Prof. Dipl.-Ing. Dr. Bernhard Geringer ist Dekan der Fakultät für
Maschinenwesen und Betriebswissenschaften an der TU Wien. Er gilt
international als einer der renommiertesten Experten für Fahrzeug-und
Motorentechnik.
Nach den wegweisenden politischen Richtungsentscheidungen der letzten
Wochen in Brüssel -aber auch in Österreich -kontra Ethanol und
Biokraftstoffe der ersten Generation stellt sich die Frage, wie es
weiter gehen soll. Versachlichte Diskussionen, aber insbesondere
Forschungs-und Investitionsbereitschaft sind die Schlüssel zu einem
allgemein akzeptierten Lösungsweg und somit zu einer nachhaltigen
Mobilität.
Richtungswechsel in der EU
Nach den langenöffentlichen und weithin emotionalen Diskussionen
quer durch die gesellschaftlichen und politischen Institutionen der
letzten Monate wurden von der EU wesentliche neue Gesichtspunkte in
die leidige Diskussion "Tank versus Teller" eingebracht. Bis dato
gilt eine Richtlinie, laut der alle Mitgliedsstaaten verpflichtet
sind, bis 2020 mindestens 10 Prozent des Verkehrstreibstoffes aus
erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Nun soll dieser Anteil auf 5
Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Transportsektor gesenkt
werden. Verwendet werden sollen künftig nur noch solche Kraftstoffe,
die mindestens 30
Prozent weniger CO 2-Belastung verursachen als Benzin. Weil dann auch
die Auswirkungen der indirekten Landnutzung berücksichtigt werden,
dürfte vor allem der Import von Palmöl künftig wegfallen. Schon jetzt
ist der Einsatz von Palmöl und anderen Produkten in Biokraftstoffen
verboten, wenn dafür direkt Tropenwälder abgeholzt werden.
Fest steht: Können die Biorohstoffe (real oder nur theoretisch) auch
als Nahrung oder Futtermittel verwendet werden so macht sich eine
Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern auf -egal, ob dies überhaupt
sachlich gerechtfertigt ist. Um dieser ethischen Fragestellung
komplett auszuweichen setzt sich nun ein vernünftiger Gedanke durch:
Nicht Biokraftstoffe, die auf Früchten von Pflanzen als Rohstoffbasis
wie Mais, Zuckerrüben, Getreide oder Raps aufsetzen, sondern solche
aus biogenen Restoder Abfallstoffen, Mikroorganismen oder überhaupt
synthetische Kraftstoffe aus regenerativer Energie und chemischen
Basisstoffen stehen im aktuellen Focus der Bestrebungen.
Die Fahrzeugindustrie und die Energieversorger nehmen diesen komplett
anderen Weg interessiert auf: Während die bisherige erste Generation
an Biokraftstoffen wahrscheinlich bei den derzeitigen 5 Prozent
Beimischungsanteil eingefroren wird, setzt man neuen Rohstoffen und
Technologien keine Grenzen. Über sie könnten höhere Beimischungen bis
hin zu einem langfristig möglicherweise vollständigenErsatz des
fossilen Anteils erreicht werden.
Aus biogenem Reststoff, Abfall oder speziell gezüchteter Biomasse aus
Algen und anderen Mikroorganismen sowie alternativ über den Umweg der
Energiegewinnung aus regenerativen Quellen (Sonne, Wind, Wasserkraft
und so weiter) und Verstromung, Wasserstofferzeugung und schließlich
Methanisierung kann synthetischer Kraftstoff gewonnen werden. Diesstellt die Umkehrung der Verbrennung im Motor dar, bei der aus
Energie und Kohlendioxid plus Wasser wieder eine
Kohlenwasserstoffverbindung entsteht.
Der Weg dorthin ist für eine Breitenanwendung sicherlich noch lange.
Die weltweiten und intensiven Bemühungen hierzu zeugen aber von der
Notwendigkeit und dem Interesse, langfristig die Mobilität wirklich
nachhaltig und unabhängig von Nahrungsmitteln zu machen.
Den Weg weiter gehen
Das Fazit: Obwohl die bisherigen Bemühungen der Nutzung von
Biokraftstoffen nur einen Teilerfolg gebracht haben, so haben sie
auch gezeigt, dass der grundsätzliche Weg richtig ist. Anstatt der
Nutzung von Rohstoffen die auch der Ernährung dienen können, müssen
wir einen noch intelligenteren gehen, nämlich über synthetische
Verfahren und der Umkehrung der Vorgänge im Motor unter Nutzung
regenerativer Energie.