Windrädern zahlreiche Vogelarten gefährdet werden, zumal die Mehrheit des produzierten H2 exportiert wird und vor allem private Investoren profitieren, kaum aber die heimische Bevölkerung. Auf der anderen Seite betont die chilenische Umweltministerin Maisa Rojas, dass Umweltschutz eine Bedingung für die Entwicklung sei. Und trotzdem möchte man am Ziel festhalten, 2030 den billigsten Wasserstoff der Welt zu produzieren. Ein großes Vorhaben, konkurriert man hier schließlich nicht nur mit China, sondern auch mit Saudi-Arabien, die mit H2 den Ausstieg aus dem Erdölgeschäft schaffen wollen.
Fakt ist: Grüner Wasserstoff wird benötigt, wenn auch nur für die Industrie. Denn in vielen Bereichen des Verkehrs ist man schon länger auf einem Scheideweg. Das Argument mancher Autohersteller, mit aus grünem Überschussstrom erzeugtem Wasserstoff ja Pkw betreiben zu können, greift zu kurz, solang die Industrie nicht genügend davon hat. Denn dort kann man bei vielen Anwendungen nicht auf Strom zurückgreifen, beim Auto aber sehr wohl.
Pkw
Je kleiner das Fahrzeug, desto mehr hat sich in den letzten Jahren die batterieelektrische Variante als bevorzugte Alternative durchgesetzt. Hierbei geht es aber nicht nur um die leichtere Verfügbarkeit grünen Stroms im eigenen Land. Das gesamte Handling mit Wallboxen, Schnellladern und zahlreichen Modellen am Markt ergibt eine praktischere und simplere Lösung. Und auch wenn man sich den News-Stand der Hersteller zum Thema H2 ansieht, so gibt es auf den jeweiligen Webseiten deutlich weniger Neuigkeiten über Wasserstoff-Pkw. Ähnlich sieht es in Österreich mit der Verfügbarkeit aus: Hyundai bietet den Nexus nur Firmenkunden an, die „direkt oder indirekt Bezug zum Thema Wasserstoff haben.“ Ganz im Gegensatz zu Toyota, die den Mirai der zweiten Generation ab 50.000 Euro netto normal zum Kauf feilbieten. Cédric Borremans, Geschäftsführer von Toyota Austria, glaubt weiter an Wasserstofffahrzeuge: „Hybrid-Modelle haben sich auch nicht von heute auf morgen durchgesetzt, sind jetzt aber voll etabliert. Wasserstoff ist vor allem für Lkw oder auch Boote und stationäre Generatoren ein Thema, aber auch für größere Pkw. Und es geht auch nicht um ein Match zwischen Batterie und Wasserstoff, wir benötigen beide Technologien im Kampf gegen CO2.“ Borremans sagt aber auch dazu, dass all das in absehbarer Zeit kein Thema für Flotten sei. Die Ziele von Toyota betreffend liege man zwar in Europa hinter den Erwartungen, in China, Japan und Südkorea sehe die Sache aber schon anders aus. BMW hat das Interesse am Wasserstoff auch noch nicht aufgegeben, Prototypen eines H2-betriebenen X5 sind seit einiger Zeit unterwegs, 2028 soll das Serienmodell kommen; übrigens mit der Brennstoffzellentechnik von Toyota unter der Haube.
Lkw
Geht es an den Schwer- und Fernverkehr, ist die Sachlage eine völlig andere. Hier ist eine große Reichweite genauso entscheidend wie schnelles Nachtanken unterwegs. Lange Standzeiten, um riesige Akkus zu befüllen, die zudem die Nutzlast empfindlich einschränken, kann sich kein Spediteur leisten, sodass hier verstärkt interessante Varianten zu finden sind. Hyundai zum Beispiel forciert den XCIENT, ein Lkw mit 180-kW-Brennstoffzelle, der einen 350 kW starken E-Motor antreibt. Für Roland Punzengruber, Managing Director bei Hyundai Österreich, sind gewisse Anwendungsfelder im Nutzfahrzeugbereich prädestiniert für den Wasserstoff-Antrieb: „Der erste XCIENT ist in Österreich bereits ausgeliefert. Der Hochlauf gestaltet sich wegen nicht existenter, flächendeckender, öffentlicher Tankinfrastruktur als sehr schwierig. Interesse für das Produkt ist jedoch absolut vorhanden, die TCO unter Berücksichtigung der THG-Möglichkeiten in Abhängigkeit der Laufleistung mit BEV und Diesel weitestgehend vergleichbar.“ So reichen die 31 Kilogramm Speichervermögen für 400 Kilometer, die vollständige Befüllung soll in acht bis 20 Minuten abgeschlossen sein. Die Frage ist nur: Wo?
Für Punzengruber ist die Schließung der OMV-Tanksäulen kein echtes Problem: „Nein, das hat keinen Einfluss auf die H2-Strategie von Hyundai in Österreich, da erstens die Tankinfrastruktur für Nutzfahrzeuge nicht nutzbar ist, zweitens im Rahmen der ASFIR-Regelung bis 2030 linear zehn Tankstellen regierungsseitig in Österreich errichtet werden müssen und drittens wir fest der Meinung sind, dass relevante Stakeholder der H2-Technologie in Österreich kurzfristig die OMV-Betankungsmöglichkeiten auffangen werden.“
BMW – eigentlich nicht im Nutzfahrzeugbereich vertreten – macht mit Iveco gemeinsame Sache, um die eigene Werkslogistik mit Wasserstoff aufzurüsten. So beginnt im Werk Leipzig ein Pilotprojekt mit zwei Sattelschleppern und mehr noch: Auch intern setzt man bei BMW auf Wasserstoff. So wurden mittlerweile fünf Indoor-Wasserstofftankstellen errichtet, mit denen zum Beispiel Gabelstapler und Routenzüge versorgt werden. Liegt die Zukunft des grünen H2 also genau hier, einem schlauen Gesamtkonzept, in dem der Nutzer auch Teile der Infrastruktur betreibt? Auch Toyota bejaht das aktuell vorsichtig und verweist zum Beispiel auf eine Taxiflotte in Paris mit 1.000 Mirai, die an betriebseigenen Tankstellen tanken.
Zum Thema Lkw zählen im erweiterten Umfang auch Busse. Elvira Lutter von Verein Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas sprach im Zuge der Fachveranstaltung EL-Motion davon, sich mit regionaler Produktion und Technik aus der EU gegen chinesische Batterietechnik in Stellung zu bringen. So würden die Wiener Linien auf Wasserstoff setzen, das Potenzial in Österreich sei entsprechend groß. Der Einwand aus dem Publikum seitens eines ÖPNV-Vertreters folgte aber prompt. So seien die für die Herstellung von Wasserstoff nötigen Elektrolyseure nicht wirtschaftlich, zudem könnte man die Anforderungen in Wien nicht mit dem Rest von Österreich vergleichen. Denn da sei der batterieelektrische Bus in allen Belangen die bessere Wahl.
Infrastruktur
Für Toyota ein riesiges Anliegen, an dem nicht nur eifrig geforscht und entwickelt wird. Die eigenen Brennstoffzellen sollen zudem an externe Kunden verkauft werden und für die nächste Generation plane man schon eine Kostenreduzierung von 37 Prozent. Auch hier zielt man auf Nutzfahrzeuge ab und genau dafür hat man für 2026 eine Zelle angekündigt, die haltbarer und günstiger sein soll als vergleichbare Dieselmotoren. Dazu passend werden standardisierte Tanks angeboten und auch zum Thema Elektrolyse gibt es was im Angebot. Cool hierbei ein Projekt in Thailand, das mit Biogas – gewonnen aus Hühnermist und Essensresten – H2 erzeugt. Aber Österreich? Bei Pkw sieht es vorerst mau aus. Wir haben bei Toyota angefragt, wie es mit den Mirai-Fahrern nun weitergeht: „Wir sind uns bewusst, dass bestimmte Mirai-Kunden in Österreich aufgrund der künftigen Schließungen von Wasserstofftankstellen möglicherweise Probleme beim Betanken haben. Allerdings wird es vermutlich alternative Betankungsmöglichkeiten für Kunden geben.“ Konkreter wurde man beim Thema Nutzfahrzeuge und brachte ein Beispiel aus Frankreich vor, wie ein derartiges Ökosystem funktionieren kann: „Ein gutes Beispiel für einen Öko-Cluster ist HySetCo (französisches Start-up; Toyota ist einer seiner Anteilseigner). HySetCo betreibt mehr als 500 Wasserstofffahrzeuge und bietet Miet- und alle damit verbundenen Dienstleistungen an. Das Unternehmen verfügt über ein Netz von acht Wasserstofftankstellen in der Region Île-de-France, die monatlich mehr als 30 Tonnen Wasserstoff liefern.“
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