In der Schweiz sammelt ein vollelektrischer 18-Tonner Praxiskilometer
bei der Getränkeauslieferung.
Die Spezialisierung auf ein Einsatzgebiet erlaubt es immeröfter auch
das Thema alternative Antriebe ins Spiel zu bringen. In Österreich
beschränkt sich das aktuelle Angebot bei Fahrzeugen jenseits der 10
Tonnen auf Erd-bzw. Biogasmodelle. Diese kommen beispielsweise bei
Magna in Graz im Werksverkehr oder in der Stadt Salzburg beim
Bühnenbau rund um dieFestspiele zum Einsatz. Hinzu kommen
Hybridmodelle, die mit einem Mix aus Gas und Diesel im
Kommunalbereich und auch im Regionalverkehr unterwegs sind. Unsere
Schweizer Nachbarn sind da schon ein Stück weiter. Im Raum Zürich ist
seit September ein 18-Tonner im Verteilerverkehr vollelektrisch
unterwegs, Ende Jänner wurde ein weiteres Modell ausgeliefert.
Iveco Stralis als Basis
Basierend auf einem Iveco-Stralis-Fahrgestell hat das Schweizer
Unternehmen E-FORCE ONE gemeinsam mit einigen Partnern einen
Elektro-Lkw entwickelt, der mit dem großen Ziel antritt,
Praxistauglichkeit und Umweltfreundlichkeit bestmöglich zu verbinden.
Bis zu 300 km Reichweite
Ausgestattet mit einem rund 2.600 Kilogramm schweren Batteriepaket
bringt es der elektrische Iveco auf ein Leergewicht von 8 Tonnen.
Damit bleiben weitere 10 Tonnen für den Aufbau und die Zuladung
bestehen. Praxistauglich auch die Reichweite, die im Überlandbetrieb
bis zu 300 Kilometer und auf der Autobahn rund 200 Kilometer beträgt.
Die Ladezeit beträgt -eine entsprechende Station vorausgesetzt - 6
Stunden, zusätzlich ist ein Batteriewechselsystem angedacht, das es
erlaubt, einen kompletten Tausch binnen 10 Minuten zu realisieren.
87 km/h schnell
Keine Abstriche gilt es, bei der Leistung zu machen. 2 Elektromotoren
stellen insgesamt 408 PS zur Verfügung, die Höchstgeschwindigkeit ist
elektronisch auf 87 Stundenkilometer begrenzt. Durch den Wegfall
eines Getriebes erhöht sich zudem der Komfort für den Fahrer, was
auch dazu führt, dass er sich noch besser auf das Verkehrsgeschehen
konzentrieren kann. Durch entsprechende Fahrweise kann diebeim
Bremsen frei werdende Energie zum Teil wieder an die Batterie
zurückgegeben werden. Auf rund 5 Monate Praxiseinsatz kann die
Feldschlösschen AG, die grüne Brauerei der Schweiz, bereits
zurückblicken. Tag für Tag werden hier 65 Kilometer im städtischen
Verkehr zurückgelegt, um 11 Kunden zu beliefern. Dabei werden
durchschnittlich 4,6 Tonnen an Getränken verteilt sowie Leergut
eingesammelt.
Überraschend niedriger Verbrauch
Der bisher gemessene Verbrauch beträgt 73 Kilowattstunden pro hundert
Kilometer, was in etwas 8 Liter Diesel entspricht und damit sogar die
ursprünglichen Erwartungen positiv übertrifft. Der von der
Feldschlösschen AG genutzte Strom kommt aus der Wasserkraft oder aus
der hauseigenen Solaranlage, mit deren Strom seit Ende Dezemberauch
400 Haushalte versorgt werden.
Dieser Tage hat auch Coop den ersten Elektro-Lkw in Betrieb genommen.
Konzipiert für die Belieferung der Coop-Filialen im Großraum Zürich,
verfügt dieses Fahrzeug zusätzlich über eine Fotovoltaik-Anlage mit
Solarzellen auf dem Dach des gesamten Aufbaus. Ausschlaggebend für
diesen Schritt war bei Coop nicht nur die CO2 Reduktion, sondern auch
die deutlich geringere Lärmbelästigung in den Ballungszentren.
Anschaffungspreis als großer Haken
Bei so vielen Vorteilen muss es natürlich auch irgendwo einen Haken
geben. In den beiden hier vorgestellten Fällen ist das nicht die für
den Einsatzzweck völlig ausreichende Reichweite, sondern die
Anschaffung, die im Vergleich zu einem Dieselmodell rund 2,5-mal so
hoch ausfällt. Diese Extrakosten werden durch den deutlich geringeren
Verbrauch und den reduzierten Wartungsaufwand aber mit jedem
Kilometer geringer. Ob es also gelingt, nicht nur CO2- sondern auch
kostenneutral nach den 6 Jahren, für die beide Fahrzeuge geleast
wurden, abzuschließen, muss die Praxis erst zeigen. Laut Hersteller
sollte dies aber ab einer Jahresfahrleistung von rund 42.500
Kilometern möglich sein. Hilfreich bei der Kostenamortisation ist
auch ein großer Steuervorteil, den die Schweiz beziehungsweise der
Kanton Zürich für elektrisch angetriebene Lkw-Modelle gewährt.