In der Hotellerie und im Taxigewerbe gehören Kleinbusse mit
Allradantrieb zum Standard jedes Fuhrparks, zumindest in den
Bergregionen. Grund genug, den VW T6 Caravelle 4MOTION dem Mercedes
Vito Tourer 4x4 gegenüberzustellen und auf den Zahn zu fühlen.
Das Segment der Kleinbusse erfreut sich steigender Beliebtheit. Und
dazu tragen nicht nur Großfamilien ihren Teil bei, auch im
gewerblichen Bereich sind die Personentransporter nicht wegzudenken.
Egal ob im Taxigewerbe oder als Hotel-Shuttle, Nutzwert und Komfort
werden hier groß geschrieben. So gut wie alle Hersteller haben in den
letzten Jahren die Modellpalette der leichten Nutzfahrzeuge -zu denen
auch die Kleinbusse zählen - erneuert und dabei ordentlich zu den
Pkw-Modellen aufgeholt. Der Ausdruck "auf Pkw-Niveau" wurde zwar in
den letzten Jahrzehnten fast schon überstrapaziert, nun stimmt die
Aussage aber wirklich. Oder zumindest fast. Denn ein VW Bus wird nie
mit einem Passat und ein Mercedes Vito nie mit einer E-Klasse
konkurrieren können. Das muss das Duo aber auch nicht, hier geht"s um
andere Werte.
Alleinstellungsmerkmal Allrad Wir haben uns dieses Mal bewusst auf
die beiden Fahrzeuge beschränkt, da nur sie perfekt in unseren
Allradschwerpunkt passen. Die Mitbewerber sind entweder gar nicht
oder nur durch nachträglichen -und entsprechend kostenintensiven
-Umbau mit Vierradantrieb zu haben, VW und Mercedes bieten diese
Option ab Werk. Für die treuen Leser von FLOTTE&Wirtschaft ist die
Caravelle schon bekannt, schließlich hatten wir den Neunsitzer für
ein halbes Jahr in unserem Testfuhrpark und konnten in dieser Zeit
knapp 30.000 Kilometer abspulen. Egal ob vollbesetzt oder mit
Anhänger, das Multitalent hat sich bestens bewährt und blieb vor
größeren Troubles verschont. In der Beliebtheitsskala hat sich der VW
Bus auf Anhieb in die Poleposition gefahren, das entspannte Reisen
bei schier endlosem Platzangebot hat sich in der Redaktion schnell
herumgesprochen, entsprechend kurz fielen die Stehzeiten aus.
Nur marginale Unterschiede Und auch wenn der Mercedes Vito im
Verhältnis dazu nur kurz im Fuhrpark blieb, die Sympathiewerte des in
Spanien gebauten Schwaben standen jenen des VW um kaum etwas nach.
Kein Wunder, sind sich die beiden Fahrzeuge doch in vielen Dingen
ähnlicher als man vielleicht vermuten würde. Neben dem Allradantrieb
waren beide Testprobanden mitähnlich starken Triebwerken sowie mit
DSG beziehungsweise Automatik ausgestattet. Zeit, uns den Details und
Unterschieden zu widmen.
INNENrAUM
Da die Ausstattungen der beiden Autos klarerweise nicht zu einhundert
Prozent ident sind, muss man bei manchen Features aufpassen, keine
vorschnellen Schlüsse zu ziehen. Und so hat es seine Gründe, dass es
im Vito gefühlt luftiger zugeht als im T6. Zum einen war der VW mit
einer 3-3-3 Sitzkonfiguration bestückt, die Doppelsitzbank auf der
Beifahrerseite ist nun einmal wuchtiger als der Einzelsitz.
Und auch die Tatsache, dass die Beinfreiheit in den beiden
rückwärtigen Sitzreihen des Mercedes größer war, liegt daran, dass es
sich beim Testauto nicht um die kompakte, sondern die lange Variante
handelt, die um knapp 30 Zentimeter länger ausfällt als die
Caravelle. Bei gleicher Länge ist übrigens der VW Bus leicht im
Vorteil. Das liegt ganz einfach an der Fahrzeughöhe, hier ist der
Vito rund zehn Zentimeter niedriger, was dafür so mancher Tiefgarage
ihren Schrecken nimmt und sich wohl auch positiv auf den Verbrauch
auswirkt.
Wohlfühl-Cockpit im VW T6 Was das Ambiente im Cockpit betrifft, so
geht der Punkt ganz klar an den Volkswagen. Hier hat man sich nicht
nur im Marketing-Jargon an den Pkw-Modellen orientiert, sondern das
auch tatsächlich umgesetzt. Angefangen beim Lenkrad über die
verwendeten Materialien bis hin zum Navigationssystem. Apropos Navi,
während es beim VW zwei Varianten in unterschiedlichen Preisklassen
gibt, muss der Vito-Kunde mit einer Version vorlieb nehmen. Die ist
mit 822 Euro (netto, inkl. NoVA) zwar günstig, wirkt aber leider auch
billig. Die niedrige Auflösung und die antiquierte Bedienung-
Touchscreen gibt"s keinen -machen nicht wirklich froh. Die
Unterschiede zwischen Vito und der luxuriösen V-Klasse sind also
definitiv größer als jene zwischen Caravelle und Multivan.
Gute Ergonomie, Innenraum-Flexibilität verlangt Kraft Ergonomisch
bleiben sich beide Fahrzeuge nichts schuldig, da Mercedes den
Automatikwählhebel rechts an die Lenksäule verbannt hat, ist die
Beinfreiheit bei drei Sitzen in Reihe eins für den mittleren
Passagier größer. In der Caravelle wird"s aufgrund des in den
Passagierraumragenden Automatikhebels etwas enger, zumindest als
Notsitz taugt der Platz in der Mitte aber dennoch. Doch auch wenn der
Sitz leer bleibt, leidet der Komfort für den Beifahrer etwas.
Schließlich ist die Zweier-Bank nicht längs verstellbar und vor allem
größere Beifahrer würden sich da noch ein paar Zentimeter an
Variabilität wünschen.
Die Laderäume bieten übrigens auch Flexibilität, wenn es nicht um das
Transportieren von Personen, sondern um jenes von Gütern geht.
Allerdings ist der Ausbau der Sitze beziehungsweise Sitzbänke eine
mitunter schweißtreibende Angelegenheit, die nach zumindest zwei
Personen verlangt und selbst dann keinKinderspiel ist.
Elektrische Schiebetüren Als praktisch haben sich die beiden
Schiebetüren des T6 erwiesen, bei beiden Modellen muss man für jene
auf der linken Seite aber extra in die Tasche greifen. Und wenn man
schon ein paar Euro mehr ausgibt, sollte man sich auch die
elektrischen Schiebetüren gönnen, die auf Knopfdruck auch mit dem
Schlüssel geöffnet und geschlossen werden können. Einen kleinen
Unterschied gibt"s und zwar bei der indirekten Klimatisierung.
Während sich die Caravelle mit Schiebefenstern in den Schiebetüren
bestücken lässt, gibt"s beim Vito elektrische Ausstellfenster in der
dritten Sitzreihe. DankKlimaanlage blieben aber ohnedies alle
Fenster so gut wie immer geschlossen.
ANTriEB&VErBrAuCh
Die Antriebsvielfalt ist bei beiden Modellen groß, den VW gibt es von
82 bis 204 PS, den Mercedes von 88 bis 190 PS. Die Allradoption ist
beim Vito den Motorisierungen mit 136,163 und 190 PS vorbehalten, die
auch allesamt in Verbindung mit einem 7-Gang-Automatikgetriebe zu
haben sind. Beim VW ist die 4MOTION-Option mit 150 und 204 PS zu
haben, in beiden Fällen optional auch mit dem
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Im Unterschied zum Mercedes bietet VW
übrigens auch eine 204 PS starke Benzinvariante mit Allrad und DSG
an, die aber ein Nischendasein fristet.
Mehr als ausreichende Fahrleistungen Unsere Testprobanden waren beide
mit der Vernunftmotorisierung ausgerüstet, 150 PS beim VW und 163 PS
beim Mercedes. Rein subjektiv bleiben sich die beiden Busse in Sachen
Beschleunigung nichts schuldig, das bezeugen auch die Daten auf dem
Papier. Die Caravelle benötigt 12,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, 12,2
sind es beim Vito. Bei der -zugegeben nicht sehr relevanten
-Höchstgeschwindigkeit hat der Vito mit 191 km/h die Nase vorn, beim
T6 ist bei 178 km/h Schluss. Was das Fahrverhalten betrifft, so sind
sich die beiden sehr ähnlich, auch wenn der Komfort im Vordergrund
steht, muss man sich nicht vor flott gefahrenen Kurven fürchten, wer
zu schnell dran ist,bekommt die Quittung durch sanft einsetzendes
Untersteuern.
Allrad-Technik differiert Interessant der Blick auf die
Allradtechnik. Der Mercedes Vito 4x4 basiert auf dem Modell mit
Hinterradantrieb, der permanente Allrad ist mit 55 Prozent der Kraft
an der Hinterachse ebenfalls hecklastig ausgelegt. Genau umgekehrt
ist es beim T6. Standardmäßig mit Frontantrieb, wird hier die Kraft
zusätzlich an die Hinterachse weitergeleitet. In der Praxis
unterscheiden sich die beiden Systeme zumindest subjektiv wenig bis
gar nicht.
Da Volkswagen beim T6 auf die beim T5 noch erhältliche optionale
Differenzialsperre an der Hinterachse verzichtet, herrscht auch bei
der Traktion Gleichstand. Beim Vito ist zu bemerken, dass das
Fahrzeug im Gegensatz zum Vorgänger nicht höher baut als mit
Frontoder Hinterradantrieb, die Einfahrt in Garagen stellt somit kein
Problem mehr dar.Dank Allrad dürfen übrigens beide Modelle bis zu
2,5 Tonnen (gebremst) schwere Anhänger an den Haken nehmen.
Tadellose Praxisverbräuche Werfen wir einen Blick auf den
Testverbrauch. Die Werksangaben nach Norm liegen bei 6,5 Liter/100 km
beim Mercedes beziehungsweise 6,2 Liter/100 km beim VW. In der Praxis
zeigt sich ein etwas anderes Bild. Während der Vito mit knapp acht
Litern über die Runden kommt, genehmigt sich der T6 einen guten
halben Liter mehr. Ob das jetzt am höheren Aufbau, dem aufgrund der
Vollausstattung höheren Gewicht oder sonstigen Dingen liegt, ist
schwer zu sagen, in Wahrheit aber auch eher unerheblich, schließlich
wird der doch eher kleine Unterschied nicht ausschlaggebendes
Kaufkriterium sein. Und in Wahrheit sind beide Werte höchst
respektabel, so mancher Pkw anderer Hersteller tut sich schwer, den
Verbrauch in ähnlicher Antriebskombination zu unterbieten.
Mercedes mit günstigerem Grundpreis Last but not least noch ein Blick
auf den Preis. Mit einem Grundpreis von 41.517,56 Euro (Preise netto,
inkl. NoVA) legt der Mercedes Vito Tourer Select 116 CDI 4x4 kompakt
ordentlich vor, der vergleichbar ausgestattete VW T6 Caravelle 2.0
TDI Comfortline 4MOTION kostet mit 46.582,08 Euro rund fünf Tausender
mehr. Da die Liste der optionalen Annehmlichkeiten bei beiden Autos
sehr lang und im Preis teils stark unterschiedlich ist, macht ein
echter Vergleich erst nach Konfiguration der jeweiligen Wunschmodelle
Sinn. Und bekanntlich ist der Anschaffungspreis ja nur ein Faktor.
Wie es um den Wertverlust und die Optionspreise der
Personentransporter bestellt ist, sehen Sie wie immer in unserer
Kostenaufstellung auf der rechten Seite.
Technische Daten, Ausstattung, Preis und Restwert im Vergleich1)
KlEiNBuS-VErGlEiCh Mercedes Vito Tourer 116 CDi 4x4 vs. VW T6
Caravelle 2.0 TDi 4MOTiON
Mercedes Vito Tourer Select 116 CDi 4x4 kompakt VW T6 Caravelle 2.0
TDi 4MOTiON Trendline
Hubraum |Zylinder 2.143 cm3 | 4 1.968 cm3 | 4
Leistung 163 PS (120 kW) bei 3.800 U/min 150 PS (110 kW) bei 3.250
U/min
Drehmoment 380 Nm bei 1.400-2.400 U/min 340 Nm bei 1.500-2.000 U/min
0-100 km/h |Vmax 12,2 s |191 km/h 12,5 s |178 km/h
Getriebe |Antrieb 7-Gang aut. | Allrad 7-Gang aut. | Allrad
Ø-Verbrauch |CO2 6,5 l Diesel |171 g/km (EU6) 6,2 l Diesel |161 g/km
(EU6)
Kofferraum |Zuladung 580 l |814 kg Länge |Breite2) | Höhe 4,90 |1,93
|1,89 m Anhängelast |Wendekreis 2.500 kg |12,9 m
1) Daten entsprechen nicht zwingend den Testmodellen des
Vergleichstests. Der besseren Vergleichbarkeit geschuldet wurden
Datenähnlicher Modelle bzw. Motorisierungen herangezogen. 2) Ohne
Außenspiegel
Ausstattung und Preise in Euro (netto)
Klimaanlage |-automatik| 636| 978
Schiebetür links 767 693
Navigationssystem 822 ab 1.043
Rückfahrkamera 566 244
Basispreis |NoVA 41.517,56€(exkl. MwSt.)| 16 %46.582,08 €(exkl.
MwSt.)| 14 %