Der Strom, der bergwärts fließt
Mittlerweile gibt es kein Modell von Ford Pro mehr, das nicht in elektrifizierter Version zu haben ist. Eine Testrunde ...
Als allerletzter Versuch, die Marke Talbot zu revitalisieren, sollte der Solara klassische Limousinenkäufer glücklich machen. Seine Vorgeschichte verhinderte indes den Erfolg, ganz zu schweigen von den zahlreichen Nebenkatastrophen.
Der Pullman war nur eine von zahlreichen Sonderserien des Solara. Er steht aber sinnblidlich am Besten für den hoffnungslosen Wahnsinn hinter diesem Modell, der sich streng genommen über Jahrzehnte hinzog. Und noch strenger genommen gleich drei Marken auf dem Gewissen hat, nämlich: Simca, Chrysler Europe und Talbot. Sogar noch eine zweite Talbot-Bude, eigentlich. Und Sunbeam. Und grundsätzlich eigentlich die gesamte Rootes-Gruppe. Bevor es jetzt zu unübersichtlich wird, starten wir sicherheitshalber beim Urknall, der irgendwann 1959 passiert sein muss.
Damals nämlich erwarb Simca aus Frankreich die kleine Firma Automobiles Talbot, ebenfalls aus Frankreich. Dies gelang unter anderem, da sich erst ein Jahr zuvor Chrysler bei Simca einkaufte, es war also ein wenig Spielgeld. Mitte der 1960er war Chrysler dann so erfolgreich, dass man ähnlich wie Ford und GM ebenfalls eine echte Dependance in Europa haben wollte und ging großzügig auf Einkaufstour. Neben Simca (und damit Talbot) schluckte man auch gleich die ewig kriselnde Rootes-Group aus England. Mit dabei war übrigens auch eine andere Bude mit dem Namen Talbot, man konnte Fahrzeuge unter diesem Label also solide vermarkten. Stattdessen ließ man die Marke einfach ruhen und verwendete lieber Chrysler und Simca als gängigere Namen.
Das funktionierte eher schlecht als recht, weswegen man für die nächste Neuentwicklung (Modelle wie der Chrysler Sunbeam waren eher nur Geldvernichter) einmal richtig viel Kohle in die Hand nahm und auch technologisch den Sprung in die Neuzeit schaffen wollte. Zumindest war das der Plan. Es stellte sich nämlich wieder einmal die Zusammenarbeit der britischen und französischen Kollegen als problemtisch heraus, da beide ihre fixen Vorstellungen hatten, wie die neue Kiste zu sein hatte: Heck- gegen Frontantrieb, Limousine gegen Schrägheck, alte gegen neue Plattform. Zeit und Geld gingen unnötig ins Land, sodass erst ein Machtwort aus Detroit den Plan festlegte, dass man in Frankreich die Technik machen sollte, in England hingegen das Design. Dass die Konstruktion trotzdem nur drei Jahre in Anspruch nahm, ist im Nachhinein betrachtet eh erstaunlich, wobei: Ein klein wenig schummelte man schon, denn wesentliche Komponenten wie Fahrwerk, Motor und Getriebe stammen vom Simca 1100, der schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatte. Man war also bereits zur Markteinführung der Konkurrenz um ein paar Jahre hinterher.
Und nicht nur das: Seit Beginn an hing dem neuen Modell der Ruf nach, furchtbar lieblos verarbeitet zu sein. Und dass die Zuverlässigkeit recht gut war, lag eigentlich nur daran, dass die Technik aufgrund ihres Alters zwar öd, aber schon als einigermaßen ausgereift galt.
Abgesehen davon war das Ergebnis dennoch eine recht hübsch anzusehende Schräghecklimousine, um auch in den Flottenmarkt einsteigen zu können. Der 1307 ab 1975 war die erste Version des sogenannten „Project C6“, das im Laufe der nächsten Jahre zahlreiche Änderungen erfahren sollte: 1308, 1309, irgendwann einmal wurde der Talbot-Simca 1510 daraus. Und zwar 1979, nachdem Chrysler in den USA selbst in massive Schräglage kam und die ewigen Verluste der europäischen Tochter nicht mehr wegstecken konnte. Also verscherbelte man den gesamten Laden inklusive aller Marken und Markenrechte an die PSA-Gruppe.
Natürlich war nun kaum mehr Kohle vorhanden für eine solide Neuentwicklung. Also veräußerte man unter anderem Matra an Renault und die bestehenden Modelle sollten zumindest einen neuen Namen bekommen – und ein wenig mehr Flair. Und so kam es, dass man sich zumindest zu einer groben Modifizierung des 1510 entschied: Schluss mit dem Schrägheck. Dafür sollte es eine hübsche Stufe geben, und einen neuen echten Namen noch dazu: So entstand 1980 der Talbot-Simca Solara, was umso verwirrender ist, weil er ein Jahr später dann nur mehr Talbot Solara hieß und die 1510er-Modelle aber weiterhin (für weniger Geld) erhältlich waren.
Zu dieser Zeit war der Wagen schon hoffnungslos veraltet, weswegen es mehr Sonderserien denn je gab, um die Kunden zumindest irgendwie noch in die Schauräume zu quälen. Unter anderem bediente man sich eines weiteren glorreichen Namens aus der Vorzeit französischer Handwerkskunst. Der Solara Pullman sollte die Noblesse in diese Baureihe bringen, was aber nur zäh funktionieren wollte. Auch die große Vielfalt half nichts. Es gab bestimmte Versionen und Motorisierungen nur für einzelne Länder, in England kam sogar der Name Talbot Alpine zur Anwendung, ehe Renault meinte, dass man da vielleicht etwas dagegen hat. Und erst als man bei PSA bereit für komplett neue Modelle war, die natürlich nur unter den Namen Citroen und Peugeot laufen sollten, zog man 1986 den Stecker und beerdigte mit dem Solara gleich zahlreiche andere Anhängsel aus der Vergangenheit. Denn somit endeten auch Simca, Sunbeam und eben Talbot.
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