Nach umfangreichen tests an Fahrzeugen des VW-konzerns mit dem im
Zuge des abgasskandals ins schiefe licht geratenen VW-Dieselmotor ea
189 gibt derÖamtC nun eine erste entwarnung. Das software-update der
von der tu Wien überprüften Fahrzeuge mit Zweiliter-maschinen wirkt
sich nicht auf Verbrauch und leistung aus, daher rät der ÖamtC in
diesem Fall von Individualklagen gegen VW ab. ebenso wird es in
europa keine entschädigungszahlungen nach us-Vorbild geben.
DerÖAMTC hat die Tests in Zusammenarbeit mit dem Institut für
Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik (IFA) der TU Wien durchgeführt.
Die Fahrzeuge, zwei Audi A4 Avant 2.0 TDI, die mit dem im Zuge des
VW-Abgasskandals betroffenen Motor ausgestattet waren, wurden auf
Schadstoffausstoß, Verbrauch und Leistung auf dem Prüfstand vor und
nach dem Software-Update geprüft. Auf der Straße kam dafür ein
mobiles Labor zum Einsatz. Zusätzlich wurden Fahrdynamik-Messungen
unternommen. Die Partnerclubs ADAC (Deutschland) und TCS (Schweiz)
haben einen VW Golf 2.0 TDI Blue Motion und einen weiteren AudiA4
Avant 2.0 TDI überprüft. "Der Aufwand für den Test beträgt bis zu
30.000 Euro pro Fahrzeug", sagte Dipl.-Ing. Bernhard Wiesinger, Chef
der ÖAMTC Interessensvertretung, anlässlich der Präsentation der
Ergebnisse. Darin seien beispielsweise Kaufüberprüfung,
Fahrwerkkontrolle, Partikelfilterregeneration, Austauschen der
Luftfilter, neue Reifen nach dem Test, das Betanken mit
Testkraftstoff und der Einbau von Messgeräten enthalten. Die
Fahrzeuge mit einer Laufleistung zwischen 25.000 und 55.000
Kilometern wurden von ÖAMTC Mitgliedern zur Verfügung gestellt.
Funktioniert das update?
"Ziel der Untersuchungen war, herauszufinden, ob das Update
tatsächlich funktioniert. Auch wurde überprüft, ob den Konsumenten
daraus Nachteile wie höherer Verbrauch oder verminderte Leistung
entstehen. Denn daraus hätten einklagbare Ansprüche auf
Gewährleistung, Schadenersatz oder Rückabwicklung erwachsen können."
Laut Wiesinger funktioniere die neue Software: Der NO X -Ausstoß, der
Auslöser für den Abgasskandal war, ändere sich durch das Update im
für die Typengenehmigung maßgeblichen Prüfstands-Zyklus NEFZ nur
geringfügig und liege deutlich unter dem EU-Grenzwert. Unter
realistischeren Fahrzyklen wie dem neuen WLTC-Messverfahren und demAutobahn-Zyklus BAB 130 "gehen die NO Umrüstung zum Teil sogar stark
zurück."
VW: testergebnis sorgt für sicherheit bei konsumenten
Positiv zur Kenntnis genommen wird dieses Resultat von VWÖsterreich:
"Wir freuen uns über die Ergebnisse des vom ÖAMTC veranlassten
Abgastests", wie Richard Mieling, Sprecher der Porsche Holding,
erklärt. Die Resultate entsprechen auch den Ergebnissen der deutschen
Behörden und den Aussagen von Volkswagen, dass durch die Umrüstung
keinerlei Nachteile für den Kunden entstehen. "Viele Kunden in
Österreich haben auf die Ergebnisse des ÖAMTC gewartet", so Mieling,
"und mit den Tests haben sie nun mehr Sicherheit".
ÖamtC rät von klagen ab
Die Resultate könnten nach Meinung des ÖAMTC auch rechtliche Folgen
haben. Aus diesen Messergebnissen ließen sich "hinsichtlich
Verbrauch, Leistung und NO -Ausstoß nach österreichischem Recht keine
Rechtsansprüche hinsichtlich Schadenersatz, Gewährleistung oder
Rückabwicklung ableiten", wie Wiesinger feststellte. Daher rate der
ÖAMTC von Klagen aus diesen Rechtsgründen ab. Zu unterscheiden sei
aber die angestrebte Sammelklage des Vereins für
Konsumenteninformation (VKI) hinsichtlich eines möglichen
Wertverlustes. Diese Initiative habe der Club "immer unterstützt und
das tut er auch weiterhin."
Für VW-Fahrer sei es risikolos, sich diesem Verfahren anzuschließen,
so Wiesinger. Von Klagen auf eigene Faust wegen eines möglichen
Wertverlustes rät Wiesinger hingegen ab. In einem allfälligen
Verfahren obliege es dem Kläger nachzuweisen, dass sein Auto bei
einem Verkauf einen niedrigeren Wert erzielen würde. Dieser Nachweis
sei teuer und aufwendig zu erbringen. "Daher macht die Sammelklage
des VKI wegen eines Wertverlustes Sinn, nicht jedoch die
Individualklage."
VkI will trotzdem klagen
Trotz der für VW ersten positiven Testergebnisse will der VKI an der
Sammelklage festhalten: "Schadenersatz kann man dennoch fordern", wie
VKI-Juristin Mag. Ulrike Wolf sagt. Der VKI rät dazu, über die
holländische Stiftung Car Claim "kosten-und risikolos
Schadenersatzansprüche geltend zu machen und sichgegen
Kostenbeteiligung von 90 Euro einem Strafverfahren als
Privatbeteiligter anzuschließen". Das Fahrzeug sei heute -"wegen des
Misstrauens aufgrund des VW-Betrugs" - am Gebrauchtwagenmarkt einfach
weniger Wert. Daher entsteht für die Fahrzeughalter trotz -laut ÖAMTC
erfolgreicher -Fehlerbehebung ein Vertrauensschaden. Auch mehrere von
VW-Kunden beauftragte Anwaltskanzleien wollen ungeachtet der vom
ÖAMTC erzielten Resultate an den Klagen festhalten.
eurotax: kein unregelmäßiger Wertverlust
Beim Marktanalyseunternehmen EurotaxÖsterreich sieht man das anders:
"Unser Vergleich - VW-Konzernmarken mit anderen Marken - jeweils im
Bereich Diesel und Benzin, zeigt keine signifikanten Unterschiede der
Wertentwicklung. Das bedeutet, dass VW-Fahrzeuge keinen
unregelmäßigen Wertverlust aufweisen, der durch das Dieselgate-Thema
verursacht worden wäre. Die beobachtete Entwicklung unterliegt
normalen Wertschwankungen", wie Roland Strilka, Director Insight&Market Analysis sagt.
Weitere modelle werden untersucht
NachÜberprüfung des ersten Aggregates -insgesamt sind in Österreich
388.000 Dieselfahrzeuge des VW-Konzerns betroffen - werden nun in den
nächsten Monaten weitere Motoren, 1,0-, 2,0und 1,6-Liter, überprüft.
"Natürlich können wir exakt noch nichts sagen, was diese Motoren
betrifft, weil wir auchnoch nicht wissen, ob die dafür vorgesehenen
Maßnahmen auch wirken", so Univ.-Prof. Dr. Bernhard Geringer,
Vorstand des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an
der TU Wien.
Was die bereits getesteten 2.0-TDI-Motoren betrifft, geht Geringer
davon aus, "dass dies repräsentativ ein guter Wert ist, exakt
natürlich nur für die untersuchten Fahrzeuge, aber auch in anderen
Fahrzeugen, in denen der Motor zum Einsatz kommt, halte ich es für
realistisch, dass diese Modifikationsmaßnahmen auch dort
funktionieren, wobei es natürlich keine Garantie geben kann."
Werkstätten-aufforderungen folgen
Haltern von Fahrzeugen, die mit dem bereitsüberprüften Aggregat
ausgestattet sind, rät Wiesinger: "Wer bereits die Aufforderung
erhalten hat, sein Auto zum Umrüsten in die Werkstatt zu bringen,
kann das ohne Bedenken tun." Die Abweichungen blieben bei allen
durchgeführten Tests innerhalb der Messtoleranz oder verbesserten
sich durch dasUpdate teils deutlich.
müller lehnt Regelung nach us-Vorbild ab
Ob auch europäischen Kunden eine Entschädigung nach amerikanischen
Vorbild mit Zahlung beziehungsweise Rückkauf durch VW gewährt werden
soll, ist mehr als ungewiss. Erst kürzlich lehnte
VW-Vorstandsvorsitzender Matthias Müller in einem Interview mit der
Zeitung "Welt am Sonntag" eine Entschädigungsregelung nach US-Vorbild
für die übrigen betroffenen Kunden ab. In den USA herrsche eine
andere Rechtslage, die mit jener in Europa nicht zu vergleichen sei.
So ist zum Beispiel die Teilnahme der Kunden an der Rückrufaktion
dort freiwillig und nicht verpflichtend. Im Übrigen verwies Müller
auch darauf, dass im Falle weiterer Entschädigungszahlungen auch
drastische Konsequenzen drohen würden: Man müsse kein Mathematiker
sein, "um zu erkennen, dass eine Entschädigungszahlung in beliebiger
Höhe auch Volkswagen überfordern würde", so Müller.