vom Bäckerlehrling zum Logistikleiter: Gerhard hajszan managt seit
Jahrzehnten den Fuhrpark der Bäckerei "Der Mann". Wir besuchen den
chef der Brötchen-Boliden in der Firmenzentrale in der perfektastraße
in Wien 23, von wo aus er im wahrsten sinne des Wortes die Fäden
zieht.
Die roten Fähnchen kennzeichnen unsere Filialen. Rot-weiß sind jene,
die sonntags geschlossen haben. Die grünen Stecknadeln wiederum sind
die Pensionistenheime, die wir beliefern." Gerhard Hajszan steht vor
auf einer gut vier Quadratmeter großen Landkarte, die Wien und
Umgebung darstellt, und deutet auf die vielen verschiedenfarbigen
Wimpel und Nadeln, die in dem Plan stecken, verbunden durch bunte
Wollschnüre.
Hajszan ist Logistikleiter der Wiener Bäckerei "Der Mann", Fähnchen
und Fäden markieren die Touren der Bäcker-Flotte. Was auf den ersten
Blick nach veralteter Methode aussieht, ist ein ausgeklügeltes und
bestens bewährtes System, um die diffizilen Fahrtenpläne des
Back-Unternehmens zu erstellen. "Wir hatten schon so viele
Software-Anbieter bei uns aber das schafft keiner", erklärt Hajszan
sein Excellisten-und-Landkarten-Verfahren. "Wären wir eine Spedition,
die in ganz Österreich unterwegs ist, dann ja. Aber wir sind zu 95
Prozent in Wien unterwegs, das muss man kennen."
Hajszan tut das. Der Logistikleiter kennt alle Strecken, weiß genau,
wie lang man für welche Tour braucht und kann "auf zehn Minuten auf
oder ab sagen, wo welches Fahrzeug gerade ist."
von der pike auf
Kein Wunder. Seit 41 Jahren ist Hajszan im Unternehmen. Am 2. August
1976 begann er als Konditor- und Bäckerlehrling, damals noch am alten
Standort in der Perchtoldsdorferstraße, ebenfalls im 23. Bezirk.
Nachdem der engagierte junge Mann 1980 ausgelernt war, fragte ihn der
Chef, ob er die Fahrer vertreten wolle. Hajszan wollte und ist
seither für die gesamte Logistik zuständig. Er erinnert sich:"Das
war total interessant. Ich habe alle Touren gelernt. Wir haben damals
noch selbst Rechnungen geschrieben und kassiert, wir waren ja
Verkaufsfahrer."
Die Fahrer mussten die Wünsche ihrer Kunden wissen und diese in der
Produktion bestellen, waren selbst wie Kunden. Mittags, wenn sie von
den Lieferdiensten zurückkamen, wurde abgerechnet, "da musste das
Geld im Börsel stimmen." Die Kunden setzten sich damals vorwiegend
aus Greißlern zusammen, Hajszan kannte sie alle, der Kontakt war sehr
persönlich: "Die eine Greißlerin zum Beispiel, die schon längst in
Pension gewesen wäre, hat jeden Tag bestellt und oft gesagt: ,Die
Rechnung zahl" ich Dir aber erst, wenn Du mir die Zwetschken
brockst." Also bin ich in ihren Garten gegangen und hab" die
Zwetschken gepflückt", schmunzelt er und fügt hinzu: "Heute, wenn wir
unsere Jahresfeier haben, kenne ich kaum einen unserer Mitarbeiter."
Back-Boom
Das Unternehmen ist in den vergangenen vier Jahrzehnten ordentlich
gewachsen. Aus einer Produktionsstätte, 70 Mitarbeitern und acht
Fahrzeugen im Jahr 1980 sind 87 Filialen mit rund 800 Mitarbeitern
geworden (60 davon, Fahrer und Kommissionierer, gehören zu Hajszans
Logistikteam), mit 18 Lieferfahrzeugen im eigenen Fuhrpark, darüber
hinaus sind 15 Subfrächter beschäftigt. Weiters fallen die 22Pkw der
Filialinspektoren, Büroleitung oder des Chefs in Hajszans
Zuständigkeit. Um 2:30 Uhr morgens, wenn die meisten Menschen noch
tief schlafen, beginnt für den Logistikchef der Dienst. Ab drei Uhr
startet die erste Gruppe an den Laderampen und füllt die Fahrzeuge
mit Körben voll frisch gebackenem Brot und Gebäck oder Teig zum
Selbstbacken. Um 3:20 Uhr legt die zweite Gruppe los, parallel dazu
die Subfrächter. Jede Truppe ist etwa dreieinhalb Stunden unterwegs
und beliefert die firmeneigenen Filialen, Supermärkte und andere
Kunden. Greißler ist keiner mehr dabei.
cool bleiben
Transportiert werden dieüber 350 verschiedenen Artikel zu 97 Prozent
mit Mercedes Sprinter. "Ich hab" etliche Marken und Modelle
ausprobiert. Die Sprinter sind die zuverlässigsten und für uns vom
Service und Wiederverkaufswert her am geeignetsten." Bevor die
Fahrzeuge, die aktuell etwa zehn Jahre lang in Betrieb sind, in
Gerhard Hajszans Fuhrpark landen, werden sie direkt von Mercedes zur
Schuh Karosseriebau GmbH in Wiener Neustadt gebracht, die jedes
Fahrgestell mit einem speziellen Kühlkoffer ausstattet. Hajszan
erhält schließlich das komplett fertige Fahrzeug, das dann etwa einen
Wert von 56.000 Euro hat.
Anfangs nimmt der Fuhrparkmanager die Vier-Jahres-Garantie von
Mercedes in Anspruch, danachübernimmt eine kleine Werkstätte die
Servicierung der Autos. Für die Pflege ist jeder Fahrer selbst
zuständig. "Wir haben eine eigene Waschstraße, eine freie Halle mit
Staubsaugern, das Reinhalten muss jeder selbst erledigen."
XXL-visitenkarte
Aufgrund strenger Hygienebestimmungen haben Fahrzeuge und
Transportkörbe ohnehin stets picobello zu sein und werden regelmäßig
kontrolliert. Zudem sind die Lieferwägen das Aushängeschild der
Firma: "Ich sage immer: Unsere Visitenkarten sind fünf Meter groß.
Und da fährt nicht der Mayer oder der Müller, sondern es ist immer
die Firma Mann, die falsch parkt,zu schnell fährt oder unfreundlich
ist." Am liebsten sind Hajszan daher die Fahrer, mit denen er "einen
Monat lang nichts reden muss", das möge bitte nicht falsch verstanden
werden, meint er, aber "da weiß ich, dass alles passt."
Der Leiter der Logistiküberträgt seinen Fahrern zwar viel
Eigenverantwortung, lässt sie allerdings nie aus den Augen, daher
lautet seine Flottenmanagement-Empfehlung auch: "Immer dahinter sein
und dranbleiben." Der Fuhrpark-Profi hat sämtliche Daten nicht nur
ständig im Blick, sondern sieht aufgrund exakter Dokumentation und
eines hochmodernen Logistiksystems auch auf einen Knopfdruck
Verbrauch, Werkstattaufenthalte, Schäden... einfach alle Posten und
Kosten. Sollte einer seiner Mitarbeiter dahingehend aus der Reihe
tanzen oder seinen Freiraum ausnutzen, dann kann es schnell
passieren, dass Hajszan plötzlichdaneben sitzt und mitfährt. Was er
im Übrigen gern öfter täte, denn manchmal gehen ihm die Touren ab.
"Früher bin ich zweimal pro Jahr mit jedem Fahrer mitgefahren. Das
geht heute nicht mehr, mit dem ganzen Büroaufwand,
Lebensmittelkontrollen, Reinigungspläne, das Personal deshalb hilft
mir einer meiner Mitarbeiter dabei. Denn man darf die Touren nie
ruhen lassen, man muss immer auf dem Laufenden sein!" Vor allem dann,
wenn man wie Gerhard Hajszan und sein Team dafür sorgt, dass die
Frühstückskipferl rechtzeitig und frisch auf unseren Tischen sind!
Fuhrpark "Der Mann"
Marken: Mercedes, Ford, Opel, Kia, Audi
Pkw: 22
Transporter: 18
1 Servicefahrzeug
Laufleistung Pkw insgesamt: 150-180.000 km bzw. 7-8 Jahre
Laufleistung Nutzfahrzeuge insgesamt: 250-300.000 km bzw. 10 Jahre