Mit einem Maximum an fragwürdiger Kreativität sind am 1. Juli viele
neue Fahrverbote in Kraft getreten. Betroffen sind davon aber neben
Lkws auch leichte Nutzfahrzeuge und Pickups.
Schon seit Jahren wird intensiv daran gearbeitet, dass alte
Lkw-Modelle Stück für Stück aus dem Verkehr gezogen werden. Gern als
Stinker bezeichnet, die uns die Luft zum Atmen nehmen, ist es einmal
mehr eine äußerst politische und damit auch recht unlogische
Vorgangsweise, mit der die Besitzer alter Lkws konfrontiert werden.
Anstatt einheitliche Regelungen in der ganzen EU zu forcieren oder
zumindest für ganz Österreich gültige Rahmenbedingungen zu schaffen,
kam es einmal mehr zum Alleingang einzelner Regionen. Wenig
überraschend hat dies anfänglich zu völliger Ignoranz und in weiterer
Folge zu völliger Verwirrung geführt.
Nicht neu
Im Prinzip gibt es in Wien bereits seit dem Jahr 2008 ein
Durchfahrtsverbot für alle Lkws, die vor dem 1. Jänner 1992 (Euro 0)
zum Verkehr zugelassen wurden. Interessiert hat dies bisher weder die
Besitzer solcher Fahrzeuge noch die Behörden, die auch bei
Schwerpunktkontrollen in der Regel nicht wussten, wie und vor allem
wen sie strafen sollten. Seit dem 1. Juli 2014 sind auch alle
Euro-1-Lkws von diesem Fahrverbot betroffen und ab dem 1. Jänner 2016
ist auch mit Euro-2-Lkws der Fahrbetrieb einzustellen. Die neueren
Verbote betreffen dabei nicht nur Wien, sondern auch mehr als 60
Gemeinden im Wiener Umland, die der Ordnung halber Ort für Ort in
einer Aussendung der WKO angeführt werden. An dieser Stelle muss die
Frage erlaubt sein, warum es nicht einmal gelungen ist, ganze Bezirke
von dieser Regelung zu überzeugen.
Sonderregelungen
Wie bei jederösterreichischen Regelung ist die Liste der
potenziellen Ausnahmen lang und voll von jeder Menge
Interpretationsspielraum. So haben Unternehmer mit insgesamt weniger
als vier Lkws gute Chancen, auch künftig mit Euro-0- bzw.
Euro-1-Fahrzeugen legal unterwegs zu sein (nur im Werksverkehr mit
Lkws bis 12 Tonnen Gesamtgewicht). Gleiches gilt für teure
Spezialfahrzeuge, Schausteller und diverse andere Sondergruppen.
Glücklich, wer hier seine spezielle Regelung findet, auch wenn ein
Spießrutenlauf durch diverse Behörden in jedem Fall unausweichlich
scheint.
Vielleicht wird mit dieser Regelung auch der Boom zur Tagesabmeldung
begründet. Schnell alle modernen Lkws abgemeldet und schon gibt es
eine Zulassung für die drei alten Reserve-Trucks. Am nächsten Tag
werden die neuen Lkws dann wieder angemeldet und schon ist wieder
alles wie vorher, nur dass der Staat eine Menge Geld durch
unerwartete Anmeldungen kassieren durfte. Dies nur als ein Beispiel
für die unzähligen Schlupflöcher, die dabei helfen sollen, die neue
Situation ohne wirtschaftlichen Ruin der Unternehmer in den Griff zu
bekommen.
Praxisuntauglich
Wer jetzt auf die Idee kommt zu meinen, wir fördern mit solchen
Anleitungen den Feinstaubausstoß in den aktuell von den Fahrverboten
betroffenen Gebieten - darunter auch das dem täglichen
Treibstoffregen ausgesetzte Schwechat -muss sich überlegen, wie viel
Sinn diese Fahrverbote in der Praxis machen. Kein Unternehmer, dessen
Fahrzeuge ständig im Einsatz sind, wird einen Lkw knapp 20 Jahre
wirtschaftlich einsetzen. Entspräche dies doch einer Laufleistung
zwischen zwei und drei Millionen Kilometer. Im Prinzip entsprechen
die Benutzungsverbote nach IG-L somit einer Zwangsenteignung. Damit
werden die Gebrauchtwagenwerte auf den Schrottwert gedrückt, ein
betriebs-und volkswirtschaftlicher Schaden, den jeder Lkw-Besitzer zu
tragen hat.
Auch Private betroffen
Noch viel schlimmer, weil frei von Lösungsvorschlägen, ist die
Situation für Privatpersonen. Da die neuen Fahrverbote für Lkws aller
Gewichtsklassen gelten, ist der Alltags-Pickup vom Fahrverbot genauso
ausnahmslos betroffen wie der Golf, der ursprünglich mal als Lkw
zugelassen wurde. Jene Pickup-Eigner, die einen alten Doppelkabiner
besitzen, stehen aktuell Schlange bei den Typisierungsstellen, um aus
dem Lkw einen Pkw zu machen. Das kostet zwar, bringt der Umwelt
schlussendlich aber keinerlei Vorteile. Wer den gleichen Pickup mit
nur zwei Türen besitzt, kann diesen hingegen nur zum Wohnmobil
umbauen lassen, verkaufen oder verschrotten. Was zusätzlich bleibt,
ist einfach abzuwarten, bis nach 30 Jahren der Oldtimer-Status
erreicht ist und das eigene Fahrzeug auch als erhaltungswürdig
eingestuft wird. Dann darf natürlich wieder nach Herzenslust gefahren
werden, auch ganz privat.
Mitunter existenzbedrohend
Zusammenfassend betrachtet lösen die neuen Fahrverbote die
Feinstaubproblematik in keiner Art und Weise, zumal der Lkw-Verkehr
schon bisher nur einen sehr geringen Anteil an der zweifelsfrei
unerfreulichen Belastung hatte. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten
werden jetzt einige Unternehmer ihrer Existenz beraubt, nur damit
irgendwer kurzzeitig ein grünes Fähnchen schwingen kann.