Die Autoindustrie taugt immer für Symbolpolitik. Ein Medientier wie
Donald Trump weiß das. Er zitiert als neuer US-Präsident sofort
medienwirksam die Automanager ins Weiße Haus und verlangt neue
Fabriken in den USA. Einfach so. Mehr als widerwillig freundliche
Nasenlöcher zu den im Halbtagestakt abgefeuerten Twitter-AnsagenTrumps zu machen, können die CEOs jedoch kaum bieten.
Donald Trump will sich nichts nachsagen lassen. Außer dem, was ihm
ohnehin nachgesagt wird. Und was ihm auch letztlich die
US-Präsidentschaft eingebracht hat: Er ist ein "Straight Talker",
also er sagt, was er sich denkt. Und: "America first", die
amerikanischen Interessen werden allem anderen untergeordnet. Die
Automanager, die er gleich in seiner ersten Arbeitswoche nach der
Angelobung getroffen hat, bekamen beide Aspekte recht deutlich
reingesagt. Einen Tag später unterzeichnete er das Dekret für einen
Mauerbau an der mexikanischen Grenze. Er will sich ja nichts
nachsagen lassen.
In einer ersten Runde am Montag nach der Angelobung lud Trump eine
Runde Industriemanager zu sich ins Weiße Haus. Darunter Mark Fields,
Vorstandsvorsitzender der Ford Motor Company, und Elon Musk, Gründer
und Chef von Tesla Motors. Am Tag darauf Runde zwei mit den Big 3:
Neben Fields saßen Mary Barra, CEO von General Motors, und -im
Pullover über dem Hemd -Sergio Marchionne, der Boss von Fiat Chrysler
Automobiles, artig bei Trump am Tisch.
America First
Vor dem Meeting hat erüber sein Lieblingsmedium, den
Kurznachrichtendienst Twitter, verlauten lassen: "Ich will hier neue
Fabriken für Autos, die hier verkauft werden." So etwas versteht das
Volk. Und auch die Wall Street, denn trotz aller
Protektionismusdebatten: Es ist ein Symbol, wenn der US-Leitindex Dow
Jones kurznach dem Präsidentenwechsel erstmals die
20.000-Punkte-Grenze überklettert. Die Message an die Industrie war
klar: Wer in den USA produzieren lässt, ist im Vorteil. Wer das nicht
tut, muss mit Strafzöllen rechnen. Den Konzernen versprach er, die
Körperschaftssteuer von derzeit 35 Prozent auf 15 bis 20 Prozent zu
senken. "Alles, was sie tun müssen, ist zu bleiben", formulierte es
der neue Präsident.
Dünnlippiges Lächeln
Versprechungen machte er auch bei Umweltgesetzen und sagte: "Ich bin,
zu einem großen Teil, ein Umweltschützer. Ich glaube daran! Aber es
ist außer Kontrolle!" In der Autoindustrie erwarten nun nicht wenige,
dass die zunehmend strengen US-Verbrauchsvorschriften gelockert
werden könnten. Wenn es im Gegenzug Zusagen zu neuen Jobs in den USA
gibt. Trump will Headlines, sein Macher-Image festigen, spricht in
seltsamster Grammatik, vor allem über sich selbst und wie er die Welt
sieht, verteilt großzügig Lob und gnadenlos Tadel. Die Spitzen der
Autoindustrie legen sich nach ein paar Belehrungen im Wahlkampf auch
nicht mehr mit ihm an. Während des Treffens im Weißen Hauswurde
interessiert genickt. Freundliche Nasenlöcher. Wo sind die Kameras?
Trump schiebt Wuchteln, gestikuliert. Die Manager tragen ein
professionelles, aber auffallend dünnlippiges Lächeln.
Vorgekaute Worthülsen
Nach den Treffen gab es entsprechende Statements, tausendfach von den
Kommunikationsabteilungen vorgekaut. Die lauten dann so: "Der
Präsident ist sehr fokussiert auf eine Politik, die Investitionen und
die Zahl der Jobs in Amerika wachsen lässt. Darüber haben wir
gesprochen. Ich denke, als Industrie freuen wir uns darüber,
gemeinsam mit dem Präsidenten und seiner Regierung an Steuerpolitik,
an Regulierungen und an der Handelspolitik zu arbeiten, um eine
Renaissance der amerikanischen Fertigung zu schaffen."(Fields) "Es
war eine großartige Möglichkeit, um mit dem neuen Präsidenten
zusammenzuarbeiten, um die Umwelt, die Sicherheit und den
Arbeitsmarkt zu verbessern." (Barra) Großartig. Lediglich der
eigenwilligere Italiener Marchionne reagierte anders. Als er gefragt
wurde, ob ihn Trumps Tweets störten, zuckte er laut "USA Today" nur
mit den Achseln und sagte: "Nein."
Gute Miene zum bösen Spiel
Bisher versucht die Autoindustrie also vor allem gute Miene zu Trumps
Spiel zu machen. Vor allem weitere Twitter-Schüsse zu vermeiden. Sie
schicken Presseinformationen in Umlauf, in denen sie (lang geplante)
Investitionen in den USA ankündigen, um auf Nachfrage zu betonen,
dass diese Investitionsentscheidung natürlich nichts mit den
Trump-Zurufen zu tun hätten. Wäre für einen multinationalen Konzern
auch nicht schmückend, würde er wirklich die Geschäftspolitik von
@realdonaldtrump (Trumps "privater" Twitter- Account) abhängig machen
und nicht von Entscheidungen der Organe und der Aktionäre.
Zweifel an Investitionen der Hersteller
Aber werden die Autokonzerne den Erwartungen ihres "@POTUS"
(Abkürzung für "President of the United States" und seit 20. Jänner
2017 der offizielle Twitter-Name Trumps) auch nur irgendwie gerecht
werden? "Die Autohersteller werden gar keine zusätzlichen Fabriken
bauen und es ist auch unwahrscheinlich, dass sie in großem Stil Leute
einstellen", so zweifelnddie Website "Business Insider"."Der
US-Markt für Neuwagenverkäufe ist über Jahre hinweg geboomt, aber
nach einem Rekordjahr mit 17,55 Millionen Neuwagen schaut es nun nach
einem zyklischen Abschwung aus. In diesem Umfeld will niemand
zusätzliche Fertigungskapazität."
Vorteil Mexiko?
Konzerne tun das, was wirtschaftlich sinnvoll ist. Mexiko, die
Zielscheibe Trumps, hat sich zu einem der wichtigsten
Herstellerländer entwickelt. Nicht nur dank niedrigerer
Arbeitskosten. Mexiko hat nämlich darüber hinaus relativ liberale
Handelsabkommen mit 44 Ländern. Das haben die USA nicht.
Die Big 3 haben zuletzt 2,2 Millionen Autos aus Mexiko und Kanada in
die USA geholt. Schnell auf einer Serviette gerechnet, wäre das der
Output von sieben bis acht Fabriken. Eine Fabrik kostet in der
Errichtung rund 1,5 Milliarden Dollar. Ob die Autoindustrie
angesichts der Geschäftserwartungen willens ist, ohne Not einfach 12
Milliarden Dollar zu investieren?
Donald Trump twittert dazu: "We will follow two simple rules: BUY
AMERICAN&HIRE AMERICAN!" Na dann ...