Mit der Daimler-Tochter "car2go" wächst der Carsharing-Bestand in
Wien deutlich. Ab sofort können 500 smart fortwo flexibel wie nie im
Stadtgebiet der Bundeshauptstadt bewegt werden. Mit einem eigenen
Angebot nimmt man auch Firmenkunden ins Visier.
Gerade in Großstädten wie Wien wird das eigene Auto immer mehr
Menschen vermiest, wie die Erhöhung der Parkgebühren oder die
Ankündigung großflächiger Tempo-30-Zonen deutlich machen.
Alternativen gibt es zwar schon lange, doch viele Wege sind mit
öffentlichen Verkehrsmitteln nur mühsam zu bewerkstelligen, längere
Taxifahrten gehen gehörig ins Geld - und für unternehmerische
Mobilitätsansprüche kommt derlei ohnehin nicht in Frage.
Die Zeit ist also reif für neue Verkehrskonzepte, die mehr auf die
individuellen Bedürfnisse eingehen. Das Stichwort "Carsharing" ist
bereits seit geraumer Zeit in aller Munde, einer der Vorreiter war
Denzel Mobility mit über 50 Standorten. Ein ähnliches Konzept
verfolgt EasyMotion, wenngleich hier die Ähnlichkeiten zu einem
klassischen Autovermieter größer sind. Man kann sich smart oder Mini
auch stundenweise ausborgen, was die Flexibilität natürlich erhöht.
All diese Varianten haben aber eines gemeinsam, am Ende der Leihdauer
muss das Auto entweder an den Ausgangspunkt oder an eine
Niederlassung des Vermieters zurückgebracht werden.
"Einsteigen und losfahren"
Genau da setzt Newcomer "car2go" an, der für ordentlich frischen Wind
im Carsharing-System der Bundeshauptstadt sorgt; car2go ist ein
Tochterunternehmen von Daimler, daher überrascht es auch wenig, dass
hier Fahrzeuge von smart zum Einsatz kommen. 2009 erfolgte der
Startschuss im deutschen Ulm, seit 2010 gibt es auch eine Zweigstelle
in Austin (USA), 2011 kamen Hamburg und das kanadische Vancouver
hinzu. Seit Dezember 2011 ist car2go auch in Wien vertreten. Dass das
Ganze mehr als nur ein Pilotprojekt ist, zeigen nicht nur die 50.000
Kunden, die in den genannten Städten über 1.000 Fahrzeuge nutzen,
sondern auch die Tatsache, dassWien mit über 500 smarts die größte
Flotte vorweisen kann. Doch was unterscheidet car2go von anderen
Carsharing-Projekten? Der gravierendste Unterschied ist ohne Zweifel
das flexiblere Mietsystem, wie car2go-Geschäftsführer Robert Henrich
erklärt: "Bei car2go kann man einfach einsteigen und losfahren.
Unsere Kunden haben die Möglichkeit, ein Fahrzeug spontan zu mieten
-ohne vorherige Reservierung oder Festlegung des Rückgabezeitpunktes.
Sie können das Fahrzeug sogar einfach an ihrem Zielort abstellen und
müssen es nicht zum Ausgangspunkt zurückbringen."
Völlig neue Flexibilität
Es gibt also keine fixen Verleih-Stationen, die Autos sind in der
Wiener Innenstadt und dicht besiedelten Außenbezirken auf einer
Fläche von 80 Quadratkilometern ständig im Einsatz. Um die
car2go-Flotte nutzen zu können, muss man sich zunächst auf
www.car2go.com registrieren. Gegen eine einmalige Gebühr von 9,90
Euro bekommt man dann seine Member Card, die zugleich Schlüssel für
das Öffnen der Fahrzeuge ist. Dort meldet man sich am Touchscreen an
und schon kann die Fahrt losgehen. Grundsätzlich gibt es drei Tarife:
Der Minutenpreis liegt bei 0,29 Euro, die Stunde kostet 12,90 Euro,
die Tagesmiete kommt auf 39 Euro. Im Gegensatz zu klassischen
Mietautos sind hier bereits alle Kosten inkludiert, für den Sprit
ebenso wie für die Versicherung (500 Euro Selbstbehalt), Wartung
sowie die anfallenden Parkgebühren. Apropos Parken: Wer das Fahrzeug
zum Beispiel während eines Einkaufs nicht bewegt, die Miete aber
nicht unterbrechen möchte, der bezahlt in diesem Fall 0,09 Euro pro
Minute oder 5,40 Euro in der Stunde. Darüber hinaus fallen Kosten für
Stornierungen, Verlust des Schlüssels sowie der Bearbeitung von
Verkehrsstrafen an, die klarerweise an den Mieter weitergegeben
werden. Ebenfalls kostenpflichtig wird es, wenn das Fahrzeug stark
verschmutzt ist. Sollte der Tank bei derAnmietung auf Reserve
stehen, kann man ihn mittels Tankkarte wieder auffüllen und erhält
für den Aufwand eine Zeitgutschrift.
Suche per Smartphone
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie man zum nächstgelegenen
car2go-smart kommt. Wenig überraschend ist der einfachste Weg neben
der car2go-Website das Smartphone. Nach dem Download der
dementsprechenden App sieht man auf einen Blick alle verfügbaren
Fahrzeuge in der Nähe seines Standortes. Klickt man auf dieIcons,
bekommt man zudem Infos zum Reinigungszustand innen und außen sowie
zum Tankinhalt.
Hat man "sein" Auto gefunden, kann man es mit einer Vorlaufzeit von
15 Minuten reservieren oder auch spontan im Vorbeigehen anmieten.
Dabei muss man nicht festlegen, wie lange man das Fahrzeug nutzen
möchte. Das Auto kann jederzeit innerhalb des vordefinierten
Mietgebietes geparkt werden, die Mietdauer ist dann sofort zu Ende.
Ein eigenes Team sorgt dafür, dass die Autos gereinigt, betankt und
gewartet werden. Die Servicearbeiten werden bei smartNiederlassungen
durchgeführt.
Eigenes Angebot für Firmenfuhrparks
Auch Firmenkunden können das car2go-Angebot nutzen. Mittels eines
speziellen Firmenaccounts kann der sogenannte "Fahrer-Manager"
Mitarbeiter registrieren und Einblick in die Fahrtenübersicht nehmen.
Vor allem für jene Mitarbeiter, die nicht permanent auf ein Auto
angewiesen sind, sondern vereinzelte Fahrten unternehmen müssen,
können sich die im Verhältnis zu einem Firmenwagen niedrigeren Kosten
rechnen. Fixkosten gibt"s bei car2go keine, der administrative
Aufwand fällt gering aus.
Teilen statt besitzen
Wiens grüne Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria
Vassilakou plant eine zentrale Anlauf-und Koordinierungs-Stelle, um
künftig noch mehr Carsharing-Anbietern den Einstieg zu erleichtern.
Ob diese Rechnung aufgeht?
car2go zeigt sich wenige Wochen nach dem Start in Wien jedenfalls
zufrieden, mehrere hundert Interessenten hätten sich bereits
registriert. Drei Viertel der Kunden würden die Autos spontan ohne
Reservierung mieten, die Quote der Einwegfahrten soll mit 90 Prozent
ähnlich hoch sein wie in anderen Städten.