Welche Autos bot Wiens erste Shopping City?
| Dr. Nikolaus EngelDer Umbau des Wien Museum hat, sagt Archäologin Mag. Heike Krause, Fundamente der "Verkaufshallen auf dem Karlsplatz" freigelegt. Hinweise auf Fahrzeuggeschäfte finden sich in Zeitungen, im Wien Museum und im Wiener Stadt- und Landesarchiv.
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In den Kojen wurden dort Luxuswaren wie Schlafröcke, Hüte und Schirme, antike Uhren sowie Herren-, Damen- und Kinderschuhe angeboten. Eine der Kojen direkt an der Straßenfront war der Ausstellungsraum der Automobilfirma des Alois Grzesicki, der (bis zum Adelsaufhebungsgesetz 1919) offenbar den Titel "Ritter" trug. Grzesicki, im "Verordnungs-Blatt für Eisenbahnen und Schiffahrt" 1919 als Kapitän der Handelsmarine genannt, gründete gemeinsam mit Hans Perutz die "Wiener Automobilvermittlungs-Gesellschaft mbH". Die Firma bildete laut Neuem Wiener Tagblatt vom 18. August 1922 "in der Automobilbranche eine Zentralstelle", bei der "nur das Beste vom Guten Eingang findet". Der Bericht, der zwei Tage nach der Eröffnung der Verkaufshallen im Neuen Wiener Tagblatt erscheint, weist auf Grzesicki hin, der gleich zur Eröffnung der "einfach und vornehm ausgestatteten Verkaufshallen" für seine Automobilfirma "eine der geräumigsten Kojen zur Exposition" (= Ausstellung) "eleganter Kraftwagen mit französischen Coupés in prächtiger, gediegener Ausführung angemietet hat". Grzesicki bot, glaubte das Neue Wiener Tagblatt, auf der kleinen Fläche "sämtliche erstklassigen Automobilmarken sowie Autozubehör in besten Qualitäten", darunter nicht nur die "ersten, bestrenommierten heimischen Erzeugnisse", (Anm.: die aber über eigene Verkaufsstellen verfügten), sondern auch "bekannte Marken des Auslands" an.
Luxus des kleinen Mannes, sofern der noch Geld hatte
Die Firma Bagra, deren Zentrale sich in den Verkaufshallen (und die Garage in der Triesterstraße 73) befand, handelte mit "Phänomobilen" und Motorrädern. 1924 bot die Firma Sommaruga, Meyer&Co. Morgan-Dreiräder, Morgan-, OEC-Blackburne- und Brough-Superior-Motorräder sowie die leichten amerikanischen Durant-Autos an. 1925 zog Heinrich Horner mit seinem Handel mit Automaterial und Betriebsstoffen ein. Er durfte unter bestimmten behördlichen Auflagen 400 Liter Benzin und 100 Liter Mineralöl in der "Shopping City" am Karlsplatz lagern. 1926 wurde Ing. Karl Bernhard die Ausstellung eines Benzinmotors samt Kompressor und Dampfmaschine genehmigt. Da sich aber der erwartete Umsatz für die Verkaufsläden - in vielen Jahren der wirtschaftlichen Depression - nicht einstellte, zogen ab 1927 vermehrt Werkstätten ein: die Mechanikerwerkstatt der Handelsgesellschaft Fa. Pilis&Co. oder der Buchdrucker Ignaz Steinmann&Sohn. So kam es aufgrund der schlechten Wirtschaftslage zu einem Funktionswandel der Verkaufshallen. Die Verkaufsläden zogen aus. 1929 verschwand auch das Gasthaus und Barth&Co. produzierte Verbandstoffe. Ende 1933 wurde der Abbruch der Hallen genehmigt.