... gibt es eine kleine Spenglerei, deren innovativer Chef die
"größte" E-Flotte Österreichs betreibt und durch diese sowie seine
eigene Stromerzeugung seit fünf Jahren über hundert Tonnen CO2
eingespart hat.
Bereits im Alter von drei Jahren trug er eine Latzhose, auf der
"Spenglerei Koch" stand. Es war Peter Koch also geradezu auf den Leib
geschneidert, dass er die Firma des Vaters, die jener 1967 mit einem
Mitarbeiter gestartet hatte,übernehmen würde. 1999 war es dann
soweit und obwohl Koch seinen Job anfangs mehrmals hinterfragte, wenn
er bei 35 Grad auf der Baustelle schmorte, während seine Freunde
studierten, baute er die Firma zu einem innovativen Unternehmen aus.
Heute beschäftigt die Spenglerei im 16. Bezirk in Wien 28Mitarbeiter
auf der Baustelle und fünf im Büro und betreibt Österreichs "größte"
E-Flotte, denn Koch ist bis heute weniger der passionierte Handwerker
als vielmehr der ideenreiche Verkäufer und Innovationsgeist, der gern
in die Zukunft denkt.
Mit dem Kabel auf der Straße
Kochs richtungsweisendes Denken führte ab 2009 in seinem Unternehmen
zu enormen Veränderungen, denen ein Treffen mit seinem Schulkollegen
Thomas Polke vom gleichnamigen Autohaus Polke in Mistelbach zugrunde
liegt. "Unsere Firmenflotte ist damals in die Jahre gekommen und
Thomas, der den gleichen Vogel hat wie ich, hat gemeint: ,Wenn Du für
die Firma Elektroautos kaufst, schau" ich, dass Du einen super
Service kriegst und wir machen den Blödsinn miteinander.""
Im Winter 2011 bekam "der Blödsinn" ein Gesicht in Form des ersten
Renault Kangoo Z.E.. Da zu jenem Zeitpunkt noch nicht einmal die
Ladestation fertig war, fädelte Spenglermeister Koch einfach ein
Kabel bei der Tür hinaus, notdürftig montiert auf einer
Halteverbotstafel. Die anfängliche Skepsis der Mitarbeiter wich bald
großer Begeisterung, Koch selbst schaffte für sich als nächstes einen
Twizy an, versah ihn mit einer Freisprecheinrichtung und fuhr einen
Sommer lang in der Stadt umher, bis ihm "im Herbst kalt geworden ist,
mein Zoe noch nicht da war, also hab ich einen weiteren Kangoo
gekauft."
Da waren es noch zehn...
Die Flotte wuchs beständig, heute umfasst sie sechs Renault Kangoo
Z.E., zwei Zoe, einen Twizy und einen BMW i3, die größte E-Flotte
Österreichs eben, "in Relation", wie Koch erläutert, "denn von zwölf
Autos im Fuhrpark sind zehn Elektroautos. Diesen Prozentsatz schafft
nicht mal die Post, obwohl die sehr ambitioniert ist."
Selbstverständlich arbeitet der umtriebige Spenglerei-Chef daran,
seinen eigenen Prozentsatz zu erhöhen. Als nächstes Mobil im Visier
hat er daher einen Lkw, den Fuso Canter E-Cell, der in den nächsten
eineinhalb Jahren kommen soll und den derzeitigen Koch"schen
Diesel-Bruder, der dann 15 Jahre alt sein wird, ablösen wird.
Abgesehen von der deutlich leiseren und emissionsfreien Art der
Fortbewegung mit den Elektrofahrzeugen freut sich Kochüber hohe
Einsparungen. Für den früheren Fuhrpark, der ebenfalls zwölf Autos
umfasste, allerdings alle mit Verbrennungsmotoren, betrugen die
kompletten Kosten 100 bis 110.000 Euro pro Jahr. Jetzt macht dieser
Faktor 60 bis 70.000 Euro pro Jahr aus, kommendes Jahr werden sie
sich laut Koch bei 50.000 Euro einpendeln, da dann auch die
Leasingraten wegfallen. "Wir hatten bislang auch keine aufregenden
Reparaturen", ergänzt der E-Experte, "das Einzige, was permanent
kaputt wird, ist der Zigarettenanzünder, weil dauernd die Handys
geladen werden. Und die Außenspiegel werden abgefahren - wasunabhängig von der Motorisierung passiert. Mittlerweile fallen erste
Kleinigkeiten wie verstopfte Düsen an, aber Renault ist da sehr auf
Zack, die haben mittlerweile enorme Erfahrung und stellen uns auch
sofort ein Ersatzauto zur Verfügung."
Reicht weit genug
Die Reichweite der einzelnen Fahrzeuge, nach wie vor Hauptargument
mancher E-Mobilitätsskeptiker, sei sehr unterschiedlich und hänge
logischerweise von der Jahreszeit und der Beladung ab, schildert
Koch, "und wir sind immer voll beladen, aber im Sommer kommen die
Kangoos dennoch auf 80 bis 100 Kilometer Reichweite. Im Winter kann
es schon passieren, dass sie auf knapp 60 fallen,aber selbst das ist
kein Problem, da 95 Prozent unserer Arbeiten im Großraum Wien
stattfinden."
Und das geht sich immer irgendwie aus, vor allem wissen die
Mitarbeiter nach fünf Jahren Erfahrung auch, wo sie laden können
beziehungsweise hängen die Autos auch bei den Steckdosen der Kunden
an. "Wir haben zwar angeblich 400 Ladepunkte in ganz Wien", so Koch,
"aber nur zehn davon sind für unsere Kangoos nutzbar, weil wir in die
Garagen aufgrund der Aufbauten nicht hineinkommen. Außerdem sind fünf
davon abgedreht. Das hat die Leute von Wien Energie übrigens sehr
verwundert, als ich ihnen das mitgeteilt habe", amüsiert sich der
Spenglerei-Chef. "Woher ich das weiß, wollten"s wissen, darauf ich:
,Weil wir jeden Tag mit E-Autos fahren!"" Ein Punkt übrigens, dender
Elektromobilitäts-Profi, der aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen
und Kenntnisse auch gern zu Vorträgen eingeladen wird, heftig
kritisiert: "Die meisten Mobilitätsstudien beziehen sich auf Mess-und
nicht auf Praxiswerte. Und auf Autos im Neuzustand, egal ob mit
E-Antrieb oder Verbrennungsmotor. Das stimmt ja hinten und vorn
nicht."
Mittlerweile hat Kochübrigens entsprechende Verträge mit zwei
Energieanbietern abgeschlossen, damit Mitarbeiter auch zu Hause laden
können. "Wir suchen einen Ladepunkt in der Nähe der Wohnung und dort
lädt das Auto über Nacht."
Mit der Kraft der Sonne
Kochs Energiekonzept, mit dem er seit 2012über hundert Tonnen CO2
eingespart hat, hört natürlich nicht bei den Autos auf, für die es
mittlerweile im Innenhof der Spenglerei sieben Ladestationen gibt.
Zeitgleich mit der Anschaffung der E-Autos stieg der Unternehmer auch
auf Solarenergie um und hat heute auf dem Firmendach eine
22-kW-Fotovoltaikanlage, mit der er derzeit 70 Prozent des gesamten
Bedarfs erzeugt. "Da müssen wir noch auf die Batterietechnologie
warten, bis wir auf 100 Prozent sind. Auch die Aufteilung passt noch
nicht, derzeit verkaufen wir 80 Prozent des Stroms und nutzen 20
Prozent selbst, weil wir azyklisch laden."
Ziel-gerecht
Bei aller E-Euphorie bleibt Koch realistisch. "Ich glaube dennoch
nicht, dass die E-Mobilität das Allheilmittel ist. In den Urlaub
fahre ich selbst mit einem Diesel, weil ich sonst nicht dorthin
komme, wohin ich will. Auch für jemanden, der täglich 300 Kilometer
fährt, ist das E-Auto nicht ideal. Aber in der Stadt, vor allem im
Lieferverkehr und bei Betrieben ist es sicher die beste Lösung."
Einen Praxistipp hat Koch zum Schluss auch noch parat: "Legen Sie
sich nur dann ein E-Auto zu, wenn es zumindest einen fixen eigenen
Ladepunkt gibt, entweder in der Firma oder daheim."
Fuhrpark Spenglerei Koch
Renault, BMW
Pkw: 5 (davon 4 E-Autos)
Nfz: 6 (alle E-Autos)
Lkw: 1
Laufleistung Pkw, Nfz, Lkw: 8-10.000 km/Jahr
Behaltedauer: 10 Jahre