Der Diesel ist während des Sommers wieder einmal zu einem politisch
heißen Eisen geworden: Erneut stand die Idee einer Erhöhung der
Mineralölsteuer im Raum.
Mit der alten Idee, die steuerlichen Vorteile von Diesel gegenüber
Benzin abzuschaffen, hat Landwirtschafts-und Umweltminister Andrä
Rupprechter Anfang August erneut eine Lawine losgetreten. Unter
anderem meinte er: "Diesel hat gegenüber Benzin immer noch einen
steuerlichen Vorteil. Das sollte es nicht mehr geben, weil es aus
umweltpolitischer Sicht nicht zu rechtfertigen ist." Seit mehr als
einem Monat bemühen sich die jeweiligen Befürworter oder Gegner der
Erhöhung von Steuern auf Dieseltreibstoff, nun mit Argumenten die
andere Seite zu überzeugen. Und das betrifft sogar die Koalition,
denn selbst Verkehrsminister Jörg Leichtfried ließ seinemMinister-Kollegen ausrichten, dass er nichts von Einzelmaßnahmen
halte, sondern eine "öko-soziale Steuerreform" anstrebe, die "die
Gesamtbelastung nicht weiter erhöhen dürfe".
Das sind die Fakten
InÖsterreich fahren Lkw, Traktoren und sämtliche andere
Nutzfahrzeuge fast ausschließlich mit Diesel und auch rund die Hälfte
der 4,1 Millionen Autofahrer bevorzugt Fahrzeuge mit einem
Selbstzünder-Motor. Einer der Hauptgründe, warum das so ist, liegt
neben dem geringeren Verbrauch auch bei dersteuerlichen
Vergünstigung von Dieselkraftstoff. Diese wurde in den wirtschaftlich
schwachen Zeiten Österreichs als Steuerinstrument eingeführt, um das
Wirtschaftswachstum anzutreiben. Wenig überraschend -und absolut
verständlich -ist also die Argumentation von Vertretern der
Wirtschaft, die gegen die Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel
sind. Denn diese würde eine deutliche Mehrbelastung beim Betrieb von
Fahrzeugen mit sich bringen -egal ob Nutzfahrzeuge, Flottenautos oder
Arbeitsgeräte.
Ing. Mag. Alexander Klacska, Verkehrsexperte der Wirtschaftskammer,
meinte außerdem gegenüber Medien, dass die vom Fiskus erwarteten
Mehreinnahmen ausbleiben würden. Als Beispiel führte er die letzte
Erhöhung der Mineralölsteuer im Jahr 2011 an, bei der laut einer
Studie der WKO die erwarteten Einnahmen statt 417 Millionen Euro nur
160 Millionen betrugen, da ein großer Anteil der Einnahmen aus dem
Tanktourismus weggebrochen ist. Würde man den Steuervorteil bei
Diesel nun komplett streichen, könnte laut Klacska nicht nur die
erwartete Einnahmensteigerung ausbleiben, sondern sich das ganze
Vorhaben ins Negative drehen, da der für rund eine Milliarde an
Steuereinnahmen verantwortliche Tanktourismus gänzlich ausbleiben
könnte.
Autofahrer schon jetzt Melkkuh
Ein weiteres Argument ist die schon jetzt erhebliche Belastung für
alle, die Fahrzeuge betreiben. "In den vergangenen elf Jahren wurden
die Steuern rund ums Auto bereits elf Mal erhöht. Wer weiter an der
Steuerschraube dreht, hemmt nicht nur die individuelle Mobilität
immer breiterer Bevölkerungsschichten. Er vergisst auch, dass
hierzulande jeder neunte Arbeitsplatz vom Auto abhängt", gibt der
Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels Burkhard Ernst zu bedenken.
Er weist auch darauf hin, dass die Argumentation der Umweltschützer
vom Wegfall der CO2- und Stickstoffemissionen durch den Tanktourismus
nur bis zum eigenen Tellerrad reicht: "Wenn der steuerliche Vorteil
für ausländische Autofahrer und Fuhrparkbetreiber wegfällt, tanken
diese eben anderswo. Die Abgase werden damit so oder so in die Luft
geblasen, denn bekanntlich machen CO2 und Partikel nicht an den
Staatsgrenzen halt." Auch seitens des ÖAMTC, mit rund zwei Millionen
Mitgliedern dergrößte Automobilclub Österreichs, sieht man den
Sachverhalt ähnlich. Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC
Interessenvertretung und Kommunikation: "Österreich hat beim Pkw -auf
den Personenkilometer gerechnet -bereits jetzt die zweithöchste
Abgabenquote in der EU. Es wäre absolut unverantwortlich, in der
derzeitigen wirtschaftlichen Situation noch weiter an der
Steuerschraube zu drehen." Im Bezug auf den Wegfall des Tanktourismus
findet Wiesinger in Richtung Umweltminister Rupprechter deutliche
Worte: "Wer eine signifikante Steuererhöhung auf Diesel, der bereits
jetzt mit ungefähr 55Prozent besteuert ist, fordert, hat weder ein
Verständnis für steuerliche Zusammenhänge noch einen Plan für eine
nachhaltige Mobilitätswende."
Unterschiedliche Ansichten in Sachen Umwelt
Auch beim Thema Umweltschutz gehen die Meinungen auseinander. Während
man seitens der Fahrzeughersteller bei Dieselfahrzeugen mit
geringerem Verbrauch und weniger CO2-Ausstoß im Gegensatz zu
Benzinern argumentiert, gibt es laut Rupprechter "aus
umweltpolitischer Sicht" keinen Grund, den Dieselsteuervorteil
aufrecht zu erhalten. So würden Dieselfahrzeuge zwarweniger CO2
ausstoßen, dafür aber deutlich mehr Stickoxide emittieren.
Das sagen die Flottenprofis
Ing. Mag. Christian Rötzer, Geschäftsführer der TÜV Automotive
Austria GmbH, meint zur allgemeinen Debatte: "Ich kann
nachvollziehen, dass die steuerliche Sonderbehandlung von Diesel
diskutiert wird. Wichtig ist, hier zu erkennen, dass es für die
Fahrzeugbetreiber vor allem um die Gesamtkostenbelastung geht. Man
muss also auf der anderen Seite eine entsprechende Erleichterung
schaffen, egal wie diese aussieht. Denn der Punkt ist, dass im Moment
die gewerblichen als auch die privaten Fahrzeugbetreibern unter der
Abgabenlawine stöhnen."
Henning Heise, Geschäftsführer von heise fleetconsulting, sieht die
Sache ähnlich: "Für die Fuhrparks wäre das eine weitere Verteuerung
der Gesamtkosten. Manche Firmen könnten aus Frust wegen den dauernden
Steuererhöhungen daher in Zukunft auf Dienstautos verzichten und
wieder auf Kilometergeld umsteigen. Dadurch könnte sich langfristig
ein Nachteil aus umweltpolitischer Sicht ergeben, da die Leute ihre
Privatautos länger nutzen und Fahrzeuge mit moderner Motortechnologie
später zum Einsatz kommen, was zu mehr Schadstoffausstoß und
Umweltbelastung führen wird." Allzu groß würden die Auswirkungen
einer höheren Dieselsteuer auf die TCO allerdings nicht sein, da
"viele Dienstwagenfahrer bereits jetzt schon kaum auf die Preise an
der Zapfsäule achten und etwa häufig den teuren Sprit an der Autobahn
tanken".