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Die Regierungspläne im Mobilitätssektor

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stock.adobe.com/Microgen

Nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir nun endlich eine Regierung. Das bedeutet Änderungen, auch im Automobilbereich. Wir haben die wichtigsten Punkte aus dem Regierungsprogramm herausgefiltert.

Es ist wieder einmal so typisch Österreich: Da passiert ewig nichts, dass man sich (bildlich, nicht politisch) grün und blau ärgern könnte. Und dann geht es auf einmal ruckzuck, als wäre alles ganz harmlos gewesen. Und man setzt sogar noch einen drauf mit einem echten Knaller. Die Regierungsbildung folgte zumindest haargenau dieser Vorgehensweise und wenn man sich die mehr als 200 Seiten Programm ansieht, wirkt vieles im Bereich der Mobilität logisch, einiges dringend nötig und manches sogar recht bekannt.

Zum Beispiel, dass man sich auf ein milliardenschweres Sparprogramm verständigt hat, um einem EU-Verfahren wegen verfehlter Budgetpläne zu entgehen – nahezu genau so, wie es Blau-Schwarz schon während ihrer Verhandlungsversuche präsentiert hatten. 

Auch andere der damaligen Vorschläge sind ebenso zu finden, wobei die Frage der Finanzierung ein noch größeres Fragezeichen ist – dank eines Krachers, der viele von uns freuen wird: Die NoVA auf leichte Nutzfahrzeuge wird fallen, und das schon ab Jahresmitte. Ein echter Knüller, denn das eigentlich Interessante an diesem Papier: Nur wenige Details sind schon nahezu fixfertig ausgearbeitet. Beispielsweise soll die Nutzung von kennzeichenlosen E-Mopeds auf Radwegen verunmöglicht, die Sicherheits- und Ausbildungsvorschriften verstärkt werden. Und es soll ein Straftatbestand für die Teilnahme an illegalen Straßenrennen geschaffen werden.

Andere Maßnahmen hingegen bleiben ein wenig nebulös formuliert oder lassen zumindest einen gewissen Interpretationsspielraum zu. Aber wir bewegen uns ja nach wie vor auf den Fahrbahnen der Politik, deswegen verwundert es kaum, dass das Wort „soll“ wesentlich beliebter zu sein scheint als „wird“. Aber auch das ist wieder einmal typisch Österreich.

Steuern und Abgaben
Das nun von der SPÖ verwaltete Finanzministerium muss sparen. Da verwundern diverse Maßnahmen wenig. Das Kilometergeld, das von der alten Regierung Ende letzten Jahres gerade erst generell erhöht worden ist, wird für Fahrräder und Motorräder auf 25 Cent gesenkt.

Die vorzeitige Abschaffung des Umsatzsteuer-Nullsteuersatzes für Photovoltaikanlagen hatten FPÖ und ÖVP auch schon geplant gehabt. Genauso wie die Ausweitung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf E-Autos. Ob die Zahlen von den damals genannten Verhandlungsgruppen bleiben, ist noch nicht bekannt. Laut alten Daten wäre man im Schnitt mit 300 bis 350 Euro pro E-Mobil davongekommen

Der wohl spannendste Punkt: Es soll die NoVA-Befreiung für leichte Nutzfahrzeuge der Klasse N1 ab Juli 2025 eingeführt werden. Damit endet ein Prestigeprojekt der ehemaligen Grünen Verkehrsministerin Leonore Gewessler nach nur vier Jahren. Ihre weitere Normverbrauchsanpassung, nachdem diese Abgabe von 2021 bis 2024 jährlich erhöht wurde, wird nicht in einem Wort erwähnt. Nach den Plänen der ehemaligen Regierung soll 2025 nämlich neu evaluiert werden, wie die für alle in Österreich neu zugelassenen Fahrzeuge geltende Regelung weitergestaltet werden soll. Bis das passiert, bleiben die Werte und Berechnungen von 2024 unverändert.

Good News auch von der Luxustangente. Die Grenze der steuerlichen Geltendmachung von Firmenwagen (derzeit 40.000 Euro) soll angehoben werden. Ab 2027 auf 55.000 Euro, in weiterer Folge dann „in Richtung 65.000 Euro.“ Das alles gelte indes unter Budgetvorbehalt, vor zu viel Vorfreude sollte also noch abgesehen werden.

Eine Art aktive Verkaufsförderung wäre dann wohl die Anpassungen an das höhere Eigengewicht von E-Kleintransportern. So ist es nicht allen Unternehmern in ganz Österreich erlaubt, die Stromer mit 4,25 Tonnen höchst zulässigem Gesamtgewicht zu nutzen – nur mit den üblichen 3,5 Tonnen, was aufgrund der hohen Akkugewichte natürlich einen erheblichen Nachteil gegenüber den Verbrennermodellen darstellt. Damit man deswegen nicht zum Stromer greift, „ist gesetzlich sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene dringend Ausgleich zu schaffen. Es bedarf daher einer raschen Anpassung aller relevanten Gesetze (z.B. GüterbefG, KFG, StVO).“

Generell will man hier die teils unnötig mühsamen Gesetzespassagen ein wenig auflockern. Auch was die sogenannte Heimfahrerregelung betrifft. Gerade bei Lieferwagen und Sonderumbauten ist es mit einigem Verwaltungsaufwand verbunden, wenn die Fahrer nach der Arbeit direkt nach Hause und von dort wieder direkt zu Werke gehen. Denn diese Strecken gelten im Prinzip schon als Privatfahrten, wofür eigentlich ein Fahrtenbuch zu führen wäre. Und eine gewisse Laufleistung ist auch nicht zu überschreiten, und und und. Jedenfalls soll hier eine Klarstellung einer praktikablen Regelung für Nutzer von N1-Nutzis kommen.

Förderungen
Gleich vorweg: Wie und ob es mit der Förderung für E-Autos und die dafür nötige Ladeinfrastruktur weitergeht, wird in keinem Wort konkreter erläutert. Generell aber will man die Förderlandschaft grundlegend umstrukturieren. So heißt es wörtlich: „Um Überförderungen durch Doppel- und Dreifachförderungen zu verhindern, wird ein Kumulationsprinzip eingeführt. Das soll die Kosten für die öffentlichen Haushalte dämpfen und einen fairen Wettbewerb sicherstellen.“ Ziel ist es, die Förderpolitik effizienter, gezielter und gerechter zu gestalten. Heißt unter anderem: Sicherstellen, dass die Fördergelder dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden und den größten Effekt erzielen. Positiv stimmt der Absatz, dass Bereiche, die besonders zur nachhaltigen und inklusiven Entwicklung beitragen – darunter Umwelt- und Klimaschutz sowie die digitale und grüne Transformation – priorisiert werden. Ein Bereich, in die die Elektromobilität gerade im Nutzfahrzeugbereich wohl definitiv dazugehört. Eine eigens gegründete Fördereffizienzarbeitsgruppe soll die Gesamtstrategie bis 2027 jedenfalls fertig haben. Als Übergangslösung könnte eine Nachhaltigkeitsoffensive in Höhe von 10 Mio. Euro gesehen werden, die heuer einmalig umgesetzt werden soll. Ob und in welcher Form genau der Bereich Verkehr betroffen sein wird, bleibt unbeantwortet.Ebenso, ob übrigens US-Präsident Donald Trump bei der Formulierung „Europe First“ Vorbild war. Fakt ist aber, dass man diesen Ansatz verfolgt. Zum Beispiel, dass insofern, dass „öffentliche Förderungen vorwiegend für in Europa produzierte Güter fließen sollen. Im öffentlichen Vergabewesen sollen EU-Produkte bevorzugt werden, indem ein Anteil von europäischer Mindestwertschöpfung für öffentliche Ausschreibungen und bei Inanspruchnahme europäischer Förderinstrumente verlangt wird. Es kann nicht sein, dass wir im öffentlichen Bereich subventionierte asiatische Produkte europäischen Produkten vorziehen. Bei mit Steuergeld geförderten Produkten kritischer Infrastruktur und Industrie sollen EU-Produkte präferiert werden.“ Wem hier der Streit um die Anschaffung chinesischer E-Kleintransporter für den öffentlichen Dienst einfällt, könnte schon nicht so falsch liegen. Aber auch hier: Konkreter wird es im Regierungsprogramm noch nicht.

Dazu passt gut das Vorhaben, den Import fossiler Treibstoffe zu verringern und lokale Wertschöpfung, Unabhängigkeit von Drittstaaten sowie die  Ökologisierung von Antriebstechnologien und die Förderung des österreichischen Unternehmertums zu unterstützen. Hier schwingt schon stark der Begriff „Mobilitätswende“ mit, und genau dafür hat man sogar zwei eigene Kapitel gewidmet.

Wasserstoff
Strom ist schon lange kein alternativer Kraftstoff mehr, sondern bereits in der Phase der Umsetzung. Also möchte man sich nun auch dem Thema Wasserstoff widmen, damit ihm nicht das gleiche Schicksal ereilt wie dem ewigen Talent Erdgas. Zuerst sollen rechtliche Rahmenbedingungen für ein adäquat dimensioniertes Wasserstoffstart- und kernnetz geschaffen werden, die die Nutzung von H2 für first-mover wirtschaftlich ermöglicht. Dazu zählen die Klärung der Finanzierung unter Berücksichtigung der bestehenden Netze.

Konkret vorgesehen sind folgende Punkte: 
- Bekenntnis Umsetzung EU-RL Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt
- Schaffung eines Regulierungsrahmens für Marktteilnehmer im Wasserstoffbereich
- Entwicklung einer Wasserstoffimportstrategie (im Rahmen der Wasserstoffstrategie) und Schaffung von Instrumenten zur Senkung des Importrisikos von Wasserstoff
- Adaptierung des Mineralrohstoffgesetzes zur Unterstützung von Wasserstoffspeichern

E-Mobilität & Ladeinfrastruktur
Dieser Punkt beinhaltet nicht das Wörtchen „Förderung“, die Aufzählung der geplanten Maßnahmen lässt die Vermutung indes zu, dass all das ohne „Stütze“ nur schwer möglich ist. Wobei: Eine Fahrzeuggruppe liegt der neuen Regierung offensichtlich sehr am Herzen: So ist eine Evaluierung und Weiterentwicklung des Förderprogramms nach EBIN (Emissionsfreie Busse und Infrastruktur) vorgesehen, da „mittel- und langfristig ein sicherer Rahmen für die Finanzierung der gesetzlich vorgegebenen Dekarbonisierung im öffentlichen Bus-Verkehr geschaffen werden soll.“ Weiters auf dem Menü: Ein rascher und kapazitätsorientierter Netzaufbau sowie der weitere Ausbau der Schnellladeinfrastruktur für alternative Antriebe. Generell möchte man die Rahmenbedingungen für einen schnelleren Hochlauf der E-Mobilität schaffen, wozu auch ein erweiterter Konsumentenschutz gehört. Erwähnt werden hierbei die kWh-exakte Abrechnung sowie grenzüberschreitendes Laden ohne Roaminggebühren.

Dass man im Rahmen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes auch Themen wie Recycling besonders wichtig nimmt, ist soweit logisch. Das Thema, wie mit alten Batterien verbrauchter E-Autos umgegangen werden soll, klärt man zwar nicht näher. Sehr wohl aber, dass man Schrott- und Altreifenexporte aus Europa verhindern will. Wie das erreicht werden soll und ob damit die ewigen Kärtchen dubioser Händler an den Seitenscheiben der Vergangenheit angehören, bleibt indes noch offen.

Straße & Verkehr
Hier setzt man auf ein verstärktes, verkehrsträgerübergreifendes Verkehrsmanagement. Im Sinne einer integrierten Mobilitätswende wird geplant, ein Infrastrukturentwicklungsprogramm für strategische Mobilitätslösungen im Bereich Straße und Schiene zu erstellen, das sich am Bedarf, volkswirtschaftlichen Effekten und CO2-Minderungszielen orientiert. Sprich: Synergien finden, damit eine bessere Vernetzung der einzelnen Verkehrssysteme zu verbessern. Vernetzte Mobilitätsdienste und bessere Verkehrsinformation sind hierbei zwei zentrale Punkte für die kommende Legislaturperiode – und darüber hinaus. Geplant ist nämlich eine umfangreiche Verkehrs- und Infrastrukturstrategie, die sogar zehn Jahre in die Zukunft blicken und entsprechend planen soll. Die Verlagerung von mehr Transport auf die Schiene und eine Erhöhung des Radverkehrsanteils von derzeit sieben auf 14 Prozent sind hierbei nur Bausteine.

So soll die Straße künftig verstärkt als intermodale Drehscheibe genutzt werden und den Umstieg auf den öffentlichen Verkehr erleichtern. Das soll gelingen unter anderem durch den Ausbau von Park&Ride-, Park&Drive- und Bike&Ride-Anlagen, wenn nicht anders möglich auch durch „den einfachen Umstieg auf Schnellbusse direkt neben der Autobahn und Sharing-Angebote.“

Stichwort Straßenbau: Die Begründung des Baus der S1-Spange liest sich fast wie eine unnötig umfangreiche Rechtfertigung – oder als kleiner Seitenhieb auf die ehemalige Verkehrsministerin, die genau diese Baumaßnahmen verhinderte. Schließlich zählt der Abschnitt zum höherrangigen Straßennetz: „Zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft sowie zur dringend notwendigen Entlastung der Bevölkerung von Durchzugsverkehr und dessen negativen Begleiterscheinungen sollen Autobahnen und Schnellstraßen (im Bundesstraßengesetz angeführt), die bereits über eine Genehmigung verfügen, schnellstmöglich realisiert werden und anhängige Verfahren und Planungen zügig weitergeführt werden.“ Ebenfalls bereits genehmigt wäre zudem der Abschnitt Lobautunnel, also die Verlängerung der S1 von Schwechat bis Groß Enzersdorf, gleichwohl Gewessler versuchte, diese Wegstrecke aus dem Verzeichnis des Bundesstraßengesetzes (BStG) streichen zu lassen. Der Rest bleibt abzuwarten.

Ebenfalls geplant: Sicherheitsausbauten, wirtschaftlich zweckmäßige Anschlussstellen und bedarfsgerechte Fahrspurerweiterungen im höherrangigen Straßennetz.

Was in Italien und vielen anderen Ländern schon gelebte Praxis ist, soll nun auch bei uns kommen: das kamerabasierte Zonenzufahrtsmanagement. Dazu muss erst einmal die praxisgerechte rechtliche Grundlage für ein automatisiertes Zufahrtsmanagement geschaffen werden. Wie das aussehen soll, sieht man eben bei unseren südlichen Nachbarn, wird die italienische Zona Traffico Limitato ja effektiv als Vorbild angeführt. Welche Orte oder Gegenden entsprechend überwacht werden sollen? So weit ist man noch nicht. Schließlich ist zuerst „in der StVO die Schaffung einer entsprechenden datenschutzkonformen Rechtsgrundlage notwendig.“ Ab dann tritt man die Verantwortung aber auf Gemeindeebene ab. Städte und Orte sollen selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie diese Form der Verkehrsberuhigung einführen wollen.

Auch eine Art Verkehrsberuhigung, aber ganz anderer Natur ist die Causa Autonomes Fahren. Hier wird geplant, den rechtlichen Rahmen unter Einbindung der Stakeholder weiterzuentwickeln.

Und auch zum Thema Führerschein wird man in einem Detail erstaunlich konkret und energisch. Die geplante EU-Führerscheinrichtlinie sieht unter anderem vor, dass alle ab einem gewissen Alter regelmäßige ärztliche Kontrollen durchführen lassen müssen. Damit ist man definitiv nicht einverstanden. So lautet es: „Keine ausschließlich für ältere Menschen geltenden verpflichtenden Führerschein-Kontrollen. Klares Auftreten auf europäischer Ebene gegen altersdiskriminierende Führerscheinüberprüfungen. Verpflichtende Gesundheitschecks bei Führerscheinerneuerungen werden abgelehnt.“ Stattdessen plane man eine Stärkung der Eigenverantwortung und Unterstützung bei der Selbsteinschätzung ist zu fördern.

Ach ja, und dann gibt es da noch einen Punkt, mit dem wohl nie jemand gerechnet hätte: So plane mein eine Prüfung einer StVO-Novelle, mit dem Ziel, die Anzahl der Verkehrsschilder zu reduzieren. Österreich ist halt doch immer für eine Überraschung gut.

 

 

 

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