Unachtsamkeit im Straßenverkehr ist eine der Hauptursachen für
Verkehrsunfälle mit Personenschaden. Ein tragischer Unfall zwischen
einem Lkw und einem Schulbus, bei dem ein Kind getötet worden ist,
heizte die Diskussion über Handynutzung am Steuer weiter an.
Bei einem Symposium des AutofahrerklubsÖAMTC, das gemeinsam mit der
Ärztlichen Kraftfahrvereinigung Österreichs (ÄKVÖ) veranstaltet
wurde, beleuchteten Experten die Ursachen, diskutierten darüber und
forderten eine Schärfung des Gefahrenbewusstseins. "Die Unfallursache
Unaufmerksamkeit/Ablenkung wird zumeist mit dem Telefonieren am
Steuer gleichgesetzt," wie Generalmajor Martin Germ, Leiter
Verkehrsüberwachung im Bundesministerium für Inneres, im Rahmen des
Symposiums sagte. Dem sei jedoch nicht so, so Germ. Die Ursachen
seien vielfältig: "Das beginnt mit dem Rauchen, geht weiter über zu
Boden gefallene Gegenstände bisüber Essen, Trinken, Körperpflege,
Ablenkung durch Kinder, SMS-Schreiben während der Fahrt und endet bei
Ablenkung durch Navigations-oder Multimedia-Geräte und/oder eben auch
das Telefonieren."
Telefonieren nur eine Ursache von vielen
2012 habe die Ursachengruppe Unachtsamkeit/Ablenkung mit knapp 35
Prozent den größten Anteil ausgemacht, jedoch sei bei lediglich 20
von insgesamt 40.831 Verkehrsunfällen mit Personenschaden das Merkmal
"Telefonieren am Steuer" festgestellt worden. "Das entspricht einem
Anteil von 0,05 Prozent", so Germ. In die selbe Kerbe schlägt auch
ÖAMTC Chefjurist Martin Hoffer: "Werhinsichtlich Ablenkungen im
Straßenverkehr nur an das Handy denkt, kratzt bestenfalls an der
Oberfläche. Viele Verkehrsteilnehmer, nicht nur Autofahrer, werden
durch mangelndes Gefahrenbewusstsein zum Risiko für sich und andere."
Es sei daher höchst an der Zeit, darüber nachzudenken, dass
Verkehrsübertretungen mit Sach-und Personenschäden, die durch
Ablenkungen verursacht werden, schärfer als bisher geahndet werden.
"Juristisch gesprochen könnte jede Ablenkung, die zu einer
Verkehrsübertretung führt, als Herbeiführung besonders gefährlicher
Verhältnisse gewertet werden und somitzu wesentlich höheren Strafen
führen", so Hoffer. In diesem Sinn erinnert der Club auch an die
aktuelle Strafdrohung von 50 Euro an Ort und Stelle für das
Handytelefonieren. Trotz der 100.000 Beanstandungen pro Jahr für
Telefonieren am Steuer, bei denen an Ort und Stelle 50 Euro Bußgeld
kassiert werde, würden offenbar viele Lenkerinnen und Lenker offenbar
bedenkenlos weiter telefonieren, so der ÖAMTC Jurist.
Strafausmaß erhöhen?
"Wenn dieses Strafausmaß keinen ausreichend abschreckenden Charakter
hat, wird man über eine Erhöhung reden müssen." Weiters muss auch die
Frage erlaubt sein, ob jemand unmittelbar von der Polizei aufgehalten
werden muss, damit er bestraft werden kann. "Eine Anzeige aufgrund
eines Polizeifotos, das bei der Vorbeifahrtaufgenommen wurde, sollte
für die Verfolgung des Delikts ausreichen", so Hoffer. Der
Autofahrerklub appelliert in diesem Zusammenhang auch an die Politik,
im Rahmen von Maßnahmen und Aufklärungskampagnen zu signalisieren,
dass alle Formen der Ablenkung gefährlich sind. Ebenso gefährlich
können sich auch Schwächen in der Konstruktion, etwa im Bereich der
Autobusse, in Kombination mit Unfallgeschehen auswirken, wie Prim.
Univ. Prof. Dr. Harald Hertz, Ärztlicher Leiter
AUVA-Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler/Wien und Vizepräsident des
ÖAMTC, sagte.
Konstruktionsmängel bei Autobussen
Anlässlich des Unfalls zwischen einem Lkw und einem Schulbus in
Oberösterreich, bei dem ein Kind starb und mehrere schwer verletzt
wurden, weil der Lkw-Lenker durch sein Handy abgelenkt worden war,
sei die Konstruktion der Busse zu überdenken: "Ich habe mir die Mühe
gemacht und Busunfälle der letzten Jahre studiert, wobei sich
herausgestellt hat, dass es auffallende Parallelen gibt. In den
Bussen gibt es keine Verstärkungen, wodurch sich die Unfallgefahr für
die Mitfahrenden enorm erhöht." Hier sollte ein Umdenkprozess
einsetzen und diese Konstruktionsschwäche beseitigt werden. Moderne
Technik wird zukünftig die Unfallgefahr senken, davon ist Dipl.-Ing.
Hanno Miorini, Leiter Verkauf Fahrzeugtechnik, Erstausrüstung
Österreich und Südosteuropa bei Bosch, überzeugt. "Die Mobilität der
Zukunft wird vernetzt, automatisiert und elektrisch sein", so
Miorini. Bereits heute sind Fahrerassistenzsysteme im Serieneinsatz.
Auch auf EU-Ebene ist die Sicherheit ein ganz großes Thema. Um die
volle Euro-NCAP-Punktezahl erreichen zu können, müssen Fahrzeuge in
der EU ab 2016 mit einem Fußgängerschutzsystem ausgestattet sein.
"Damit wird die Sicherheit, etwa auch im Bereich des
Fußgängerschutzes, deutlich erhöht," so Miorini, der glaubt, dass ab
2020 ein System, das adaptive Geschwindigkeitskontrolle,
Spurhalteassistent und Highway-Pilot kombiniere und automatisiertes
Fahren auf der Autobahn ermögliche, zur Verfügung stehen wird.
Maschine fährt besser Auto
"Wir werden in Zukunft den Lenkerinnen und Lenkern die Möglichkeit
geben, einen Teil ihrer Verantwortung an die Maschine abzugeben. Man
kann sagen, dass die Maschine in absehbarer Zeit besser Autofahren
kann als der Mensch," so Miorini. Neun von zehn Unfällen würden auf
Fahrfehler zurückzuführen sein. Durch die Automatisierung werde sich
die Zahl der Unfälle zukünftig deutlich reduzieren.