Auch wenn der ganz große Durchbruch der E-Mobilität noch aussteht,
für Smatrics-Geschäftsführer Dr. Michael-Viktor Fischer ist das nur
noch eine Frage der Zeit. Wir haben mit ihm über das Ladenetz,
Infrastruktur bei Firmen, 350-kW-Stationen und den OMV-Einstieg
gesprochen.
Mit der Steuerreform 2016 erlebte die E-Mobilität einen zumindest
kleinen Boom in Österreich, 2017 sind die Zuwachsraten aber nicht
ganz so wie erwartet. Was sind die Gründe dafür?
Auch wenn es in vielen Fällen zwar rational gesehen eigentlich kein
Argument ist, bleibt die Reichweite nach wie vor in den Köpfen der
Leute. Und viele aktuelle Modelle liegen eben noch unter der
psychologisch wichtigen Schwelle. In absehbarer Zeit werden aber
E-Autos mit Reichweiten von 500 und mehr Kilometern auf dem Markt
sein, dann gehen wir davon aus, dass die Akzeptanz spürbar steigen
wird. Und wenn man sich die Aussagen der Hersteller auf der IAA in
Frankfurt so ansieht, rollt da ja eine richtige Welle neuer
Elektroautos auf uns zu, was mich natürlich sehr freut.
In absehbarer Zeit gewinnt dasöffentliche Ladenetz von Smatrics also
weiter an Bedeutung, wie viele Ladestationen umfasst es aktuell?
Wir haben derzeitüber 400 Ladepunkte, mehr als 200 davon ermöglichen
Highspeed-Laden mit einer Leistung von 43 beziehungsweise 50
Kilowatt. Wir sind damit als einziger Anbieter österreichweit so
aufgestellt, dass auf Autobahnen oder in Ballungszentren circa alle
60 Kilometer eine Schnellladestation steht.
Es ist zwar noch Zukunftsmusik, aber die Automobilhersteller haben
bereits Studien von Fahrzeugen gezeigt, die noch deutlich schneller
laden können. Wie reagiert Smatrics darauf?
Nun, so weit entfernt ist diese Technologie für uns gar nicht mehr.
Wir werden noch 2017 die erste Ladestation mit bis zu 350 Kilowatt
eröffnen, 2018 folgen weitere Standorte. Die technischen
Herausforderungen für solche Standorte sind natürlich enorm, wir
benötigen zum Beispiel einen eigenen Trafo und eigene Leitungen, um
diese Leistunganbieten zu können.
Wie viele Kunden hat Smatrics eigentlich aktuell?
Wir zählen aktuell 7.000, was umgelegt auf die reinen E-Autos im
Bestand der Hälfte aller Fahrzeuge entspricht.
Gibt es Statistiken, wie häufig diese Kunden öffentlich an Ihren
Stationen und privat beziehungsweise betrieblich aufladen?
Zu 20 Prozent werden unsereöffentlichen Ladestationen genutzt, 80
Prozent werden zu Hause oder am Arbeitsplatz geladen.
Wir sehen daher auch großes Potenzial bei der Infrastruktur abseits
des öffentlichen Raumes, wo wir mit unserem Know-how und unseren
Produkten zur Seite stehen.
Etwas provokant gefragt, aber braucht es daüberhaupt einen Anbieter
wie Smatrics? Die Installation wird doch vielfach von den Firmen
selbst durchgeführt.
Eine berechtigte Frage! Unserer Erfahrung nach ist das Errichten und
Betreiben einer Ladestation aber oftmals einfach mehr, als nur einen
Anschluss vom Stromnetz zur Wallbox herzustellen. Wir gewährleisten
nicht nur die richtige Ladekapazität, sondern kümmern uns auch um den
Support. Gibt es ein Problem mit der Ladestation, können wir vielfach
schon mittels Fernzugriff helfen oder zumindest rasch einen Techniker
entsenden, auch Firmware- Updates oder ein Ladereporting sind kein
Problem.Aber auch das Thema "managed infrastructure" gewinnt stetig
an Bedeutung, vor allem bei Firmen.
Können Sie uns da ein Beispiel nennen?
Nehmen wir etwa ein Unternehmen, das sich aus wirtschaftlichen
Gründen für einen Fuhrpark aus Elektro-Lieferwagen entschieden hat.
Im Regelfall kommen diese Autos nach Dienstschluss alle relativ
gleichzeitig zurück zur Firma, um dort geladen zu werden. Nun könnte
man zwar einfach alle Fahrzeuge anstecken und gleichzeitig laden, der
Energieverbrauch würde aber immer zu dieser Zeit sprunghaft ansteigen
und der Energieversorger würde dafür ein zusätzliches Entgelt
verlangen, das sich schnell auf mehrere tausend Euro summieren kann.
Wir würden in diesem Fall dafür sorgen, dass die Fahrzeuge langsamer
oder auch nacheinander so geladen werden, dass dieAkkus am nächsten
Tag voll sind, schließlich werden die Autos in der Nacht ohnedies
nicht bewegt. Für Firmen, die auf kürzere Ladezeiten angewiesen sind,
haben wir mit einer Professional BOX, die mit Gleichstrom
funktioniert, ebenfalls eine attraktive Lösung im Programm. Somit
können alle Elektroautos, die über einen CCS- oder CHAdeMO-Stecker
verfügen, bis zu 24 Kilowatt laden, mit Wechselstrom würde der
Ladevorgang bei vielen Autos mehr als doppelt so lange dauern.
Die Dauer des Ladevorgangs ist ja generell ein großes Thema, was
macht wo überhaupt Sinn?
Imöffentlichen Bereich an Autobahnen muss es natürlich möglichst
schnell gehen, daher konzentrieren wir dort auch die Highspeed-Lader.
In Parkhäusern - wo man ohnedies zumeist etwas länger steht - reichen
aber beschleunigte Stationen mit zum Beispiel 22 Kilowatt, das selbe
gilt auch für viele Firmen. Und wenn das Auto zu Hause über Nacht an
der Wallbox hängt, dann genügt für die meisten Fahrzeuge auch eine
Kapazität von elf oder 3,7 Kilowatt, um in der Früh mit vollem Akku
wegzufahren.
Vor Kurzem hat die OMV einen Einstieg bei Smatrics beschlossen, auf
den ersten Blick ein ungewöhnlicher Schritt.
Wir sind sehr stolz darauf und sehen das als Zeichen, dass wir in die
richtige Richtung arbeiten. Der Einstieg des führenden
österreichischen Mineralölunternehmens zeigt, dass Smatrics der
ideale Partner für die Mobilität der Zukunft ist. Wir wollen die
Marktführerschaft in Österreich und darüber hinaus ausbauen, Ziel ist
ein grenzenloses, elektromobiles Reisen in ganz Europa.