Test: Kia EV6
Zur zweiten Lebenshälfte verpasste Hyundai dem EV6 den richtigen Feinschliff. Vieles wurde besser, manches leider nicht ...
Kaum ein Unternehmer probierte den Umstieg auf E-Mobilität früher als Peter Koch. Der Betreiber einer Dachdeckerfirma in Wien hat mittlerweile einen großen Erfahrungsschatz angesammelt und weiß, was für den Wechsel nötig ist. Und was nicht.
Schon in der Früh summt und surrt es eifrig wie in einem Bienenstock. Aber nicht nur, weil die Arbeiter und Angestellten von Koch Dach bereits fleißig ihrer Arbeit nachgehen, vor allem, weil im Innenhof in Wien Ottakring gerade einige E-Autos geladen werden – fast durchwegs Renault, teils Pkw, hauptsächlich aber Lieferwagen. „Wir tanken wirklich alle bei uns in der Firma“, erklärt Geschäftsführer Peter Koch seine Fuhrparkstrategie. „Das hat den charmanten Nebeneffekt, dass wir voriges Jahr für den gesamten Strom inklusive Fuhrpark 9.600 Euro bezahlt haben. Wenn ich denke, dass ich vor der Umstellung fast 60.000 Euro Treibstoffkosten gehabt habe, dann ist allein aus diesem Aspekt heraus die Umstellung sinnvoll.“
Verhaltensfragen
Eine Umstellung, die im Hause Koch schon gute 13 Jahre her ist. Damals bewegte man sich noch auf absolutem Neuland, der Entschluss gemeinsam mit einem befreundeten Renault-Händler kam spontan: „Da war halt damals gerade so die Idee der Elektromobilität. Ich habe gesagt, okay, wenn das bei uns in Österreich möglich ist, dann werden wir das probieren.“ Renault lancierte gerade die E-Version des Kleinlieferwagens Kangoo, ja und 2012 gelangte man dann auch tatsächlich an den allerersten davon, der nach Österreich geliefert worden ist. „Das war insofern lustig, weil wir hatten damals noch nicht den Hof, keine Ladesäulen und auf einmal ist das Auto vor der Tür gestanden. Wir haben dann gegenüber aus dem Lager über das Kippfenster und einer Haltverbotstafel ein Kabel gelegt und das Auto geladen.“ Neuland, das vor allem den Monteuren vor allem eines abverlangte: eine geistige Umstellung. Schließlich verfügten die frühen Kangoos über gerade einmal 20 kW große Akkus, die Reichweiten im Vergleich zu den vorherigen Diesel waren verheerend – auf den ersten Blick. „Es hat einige gegeben, die konnte ich mit meinem Enthusiasmus anstecken, es hat aber auch einige gegeben, die gesagt haben, sie können mit dem Auto nicht fahren. Meistens war es eine Verhaltensänderung. Sie konnten halt nicht mehr das Auto vor der Tür stehen lassen und am nächsten Tag weiterfahren.“ Schließlich waren 90 Kilometer Reichweite das Maximum, im Winter sogar eher nur an die 50. Sogar eine Dieselheizung war an Bord, um nicht unnötig an den vorrätigen Ampere zu knabbern. „Das waren schon skurrile Sachen, aber der Rest, die tagtäglichen Strecken, das ist sich eigentlich schon gut ausgegangen. Und deswegen haben wir 2014 die Flotte dann auch fast komplett umgestellt.“
Letztes Jahr, also genau zehn Jahre später, gab es dann eine große Rundumerneuerung. Wieder durchwegs Kangoos, aber schon die aktuellen Modelle mit 50-kW-Speicher und ohne Zusatzheizer, was alles in allem 150 bis 200 Kilometer ergibt. „Das ist rund eine halbe Woche bis eine Woche Kapazität. Das heißt also, wenn man wirklich nur von der Firma weg und wieder zurückfährt, waren die 20 kW schon ausreichend.“ Und genau das ist es, was seine Jungs so machen, meint Koch. Zur Baustelle und wieder retour. Und wenn es einmal über die Donau geht, kommen vielleicht noch mal 30 Kilometer dazu, aber dann war es das auch schon. Für Koch ist Elektromobilität daher vor allem eine Verhaltensänderung: „ Das ist nichts Schwieriges. Ich hatte einmal einen BMW i3, auch nur mit 20-kWh-Batterie und Range Extender. Und wenn ich eingestiegen und noch 20 Kilometer Reichweite gehabt habe, war das für mich freudig. Viele Leute wissen nicht, wie viel 20 Kilometer in der Stadt sind. Und bei 30 Kilometern fährst du schon wirklich lang.“
Pufferdenken
Mittlerweile hat sich die Situation bei Koch Dach beruhigt. Die Monteure dürfen mit den Wagen nach Hause fahren, können ihre Einsatzfahrzeuge auf den Baustellen anhängen. Was sich aber nicht geändert hat: Tankkarten gibt es im Hause Koch nach wie vor keine. „Da rede ich aber noch nicht von den Kosten, die ich mir im Zuge der Instandhaltung gespart habe. Wir haben bei diesen Autos kaum Schäden, außer es fährt einer wo an.“ Besonders häufig verabschiedet sich der rechte Außenspiegel, weil die Einfahrt in den Innenhof recht knapp ist. Und dass ausgerechnet der Zigarettenanzünder regelmäßig den Dienst quittiert, liegt definitiv nicht am heftigen Konsumieren von Tabakwaren. „Da hatten die Monteure halt immer alles Mögliche an Geräten angesteckt gehabt. Auch hatten wir zu Beginn Probleme mit den Motoren, aber da ist uns Renault extrem entgegengekommen und gleich gesagt, aus, fertig, die bekommt’s ihr gleich neu.“ Somit blieb als größtes Hindernis nur mehr die Quelle des Surrens: die Infrastruktur und zwar die grundsätzliche. Es geht bei Dingen wie der Anschlussleistung schon los. „Ein Elektriker meinte nur, das ist ja ein Hausanschluss, das geht sich nie aus. Und das ist auch richtig.“ Dass es dennoch funktioniert, liegt am cleveren Gesamtkonzept, das auf Abfedern statt Einspeisen setzt: Zwei Speicherbatterien mit gesamt 100 kW Speicherleistung federn die Leistungsspitzen ab und schon funktioniert es auch mit 30 kW Anschlussleistung. „Wir haben Ladeleistungen in der Früh von teilweise 60 kW, die wir aber über die Batterie abfedern in dieser Zeit, wo es haarig wird. Mittlerweile hat sich das System gut etabliert, aber jetzt fragst du mich lieber nicht, wie viel Geld das gekostet hat.“
Glaubwürdigkeitspuzzle
Geld, ein gutes Stichwort. Koch finanziert die Autos grundsätzlich, verwendet sie aber weit über die üblichen Rahmen hinaus. „Die werden ja wirklich hergenommen. Du steigst mit einem dreckigen Arbeitsgewand ein, hast hinten Werkzeug, Klumpert und Farbe drin, du lebst ja quasi in dem Auto. Wir fahren die, bis sie wirklich erledigt sind, die dann zu verkaufen, wäre sinnlos.“ Einen Diesel gibt es noch, für Fahrten ins Niederösterreichische oder ins Burgenland. Und die erste Generation der E-Kangoos liefen jetzt mindestens sechs Jahre im Unternehmen. „Den ältesten, Baujahr 2012, haben wir erst vor zwei Wochen ausgetauscht. Das Spannende vor allem an dem ist, dass sich mein Händler die Batterie genau angesehen hat und die war immer noch bei mehr als 80 Prozent ihrer Kapazität.“
Ob es bei den Kunden gut ankommt, wenn der Monteur mit einem Elektroauto kommt? „Ich denke, es ist ein Puzzlestein. Würde ich jetzt mit einem V8-Motor vorfahren und den Leuten etwas über Nachhaltigkeit erzählen, ist mein Standing relativ schwierig.“ Schließlich ist die Dachsanierung so etwas wie die große Chance, gleich die Voraussetzungen für die umweltfreundlichste Betankungsart überhaupt zu legen: Solar. Koch: „Wir sind auch mittendrin dabei, weil wir bei der Photovoltaik dem Grundsatz folgen, man sollte die Welt ein bisschen besser verlassen, als man sie vorgefunden hat.“ Das Kerngeschäft ist es zwar (noch) nicht, aber dennoch kommen fast 600 Anlagen pro Jahr zusammen, was ungefähr fünf bis zehn Prozent des Arbeitsumfangs darstellt. „Wir haben daraus bewusst eine eigene Abteilung gemacht, weil wir davon ausgehen, dass sich dieses Ding in den nächsten fünf Jahren recht stattlich entwickeln wird. Die Frage ist, wo es da hingeht, weil wir auch hier wieder einen Cluster bilden müssen mit Elektrikern.“ Eine gute Planung ist hier das Gebot der Stunde, denn zwischen dem einfachen Montieren von Photovoltaikanlagen und einem Gesamtkonzept für ein zukunftsfittes Dach ist dann doch ein kleiner Unterschied. „Im Zuge der Tagsanierungen, die unser Hauptgeschäft sind, machen wir sehr viele Generalsanierungen und im Zuge einer Generalsanierung ist es meiner Meinung nach eine Pflicht, den Kunden darauf hinzuweisen, dass man gleich etwas mit Photovoltaik machen kann. Und in dem Moment, wo das auf den Tisch kommt, muss ich es auch anbieten können.“ Und wenn der Monteur dann noch mit einem E-Transporter auf die Baustelle kommt, sollte das letzte Puzzleteil auch gelegt sein.
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