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Der Kartell-Schaden und seine Folgen

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Im Juli wurde das Urteil gegen die namhaften Mitglieder des Lkw-Kartells verhängt, nun sind die beteiligten Firmen verpflichtet, den Käufern adäquaten Schadenersatz zu leisten. Wir haben uns umgehört, wozu namhafte Experten raten.

Wie, wo und mit wem kann ein geschädigter Lkw-Käufer am besten seine Ansprüche gegen das Lkw-Kartell geltend machen? Das war das Thema einer Informationsveranstaltung, zu der Alexander Klacska, Spartenobmann Transport und Verkehr, am 10. Jänner alle Betroffenen in die Bundeswirtschaftskammer eingeladen hatte. Zu den von FLOTTE&Wirtschaft bereits im Dezember aufgezeigten Möglichkeiten haben sich noch einige interessante Alternativen ergeben. "Wir schätzen die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Fahrzeugindustrie. Aber wir haben zu informieren", war Klacska als "Hausherr" um strikte Neutralität bemüht. Einigkeit herrschte jedenfalls darüber, dass es eine Absprache der Bruttopreise gegeben hatte und dass die Kartellbuße von 2,93 Milliarden Euro einen neuen EU-Rekord gebracht hat. Unklar blieb jedoch, wie hoch der durch die Preisabsprachen verursachte Schaden ist.

Gar keine Schädigung?

"Wir sehen gar keine Schädigung. Wir hatten im Wettbewerb dazu gar keine Möglichkeit", verweist MAN-Prokurist Mag. Franz Weinberger als Sprecher der Lkw-Produzenten auf die mehr als 200 Lkw-Verkäufer, "die sich täglich gegenseitig die Aufträge abgejagt haben". Die von den Rechtsanwaltskanzleien kolportierten Schadenssummen müssten aus seiner Sicht auch als Bilanzgewinne der Kartellanten aufzufinden sein. "Was die da einfordern, haben wir nie verdient", spielten aus seiner Erfahrung die von den Wettbewerbshütern angeprangerten Bruttopreislisten in der Praxis überhaupt keine Rolle. Er sieht daher auch keine Anzeichen, dass sich das Preisniveau seit Ende des Kartells signifikant geändert hat.

Recht auf Schadenersatz

"Jeder Käufer ist gegen jeden Kartellanten zum Schadenersatz berechtigt", bringt der Ulmer Kartellrechtsspezialist Professor Christian Langbein die rechtliche Ausgangslage auf einen kurzen Nenner. Es ist daher ohne Relevanz, ob der Lieferant ein Großhändler oder direkt eine Konzerntochter war oder ob essich um ein Leasinggeschäft gehandelt hat. Alle Spezialisten sind sich auch einig, dass aufgrund der neuen EU-Kartellschadenersatzrichtlinie ein Nachweis eines Verschuldens der Kartellanten nicht mehr erforderlich ist. Die Käufer brauchen sich nur auf den EU-Bußgeldbescheid berufen, der von der Kommission noch im Februar veröffentlicht werden dürfte.

Wie sehr drängt die Zeit?

Ab diesem Zeitpunkt beginnen auch die Verjährungsfristen zu laufen. Insgesamt war das Kartell von 1997 bis 2011 aktiv. Für Langbein ist es daher wichtig, bereits bis spätestens Mitte des Jahres aktiv zu werden. Denn der beliebteste Einwand aller Kartellanten ist, dass der Anspruch bereits verjährt sei. Weshalb diese auch immer versuchen, Klagen der Geschädigten so lang wie möglich durch Verhandlungen und Vertröstungen zu verzögern. Für seinen Wiener Anwaltskollegen Dr. Stephan Polster wird die Sache nicht so heiß gegessen wie gekocht. Für die in Österreich eingeklagten Kartellschäden gelte österreichisches Recht. Da beginnt die dreijährige Klagsfrist erst mit Kenntnis des Schadens und des Schädigers zu laufen. Ein Schaden müsse daher erst binnen drei Jahren ab Veröffentlichung des EU-Bußgeldbescheides eingeklagt werden.

Ökonometrische Berechnung des Schadens

Heikel ist jedenfalls die individuelle Schadensberechnung. Aus deutscher Sicht muss dafür eine ökonometrische Berechnung vorgenommen werden. Mit der wird anhand einer von einem Sachverständigen zu erstellenden Datenbank der hypothetische Einkaufspreis ohne Kartell dem damals tatsächlich bezahlten Preis abzüglich aller Rabatte gegenübergestellt. "Da sind dann auch versteckte Rabatte beim Eintausch des Gebrauchten zu berücksichtigen", glaubt Weinberger, dass bei einer exakten Berücksichtigung aller Rabattkomponenten ein Gutachten in vielen Fällen zum Ergebnis gelangen wird, dass "gar kein Schaden eingetreten ist".

Musterprozess abwarten

Anwalt Polster beurteilt dies naturgemäß optimistischer. Denn die neue EU-Rechtslage sieht ausdrücklich eine richterliche Schadensschätzung vor. Und dieses Ermessen wird von Österreichs Gerichten erfahrungsgemäß einer peniblen Erörterung jedes einzelnen Lkw-Einkaufes vorgezogen. Sinnvoll sei es daher, vorerst die Erfahrungen eines deutschen Musterprozesses abzuwarten. Danach können die österreichischen Kläger und die vom Gericht zu ernennenden Sachverständigen bereits diese Gutachten berücksichtigen.

Solidarhaftung

Der Wiener Anwalt Mag. Eric Breiteneder geht da noch einen Schritt weiter. Er nützt die Solidarhaftung aller Kartellanten, um mit Unterstützung eines holländischen Kollegen alle Kartellschäden -unabhängig vom jeweiligen Lieferanten - gegen DAF in Holland einzuklagen. "Die können sich dann untereinander regressieren". Diese Variante hat den Vorteil, dass sich dadurch keinösterreichischer Lkw-Käufer das Wohlwollen seines heimischen Stammlieferanten verscherzt. Von dieser Solidarhaftung ist nur MAN ausgenommen. Als "Kronzeuge" des Kartellverfahrens genießen die Deutschen das Privileg, ihre Fälle ganz individuell lösen zu können, ohne für die Kartellschäden der anderen Kartellanten zu haften.

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