Im Gespräch Fritz Müller, einer der führenden Frischdienst-und
Tiefkühllogistiker, dem nicht nur die eigene Firma, sondern das
Wohlergehen einer ganzen Branche am Herzen liegt. FLOTTE&Wirtschaft
hat ihn mit brisanten Fragen konfrontiert.
In früheren Zeiten als Hobbyfotograf in der Formel 1 tätig, widmet
sich Fritz Müller in seiner knappen Freizeit intensiv dem Thema
Oldtimer. Zusätzlich zu seinem Tagesgeschäft tritt er lautstark gegen
Ungerechtigkeiten, der die Branche ausgesetzt ist, auf.
Wochenendfahrverbote, ständig steigende Kontrollen und die
Problematik, gute Fahrer zu finden, setzen der Branche zu. Wie gehen
Sie mit diesen Themen um?
Das Wochenendfahrverbot (inÖsterreich von Samstag 15 bis Sonntag 22
Uhr) ist ein eigenes Thema. So etwas gibt es in ganz Europa nicht. In
nur 25 Prozent der Länder gibt es überhaupt ein
Lkw-Sonntagsfahrverbot. Diese Regelung ab Samstag 15 Uhr ist komplett
sinnlos und ist als verkehrspolitische Einschränkung zu sehen, sonst
nichts. Natürlich auch zulasten der Fahrer, die praktisch 31 Stunden
auf einem Parkplatz stehen müssen. Nach den heutigen Gesetzen muss
ein Fahrer nach 6 Arbeitstagen entweder 24 Stunden durchgehend Pause
machen und jede zweite Woche 45 Stunden - und dann kommen noch diese
Einschränkungen dazu.Es ist einzusehen, dass am Sonntag der
Ausflugsverkehr nicht durch Lkws gestört werden soll. Zum Beispiel
von 8 bis 20 Uhr. Es stellt sich die berechtigte Frage, warum ein Lkw
- wie in Italien zum Beispiel -nicht bis 8 Uhr früh am Sonntag fahren
darf. In Frage kommen zu 99 Prozent nur Autobahnen.Warum: Der größte
Anteil des Lkw-Verkehrs ist hausgemacht, sprich, ist
innerösterreichisch und der findet am Wochenende nicht statt, da ja
die Be-und Entladestellen in der Regel am Wochenende auch nicht
arbeiten. Alles, was bei uns Veränderung bedeutet, passiert leider
nicht. Es gibt keine rationale Diskussion, sondern nur eine
politische. Im Verkehrsministerium glaubt man, würde man das Gesetz
verbessern, dass man dem Lkw hilft und der Bahn schadet. In
Wirklichkeit würde man der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
helfen. Das interessiert aber niemanden.
Euro 6 ist angekommen. Vor ein paar Jahren zählten Sie zu den
Vorreitern bei den Euro-5-Modellen. Wie gehen Sie mit den neuen
Vorgaben um und kann man sich den finanziellen Mehraufwand von rund
10.000 Euro pro Fahrzeug überhaupt noch leisten?
Euro 6 ist teurer, das stimmt. Der Vorteil bei der Bemautung ist
gerade einmal 1 Cent pro Kilometer, was relativ unbedeutend ist. Wir
kaufen seit 2012 nur Euro 6. Was ich weiß, hat die Lkw-Branche bis
31.12.2013 geboomt, da alle noch EEV (auf Basis Euro 5) gekauft
haben, das ist seit Jahreswechsel ja nicht mehr möglich. Für uns war
das kein Thema. Sobald die neuesten Technologien verfügbar sind,
kaufen wir die. Wir wollen immer auch ökologische Vorreiter sein. DieUmwelt des Transporteurs ist die gleiche wie für alle anderen.
Ein Großteil Ihrer Flotte stammt aus dem Hause Scania. War das schon
immer so? Was unterscheidet die Scania-Modelle von jenen der
Mitbewerber?
Seit 20 Jahren nur Scania, das stimmt. Für uns ein toller Partner,
besonders unsere zuständige Niederlassung in Brunn am Gebirge ist
top! Die arbeiten wie in der Formel 1. Schnell, zuverlässig und
immer!
Das Thema Treibstoffsparen ist bei einer Flotte, wie Sie sie
betreiben, vermutlich ein echter Wirtschaftsfaktor. Wie bringen Sie
Ihre Fahrer dazu, dann wenn es Sinn macht, vom Gas zu gehen?
Wir trainieren die Fahrer regelmäßig. Die C95-Ausbildung, die ab
September 2014 Vorschrift ist, hilft zusätzlich. Schulen,
kontrollieren, Prämien, moderne Lkw etc. Bei uns ist das alles ein
Paket, das die Fahrer dazu animiert, wirtschaftlich und damit auch
umweltfreundlich zu fahren.
Kann man sichÖsterreich als Standort noch leisten? Wie viel von
Ihrem auf Niederösterreich konzentrierten Engagement ist dabei rein
patriotisch?
Denösterreichischen Standort kann man nur für spezielle
österreichische Geschäfte nutzen. Im internationalen Verkehr ist
Österreich wie andere westeuropäische Länder nicht mehr
konkurrenzfähig. Wir sind mit unseren Kunden in die Slowakei gegangen
und damit auch mit dem internationalen Transport. Dadurch können wir
wie viele andere österreichische Unternehmen auch noch einen Teil der
Wertschöpfung in Österreich belassen.
Ohne das Ausflaggen gäbe es keinen internationalen Transport mehr bei
uns im Unternehmen. Das sind Fakten. Da braucht man nicht
herumjammern, da kann auch unsere Regierung nichts dafür. Rein
patriotisch sind da noch ein paar sehr lang beschäftigte Fahrer. Das
ist eine soziale Angelegenheit. Sonst gibt es da keinen Patriotismus.
Wir halten viele Arbeitsplätze durch Speditionsdienstleistungen, als
Frachtführer mussten wir ausflaggen.
Ein politischer Spielball ist auch das Thema Lang-Lkw. Wie sehen Sie
hier die Situation?
Es ist schade, dass das Verkehrsministerium,ÖAMTC, Bahn und auch die
WKO gegen den Öko-Liner sind. Es ist typisch für die ganze
Einstellung unseres Landes und auch die Politik, die bei uns gemacht
wird. Alle sind veränderungsresistent und wollen nur beschützen und
bewahren. In Holland fahren diese Lang-Lkws ohne Probleme. Natürlich
istdas auch dort nur ein kleiner Teil der gesamten Lkw-Flotte. Aber
wir könnten Energie sparen, Fahrer sparen u. s. w.
Wie könnte das funktionieren und was sind die Gegenargumente von
ÖAMTc, Bahn und co?
Ein Beispiel: Fährt ein Paketdienstleister von Wien nach Salzburg von
Hub zu Hub mit 3 Lkw-Zügen, könnte er mit 2 Öko-Linern dasselbe
machen. Seine Kosten wären geringer und sein CO2-Ausstoß auch.
Natürlich kann er damit nicht in die Innenstadt fahren, aber das
können wir mit den heutigen Maßen auch nicht. Natürlich müssten wir
einiges verändern, aber Veränderung ist das Leben. Der ÖAMTC hat
Angst, dass die Brücken zusammenbrechen. Ich frage mich, was
passiert, wenn 2 oder mehr Lkws knapp hintereinander fahren, brechen
sie dann auch zusammen?
Die Bahn hat Angst, dass sie Fracht an den Lkw verliert. Auch Unsinn,
da typische Bahnfrachten genau so wenig den Verkehrsträger wechseln
wie umgekehrt. Auch der Fachverband ist dagegen, da er der Meinung
ist, dass der Frachtführer trotz größerer Ladefläche nicht mehr Geld
bekommt. Ich frage mich, was das für Unternehmer sind, die so
denken!? Unglaublich!
Über Müller Transporte:
Die Müller Transporte GmbH zählt zu Österreichs führenden
Transportunternehmen im Bereich temperaturgeführte Ladungen und wurde
1959 gegründet. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Wiener
Neudorf (NÖ) am Stadtrand von Wien und verfügt über 200 hochmoderne
Kühlsattelzüge. An seinen 4 Firmenstandorten in Österreich und dem
benachbarten Ausland beschäftigt das Unternehmen 390 Mitarbeiter.
Müller Transporte zählt bei temperaturgeführten Transporten zu den
leistungsstärksten Logistik-Dienstleistern in Zentraleuropa und
verfügt über eigene Kühl-und Lagerhallen.