Eine aktuelle Studie offenbart die Verhaltensweisen derÖsterreicherinnen und Österreicher im Straßenverkehr. Statt
miteinander herrscht purer Egoismus, oft sind sich die Autofahrer
ihrer Fehler gar nicht bewusst.
Die Straßenverkehrsordnung sollte jedem Autofahrer in den Grundzügen
geläufig sein, immer mehr Autofahrer blenden das einst in der
Fahrschule Gelernte aber immer öfter aus. Jeder ist sich selbst der
Nächste, warum sollte man sich also im Stau hinten anstellen, wenn
man sich auch vorn in der Schlange reindrängen kann. Dass solche
Manöver mitunter gefährlich sind, wird in Kauf genommen, dass das
Verhalten höchst unsozial ist, interessiert offenbar nicht. Viele
Vergehen werden als Kavaliersdelikte abgehandelt, bei Dunkelgelb noch
über die Kreuzung zu fahren, gehört schon fast zum guten Ton. Die
Generali-Versicherung hat jüngst über 1.000 Autobesitzer zu ihrem
Verhalten und ihren Beobachtungen im Straßenverkehr befragt, mit
teils überraschenden Ergebnissen.
Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung als Sünde Nummer 1
Wer mit offenen Augen auf den Straßen unterwegs ist -nein, das sind
keineswegs alle Verkehrsteilnehmer -, den überrascht es wohl nicht
wirklich, dass das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung in der
Liste der Vergehen weit oben steht. Beinahe jeder Zweite der
Befragten gibt zu, selbst hin und wieder mit dem Handy am Ohr durch
die Gegend zu fahren, mit 64 %ist die Gruppe der unter
Dreißigjährigen besonders stark betroffen.
Ähnlich das Bild beim Thema Schnellfahren, 47 % treten das Gaspedal
öfter stärker durch als die StVO erlaubt. Auffällig ist auch hier
wieder der hohe Prozentsatz der Lenker unter 30 Jahren. Neben
drohenden Strafen ist auch der Vorteil bei
Geschwindigkeitsübertretungen zumeist ein sehr geringer.Für ein paar
Minuten Zeitersparnis einen oft deutlich höheren Verbrauch oder gar
Kopf und Kragen zu riskieren, steht schlichtweg nicht dafür.
Wahrnehmungsunterschiede
Interessanterweise nehmen die Befragten gefährliche Manöver wie das
Einfahren bei Gelb oder Rot in eine Kreuzung, die Missachtung des
Rechtsvorranges oder das Fahren ohne Licht in der Dämmerung sehr
gelassen hin. Aufreger sind ausgerechnet jene Dinge, die deutlich
weniger Gefahrenpotenzial in sich bergen. 68 %finden jene
Verkehrsteilnehmer besonders nervig, die sich über alles aufregen und
wild hupend ihrem Ärger freien Lauf lassen. Mehr als zwei Drittel
missfällt die Nichtbeachtung des Reißverschluss-Systems, das offenbar
viele Autofahrer nach wie vor nicht verstanden haben.
Tatort Autobahn
Gerade auf Autobahnen ist die Liste der Vergehen sehr lang.
Gefährliche Manöver beginnen bereits auf dem Beschleunigungsstreifen.
Wie der Name schon verrät, dient er dazu, das Fahrzeug zu
beschleunigen und sich danach in den gleich schnell fahrenden
Fließverkehr einzureihen. Die Praxis sieht leider anders aus.
Langsame Autos scheren oft sofort auf die Autobahn aus, was wieder
schnellere Autos zu Ausweich-oder Bremsmanövern zwingt, Unfälle sind
keine Seltenheit.
Rechtsfahrgebot gilt auch auf mehrspurigen Autobahnen
Dass niemand gerne im Stau steht, liegt auf der Hand. Besonders unter
Zeitdruck stehende Berufskraftfahrer möchten flott vorankommen.
Leider ist in Österreich, aber auch in anderen Ländern das
Rechtsfahrgebot offenbar völlig in Vergessenheit geraten. Was auf
zweispurigen Autobahnen noch einigermaßen funktioniert, scheitert auf
drei-oder gar vierspurigen Abschnitten völlig. Dass man des Öfteren
aufder äußerst rechten Fahrspur am Schnellsten vorankommt, ist
bezeichnend. Die "Mittelspurfahrer" argumentieren, dass die linke
Spur ja ohnedies frei ist und man rechts permanent wegen Lkws die
Fahrbahn wechseln müsste. Dass der Verkehrsfluss dadurch vor allem
bei höherem Verkehrsaufkommen massivgestört wird, merken diese Leute
offenbar nicht. Was sich auch mit der Selbsteinschätzung der
Befragten deckt. 61 % ärgern sich zwar über die Linksfahrer, nur 13
%gestehen aber ein, selbst diesen Fehler hin und wieder zu begehen.
Projekt Rettungsgasse gescheitert?
Als die ASFINAG Ende des Vorjahres die Rettungsgasse vorgestellt hat,
waren viele skeptisch. Was in der Theorie zugegeben gut klingt,
funktioniert in der Praxis leider schlecht bis gar nicht. Gut
ausgebaute, dreispurige Autobahnen mit großzügigem Pannenstreifen
verkommen bei Unfällen teilweise zu -inklusive des Pannenstreifens
-vierspurigen Parkplätzen, wo die Rettungskräfte in Folge vermutlich
länger zur Unfallstelle brauchen als vor der Rettungsgassen-Regelung.
Für viele Autofahrer ist die Hemmschwelle, auf den Pannenstreifen
auszuweichen oder diesen gar langsam zu befahren offensichtlich zu
groß. Erst wenn einer mit der Bildung der Rettungsgasse beginnt,
ziehen andere auch nach. Ein zusätzliches Problem sind ausländische
Autofahrer, die von der Rettungsgasse nichts wissen und auch die
zahlreichen, gut gemeinten, aber deutschsprachigen Hinweisschilder
nicht lesen können. Pkw-wie Lkw-Fahrer freuen sich über das Spalier,
das sich bildet und nutzen die Lücke zu ihren Gunsten.
Im Dienste der Sicherheit
An der Nase sollten sich aber nicht nur viele Autofahrer, sondern
auch die Exekutive nehmen. Statt sich mit der Laserpistole oder
mobilen Radargeräten an Orten zu verstecken, die der Maximierung der
Einnahmen dienen, wären Maßnahmen dort sinnvoll, wo sie wirklich der
Verkehrssicherheit oder dem Verkehrsfluss dienen. Und verdienen
könnte man dort ohne Frage ebenfalls gut.
Zum Abschluss noch ein positiver Trend der Generali-Studie: Die
Bereitschaft, für Fahrerassistenzsysteme Geld auszugeben, ist in
letzter Zeit stark gestiegen, was letztlich wieder der Sicherheit auf
unseren Straßen zugute kommt.