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Der Preis ist heiß

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CO2 ist das neue Gold. Zumindest bei den Steuereinnahmen der EU. Schließlich drohen sowohl den Mitgliedsstaaten als auch den Autoherstellern in den nächsten Jahren Strafen in Milliardenhöhe, - sofern sie die CO2-Reduktionsziele verfehlen. Die angedachte "ökosoziale Steuerreform" der neuen Regierung könnte aber für Staat und Autoindustrie sogar zur Win-win-Situation werden.

Norwegen, Schweden, Finnland, Irland, Großbritannien, Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Spanien, Portugal, Malta, Slowenien, Estland, Lettland, Polen und die Schweiz: All diese Länder haben CO2-Emissionen bereits besteuert. Der Preis beträgt dabei pro Tonne zwischen zwei (Estland) und 115 Euro (Schweden). Auch in Österreich wurde im neuen türkis-grünen Regierungsprogramm festgelegt, dass im Zuge einer ökosozialen Steuerreform "klimaschonendes Verhalten gefördert und Emissionen bepreist" werden sollen.

Taskforce skizziert Szenarien

Das Wort "CO2-Steuer" wird zwar nicht explizit erwähnt, aber das Regierungsprogramm enthält eindeutig ein Bekenntnis zur "Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen" ab 2022. Welches Modell für eine "CO2-Bepreisung" gewählt wird (feststehende Abgaben oder nationaler Emissionshandel oder eine Kombination von beidem) wurde bisher nicht entschieden. Hierzu soll in den nächsten Wochen eine "Task Force" unter Leitung des Umwelt- und des Finanzministeriums eingesetzt werden, die mögliche Szenarien ausarbeiten soll. Klar ist jedoch: Die Normverbrauchsabgabe (NoVA) wird wohl erneut neu berechnet werden, wobei der Deckel von 32 Prozent für besonders emissionsstarke Autos zweifellos fallen wird. Darüber hinaus will sich die Regierung für die internationale Besteuerung von Flugkerosin und Schiffsdiesel sowie für die Einführung von CO2-Zöllen bei der EU einsetzen. Weiters sollen auch die Lkw-Maut und die Pendlerpauschale laut Regierungsprogramm "ökologisiert" werden. Kurzum: Wer Fahrzeuge mit wenig CO2-Emissionen besitzt und bewegt, muss sich weniger Sorgen machen. Wer hingegen verbrauchsstarke Autos im Fuhrpark hat, der wird künftig sowohl bei der Anschaffung als auch beim Betrieb tiefer in die Taschen greifen müssen.

Vorreiter beim Klimaschutz

Wieso tut der Staat das? Der türkis-grüne Koalitionsvertrag sieht vor, dass Österreich bis 2040 komplett klimaneutral werden soll. Als Zwischenziel hält die Regierung an der hundertprozentigen Versorgung mit Ökostrom bis 2030 fest, was auch schon Türkis-Blau anvisiert hat. Damit möchte die Alpenrepublik zum Vorreiter beim Klimaschutz in Europa werden und - der Grund ist nicht weniger wichtig - die CO2-Strafzahlungen in Milliardenhöhe vermeiden beziehungsweise verringern. Und da geht es um volkswirtschaftlich relevante Summen: Laut Berechnungen des Umweltbundesamtes werden nämlich bei der Verfehlung der CO2-Einsparungsziele bis 2030 mehr als 6,6 Milliarden Euro fällig. Doch nicht nur die EU-Staaten haben kein Interesse an CO2-Strafzahlungen, auch die Fahrzeughersteller wollen sie auf jeden Fall vermeiden. Schließlich werden auch die ordentlich zur Kasse gebeten, wenn sie 2021 das CO2-Flottenziel von 95 g/km nicht erreichen. Laut einer aktuellen Analyse von PA Consulting, einem globalen Beratungsunternehmen, wird das jedoch keiner der 13 führenden Hersteller schaffen.

Mehr Emissionen

So werden laut ihren Berechnungen aufgrund der Verfehlung der EU-CO2-Emissionsziele 14,6 Milliarden Euro fällig. Grund dafür ist vor allem die ungebrochene Nachfrage nach SUV sowie die steigende Beliebtheit von leistungsstarken Motoren auf Kundenseite. Ebenso ein Argument: Aufgrund des Diesel-Skandals gab es beim Kaufverhalten eine Verschiebung in Richtung Benziner - und die haben nun mal einen Nachteil bei den CO2-Emissionen gegenüber den Selbstzündern. All das führte dazu, dass nach vier Jahren der CO2-Verringerung erstmals wieder ein Anstieg verzeichnet wurde. Michael Schweikl, Autor der Studie und Automobilexperte von PA Consulting, fasst in der Studie zusammen: "Einige Hersteller müssen mit Strafen rechnen, die Einfluss auf ihre Rentabilität und ihren Ruf haben. Volkswagen könnte wegen seines hohen Absatzvolumens in ganz Europa eine Strafzahlung bis zu 4,5 Milliarden Euro drohen. Gleichermaßen dürften frühere Top-Performer wie Renault-Nissan-Mitsubishi und Volvo nun Probleme bekommen. Selbst Toyota, der Marktführer bei Hybridfahrzeugen, dürfte sein Ziel knapp verfehlen."

Einfluss auf Rentabilität

PA Consulting bewertet jeden Hersteller anhand seiner CO2-Prognose für das Jahr 2021. Dabei kommt Toyota mit 18 Millionen Euro Strafe laut den Berechnungen noch vergleichsweise günstig weg. Deutlich härter trifft es neben VW etwa PSA (938 Millionen), Hyundai-Kia (797 Millionen), BMW (754 Millionen), Ford (1,46 Milliarden), Fiat-Chrysler (2,46 Milliarden), Jaguar Land Rover (93 Millionen), Mercedes-Benz (997 Millionen), Renault-Nissan-Mitsubishi (1,06 Milliarden) oder Mazda (877 Millionen).

Welchen Einfluss diese Summen auf die wirtschaftliche Rentabilität hat, zeigt eine weitere Berechnung von PA Consulting. So würden die 18 Millionen Euro Strafe für Toyota nur 0,1 Prozent des EBIT-Gewinns von 2018 ausmachen. Bei Mazda wären die 880 Millionen Euro jedoch 115,7 Prozent des Gewinns von 2018, bei Jaguar Land Rover sogar 404,3 Prozent des Überschusses von vor zwei Jahren. Doch auch bei FCA (49,5 Prozent), Ford (39 Prozent), VW (32,4 Prozent), Volvo (27,6 Prozent) oder Hyundai-Kia (28,9 Prozent) würde der Gewinn empfindlich schrumpfen - und damit auch Investitionen in alternative beziehungsweise effizientere Antriebe erschwert werden.

Win-win-Situation?

Dabei hängen beide Strafzahlungen zusammen und könnten den Herstellern sogar unter die Arme greifen. Ein Gedankenexperiment: Macht die Regierung in der Steuerreform und bei der Bepreisung von CO2 ernst, dann würden emissionsarme Fahrzeuge günstiger beziehungsweise emissionsstarke Autos empfindlich teurer werden. Damit würde sich der Bürger mit Otto-Normal-Börserl wohl auch verstärkt Elektro-, Plug-in- und Hybridfahrzeugen zuwenden - erst recht, wenn der Staat die Förderungen für die E-Kfz-Anschaffung sowie die Errichtung von Ladestationen im gleichen Zuge aufstockt, wie er konventionell betriebene Verbrenner mit hohem CO2-Ausstoß verteuert. Gelingt damit eine Veränderung im Kaufverhalten, dann würde die staatliche CO2-Bepreisung den Autoherstellern helfen, das eigene CO2-Ziel zu erreichen. In Summe würden dann sowohl der Staat als auch die Hersteller bei den Strafzahlungen besser aussteigen.

Rabatte für Sparsame

Für Fuhrparkbetreiber außerdem interessant: Aus der Branche hört man immer wieder, dass man die Rabatte an die von einem Unternehmen bestellten Fahrzeuge anpassen möchte. Sprich, nur wer für seine Flotte möglichst emissionsarme Fahrzeuge anschafft beziehungsweise emissionsreiche Fahrzeuge mit dem Kauf von zusätzlich emissionsarmen Autos kompensiert, soll weiterhin in den Genuss hoher Rabatte kommt. Noch hat sich kein Hersteller damit auf den Markt gewagt, angesichts der Strafprognosen sowie dem geänderten politischen Wind scheint es aber realistisch, dass dies 2020 passieren könnte.

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